Seit die Waffen zwischen Israel und dem Gaza-Streifen mehrheitlich wieder schweigen und der grosse Medientross abgereist ist, hört man wenig aus dem Nahen Osten. Dabei ist der Konflikt nach wie vor ungelöst und eine Lösung kaum in Sicht.
Im vergangenen Jahr hatte ich Gelegenheit, «unseren Mann im Nahen Osten», André Marty, nicht nur «virtuell» über sein Blog, sondern persönlich anlässlich einer karitativen Veranstaltung kennen zu lernen.
Aufgrund der «aktuell ruhigen Lage» im Nahen Osten habe ich ihn deshalb um ein etwas längeres, via E-Mail geführtes Gespräch «aus Zuschauer-Sicht» gebeten, zu welchem er verdankenswerterweise zusagte.
Titus | André, wie muss man sich eigentlich die Arbeit als SF-Nahost-Korrespondent vorstellen? Steht der täglich morgens um sieben auf, joggt dreimal um den Block, kommt mit frischen Croissants zurück, liest dann erst mal die internationale Ausgabe der NZZ, bevor er in Leutschenbach anruft um zu fragen, was denn heute ansteht? |
André | Wäre wohl ein ziemlich schlechter Korrespondent, wenn ich erst nach dem Joggen Zeitungen lesen würde… Im Ernst: Es gibt keinen fixen Tagesablauf – und dieses ständig mögliche Überraschungsmoment ist Teil der Herausforderung. Fix ist hingegen die Tatsache, dass gedruckte Medien längst nicht mehr den Hauptanteil meiner täglichen rund 4 – 5 Stunden-Lektüre ausmachen; das Netz mit Online-News-Diensten, insbesondere aber spezifisch gewählte (abonnierte) Feeds von think tanks, Forschungsinstituten, Medienstellen, Lobby-Organisationen und Blogs haben das gedruckte Wort seit langem ergänzt. |
Titus | Aufmerksame TV-ZuschauerInnen und Blog-LeserInnen wissen, dass es in diesem Konflikt schwierig ist, einerseits an unabhängige Informationen zu gelangen und andererseits den tatsächlichen Sachverhalt von vorliegenden Informationen zu überprüfen. Wo und wie bezieht André Marty primär seine Informationen? (Tageszeitungen? Internet, Israelische Nachrichten-Sendungen? Kollegen vor Ort? Beziehungsnetz? …) |
André | Nebst den oben erwähnten Informationen ist sicherlich auch der Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen wichtig. Mir liegt aber auch sehr am Gespräch mit möglichst vielen verschiedenen Personen, um aus unterschiedlichsten Winkeln hören und sehen zu können, was denn eigentlich wirklich bewegt. |
«Ohne die Leute
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Titus | Die meisten SF-Korrespondenten sieht man immer oder teilweise in einem Studio und vor irgendeinem Hintergrundbild sitzen. André Marty sieht man immer stehend und immer draussen. Hat das eine spezielle Bewandtnis? |
André | Hinter einen Tisch in ein Studio gezwängt würde ich mich weit weniger wohl, sprich frei im wahrsten Sinne des Wortes fühlen. Solange der Hintergrund eines Live-Gesprächs nicht ablenkt, ist dieses Ambiente wohl auch etwas attraktiver für die Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause vor dem Fernseher – ui, bim Marty isch’s scho dunkel… |
Titus | Geprägt durch Internet und die heutigen technischen Möglichkeiten könnte man meinen, dass nur ein Mann für die Berichte aus dem Nahen Osten verantwortlich ist, der quasi selber auf den «Play»-Button drückt. Wer wirkt da sonst noch im Hintergrund mit? |
André | Dutzende von Kolleginnen in der Redaktion, Technik, im Studio, Übertragungs-Zentrum MCR, beim Satelittenvermittler, und dann auch meine Kollegen von der Technik hier vor Ort — ohne die Leute hinter der Kamera geht gar nichts, und das vergessen wir Journalisten vor der Kamera leider zu häufig. |
Titus | Der Korrespondenten-Job scheint ein 24-Stunden-Job zu sein, denn man weiss ja nie, wann irgendetwas geschieht. Wie ist eigentlich die Stellvertretung geregelt, wenn die Familie Marty in der Schweiz oder in den Ferien weilt oder wenn einmal kurzerhand ein Familienausflug geplant ist? |
André | Eine Stellvertretung aus der Schweiz kennt das Schweizer Fernsehen auf praktisch keinem Auslandsposten; in meinem Fall springt die Kollegin von n24/Sat1 ein, oder allenfals wer vom ZDF. Was mein privates und Berufsleben betrifft: In den letzten neun Jahren war mein Mobile einmal abgestellt (abgesehen natürlich vom Swiss-Fliegen): Während der Geburt meiner Tochter… |
«Die Schweiz spielt hier
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Titus | Bekommt der Privatmann André Marty in Tel Aviv gelegentlich von seinem direkten Umfeld zu spüren, dass er ein Schweizer ist und falls ja, wie? Gab’s zum Beispiel gerade kürzlich bezüglich der Schweizer Iran-Politik gewisse Bemerkungen von der Vermieterin? |
André | Will’s so beantworten: Rund um das Ahmadinejad-Merz-Theater war meine Tochter ganz stolz, mit ihrem Vater im rot-weissen Schweizer Fussball-Nati-Liibli unterwegs zu sein — Also, nun mal keine falschen Vorstellungen: Es dreht sich hier im Nahen Osten so ziemlich gar nichts um die Schweiz, die Eidgenossenschaft spielt hier praktisch keine Rolle. Exakt deshalb war’s ja auch ein Leichtes, so auf der Schweizer Diplomatie herumzuprügeln; oder hat jemand etwas über die kürzlichen Besuche des japanischen Aussenministers oder des türkischen Staatspräsidenten in Teheran gelesen? |
Titus | Nicht ein Wort. Damit sind wir beim eigentlichen Nahost-Konflikt angelangt. Was antwortest Du einem Oberwalliser wenn er sagt, dass uns der Konflikt im Nahen Osten gar nichts angeht? Kannst Du aufzeigen, inwiefern uns dieser Konflikt auch etwas angeht? |
André | Ojetz, was hetz dä!!! (okay, hier die ungefähre Übersetzung: Ja, was denn?!) |
Ein paar Stichworte mögen genügen: – Minarett-Initiative – Oel- oder Gasrechnung – Zusammenleben mit Muslimen – Zusammentreffen der Kulturen – Schweizer Aussenpolitik – Ausländer-, Migrationspolitik – internationales humanitäres Völkerrecht – Wirtschaftsbeziehungen – politische Konzepte – religiöse Bedeutung des gelobten Landes für alle drei monotheistischen Weltreligionen |
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Titus | Obwohl einerseits heute viel Schweizerinnen und Schweizer meinen, der Nahost-Konflikt gehe sie nichts an, lässt er andererseits doch bei einigen die Emotionen hoch gehen. Gerade kürzlich musstest Du gewisse Kommentatoren in Deinem Blog zur Mässigung aufrufen, insbesondere da sie sich nicht zur Sache, sondern über den Journalisten äusserten. Hast Du eine Erklärung oder eine Vermutung für diese Reaktionen und deren Hintergrund? |
André | Die Reaktionen, wie sie längst nicht nur im Blog, sondern teilweise auch in Zuschauerbriefen an das Schweizer Fernsehen SF gelangen, deuten die Überemotionalisierung des Nahost-Konflikts an. Eigentliches Verharren im ideologischen Schützengraben hilft manchmal, das eigentliche Problem des Konflikts nicht angehen zu müssen: das ist die israelische Besatzung der palästinensischen Gebiete. |
Zudem sind wir in der Schweiz uns die teils rüden und wenig an Werten wie Dialog oder Toleranz orientierten Umgangsformen nicht gewöhnt, mit denen ich hier seit fünf Jahren täglich konfrontiert werde — dagegen gilt es Stand zu halten, denn Blogger oder Journalisten sind ja nicht die Ursache des Nahost-Konflikts; auch wenn das der eine oder andere Kommentator gerne so sehen würde. Irgendwie gefällt mir in diesem Zusammenhang der Begriff der «bequemen Ignoranz». | |
Titus | Der Geschichtsunterricht endet für viele beim 2. Weltkrieg oder – wenn’s hoch kommt – mit dem Fall des Eisernen Vorhangs hier in Europa. Über die Geschichte des Nahen Ostens ist hingegen wenig bekannt. Verfügt daher die europäische Bevölkerung überhaupt über das nötige Grundwissen, um diesen Konflikt und dessen Hintergrund verstehen zu können? |
André | Zumindest sollte niemand sagen, das kann ich nicht wissen. Es gibt hunderte von Büchern, für alle Lesens- und Interessensstufen Geeignetes – und sogar den einen oder anderen Nahost-Blog. Nein, das Wegsehen hängt primär einmal mit unsrer westlichen Bequemlichkeit zusammen. Und das Argument, der Konflikt sei viel zu kompliziert, grenzt an Propaganda wider einer Lösung. |
«Es sind die die Menschen dieser Region,
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Titus | 90 oder 100 Sekunden für die Erklärung eines Ereignisses und dessen Kontexts sind sehr kurz. Und bei den zwei oder drei live gestellten Fragen frage ich mich manchmal, ob sich die Live-Schaltung, der technische Aufbau usw. überhaupt lohnt. Auch wenn es schwierig ist, pauschal eine Antwort zu geben: Was wäre nach Deiner Einschätzung eine «vernünftige» Bericht-Länge oder eine «vernünftige» Anzahl Fragen, um der Sache besser gerecht zu werden? |
André | Teile Deine Einschätzung nur teilweise. Ein kurzes Live-Gespräch kann sehr wohl Sinn machen, und im günstigsten Fall gibt es ja noch eine vertiefende Sendung, die Hintergrund und weitere Einordnung bietet. Und sollte es den TV-Zuschauer nach mehr gelüsten, dann habe ich ja schon einen kleinen Teil der Informationsvermittlung erreicht. |
Titus | Bleiben wir bei der Bericht-Länge: Was wäre ein adäquates Format, um das Leben und die Ereignisse im Nahen Osten dem Schweizer Publikum näher zu bringen? Weitere «Reporter»-Ausgaben wie jene von anfangs März dieses Jahres? |
André | Oh, der «Reporter» über den «Bischof von Arabien» war sicherlich eine rare Ausnahme – es gibt ja nicht nur den Nahen Osten, der uns bewegt. Allgemein wäre es meines Erachtens wichtig, die Nabelschau-Optik nicht noch mehr Überhand nehmen zu lassen. Wenn also beispielsweise bei NZZ und Tages-Anzeiger Korrespondentenstellen ersatzlos gestrichen werden, dann ist das sicherlich aus Sicht der Medienkonsumenten ebenso beunruhigend wie die teils fehlende Vertiefung von Auslandsthemen bei TV- Sendern. |
Titus | Im Moment ist es «ruhig» geworden, was die Berichterstattung aus dem Nahen Osten betrifft. Wie sieht der internationale «Fahrplan» aus – falls es einen solchen gibt – der wieder zu mehr medialer Aufmerksamkeit führen wird? |
André | «Warten auf den Clash», heisst ein mögliches Szenario, will heissen: warten und sehen, ob es US-Präsident Obama und sein Team tatsächlich ernst meint mit einer Beruhigung des Nahen und Mittleren Ostens. Falls dem tatsächlich so sein sollte, wird es unweigerlich zu Friktionen mit der Verweigerungs-Regierung Israels kommen – einer weiteren «Nein-Regierung», nein zu einem Palästinenser-Staat, nein zu einem Siedlungsstopp, nein zu einer Vision für den Nahen Osten. Und während diese Spielen-auf-Zeit-Taktik kurzfristig aufgehen mag, geht das tägliche Sterben, der Krieg zwischen Besatzer und Besetzten ja weiter, auch wenn wir nicht hinschauen. |
Titus | Wenn Du an den redaktionellen Schalthebeln sitzen würdest, welchen Themen aus dem Nahen Osten würdest Du mehr Gewicht verleihen? |
André | Alltag, Alltag, Alltag. Es sind die unspektakulären Geschichten, die Menschen dieser Region, die kaum zu Wort und Platz kommen. Hier wird zwar täglich gestorben, aber hier wird auch gelebt — das wäre im Sinne des Brückenbauens zwischen Kulturen, Religionen und Menschen von Nöten. |
Titus | Bleiben wir beim Wunschdenken: Welchen Palästinenser, welchen Israeli und wen von ausserhalb der beiden Gebiete würdest Du gerne eine Stunde lang interviewen – und warum? Zusatzfrage: Was würdest Du die drei Persönlichkeiten fragen wollen? |
André | Mich interessieren weder politische, noch sonstige Stars, mich interessieren Menschen. Die würde ich nach ihrem Leben, ihren Sorgen und Freuden fragen – respektive zuhören. |
Titus | Gibt es etwas, das Herr und Frau Schweizer Deiner Meinung nach für respektive gegen diesen Konflikt tun könnten? |
André | Die Strategie des Wegschauens wird nicht funktionieren. Also wäre es, utopisch gesprochen, wünschenswert, wenn Aussenpolitik nicht ausschliesslich von Innenpolitik dominiert würde. Wenn die Schweiz also Depositärstaat der Genfer Konventionen ist, dann wäre es sicherlich ein wichtiger Schritt, deren Durchsetzung auf dem politischen Parkett etwas mehr Nachdruck zu verleihen — aber eben, das geht natürlich nicht wirklich, wenn wir primär einmal ein «Hau-die-Aussenministerin» betreiben, statt eine erkennbare aussenpolitische Strategie zu entwickeln – und zu kommunizieren. |
«Die Strategie des Wegschauens
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Titus | Themawechsel: Du beschäfftigst Dich oft auch kritisch mit der Rolle und der Entwicklung der Medien(unternehmen). Wie sieht’s aus bezüglich Unterstützung bei der psychologischen Verarbeitung der Erlebnisse von Schweizer Journalisten in Krisengebieten? |
André | Du sprichst eigentliches Brachland an. Es gab zwar kürzlich eine entsprechende Tagung zur Thematik des Vereins «Qualität im Journalismus», wo die Beteiligten zum betrüblichen Schluss kamen, dass die Chefetagen der meisten Medienunternehmen die Betreuung ihrer Mitarbieterinnen und Mitarbeitern nicht primär als eine Bringschuld empfinden. |
Titus | Tut sich da nun etwas seitens Medienunternehmen? |
André | Die Tagung war sicherlich ein erster Schritt der Bewusstseins-Bildung. Aber Hand aufs Herz: Bei Dutzenden von entlassenen Kolleginnen und Kollegen musst du schon ein ziemlich gesundes Selbstbewusstsein haben, um heute auf Betreuung in Krisensituationen zu insistieren – wer mag schon gerne vermeintliche Schwachstellen Preis geben, auch wenn der Ruf nach Begleitung oder Betreuung alles andere als ein Zeichen der Unbelastbarkeit ist, im Gegenteil. Wenn’s interessiert: Das DART Center for Journalism and Trauma ist eine exzellente Adresse! |
Titus | Welche Unterschiede stellst Du fest zwischen den europäischen und den amerikanischen sowie zwischen den privaten und den öffentlich-rechtlichen Medien respektive Journalisten? |
André | Die Grossen spielen in einer ganz anderen Liga, personell als auch budgetmässig. Die US-Kollegen legen kaum Wert auf Kontakt mit unsereins, was nicht zwingend auf Gegenseitigkeit beruhen muss. Inhaltlich besehen verfolgen die britischen Kollegen sicherlich einen mir persönlich nahe liegenden, Analyse- und Recherche-Journalismus. |
Titus | Man munkelt in der Schweiz, dass besonders kritische Berichte nicht oder nur abgeschwächt publiziert werden und zwar deshalb, um die (betroffenen) Werbekunden nicht abzuschrecken. Ist Deiner Meinung nach eine unabhängige Berichterstattung ohne öffentliche Finanzierung heutzutage überhaupt noch möglich? |
André | Wer das munkelt, wird’s sicherlich anhand konkreter Beispiele darlegen können. Natürlich ist jedem Journalist nicht erst seit heute klar, dass eine «lebendige Beziehung» besteht zwischen Werbekunden und den Medienschaffenden. Zudem wird bei jüngeren Journalisten-Generationen vielleicht etwas weniger sog. engagierter Journalismus avvisiert. Aber das heisst ja noch lange nicht, dass sich Medienschaffende als Lieferanten des Umfelds um Inserate oder Spots zu verstehen haben; auch wenn der Medienmarkt (sic!) ein beinhartes Geschäft ist, jeder Journalist wird für sich selber die Schmerzgrenze zu definieren haben, wo’s für ihn zu eng wird mit seinen journalistischen Standards. |
Titus | Die Medienlandschaft ist weltweit im Umbruch. Wie siehst Du die zukünftige Rolle von Korrespondenten in aller Welt? Braucht es diese bei zunehmender «Internetisierung» überhaupt noch? |
André | Wie heisst die noch, diese Schweizerin?, fragte mich ein tütscher Kollege, als er stellvertretend eine Schweizer Bundesrätin hätte interviewen sollen – wir haben’s dann wohlweislich gelassen… Sollten Medienkonsumenten, aber auch die für den Erhalt des service public Verantwortlichen, sich die Unabhängigkeit der Medienwelt nicht etwas kosten lassen, dann wird es in absehbarer Zeit auch in der Schweiz nachhaltige Einschnitte in die ansonsten schon dünner gewordenen Korrespondentennetze geben. |
Das Internet mag eine Ergänzung sein, die journalistische Arbeit wird das Netz nicht ersetzen können; und sei’s nur schon der Glaubwürdigkeit, der Überprüfbarkeit der Informationen wegen. | |
Titus | Gestatte mir noch einige persönliche Fragen: Wenn ich richtig gerechnet habe, läuft Dein Mandat im Nahen Osten in rund einem Jahr ab. Kannst Du uns schon etwas für die Zeit «danach» verraten, wenigstens andeutungsweise (für die Gerüchteküche 🙂 )? |
André | Nein. Schlicht und ergreifend, weil «alles» offen ist. Wie kommst Du denn darauf, dass mein Mandat ausläuft? |
Titus | Nun, SF soll angeblich ihre Korrespondenten alle vier Jahre auswechseln, mit einer Option um eine zweijährige Verlängerung. |
André | Ach so… Kollege Stalder sass gefühlte 10 Jahre in Washington, Kollege Vogel seit über sechs Jahren in Berlin… Sagen wir’s so: SF ist ein flexibler Arbeitgeber, und das hat durchaus auch Vorteile für Chefredaktion und Korrespondenten. |
Titus | Irgendwann steht ein Wechsel sicher an. Wenn Du frei wählen könntest, was für eine neue Herausforderung würde Dich denn reizen? |
André | Den Nahen Osten von einem anderen Standort aus bearbeiten. Oder dann eine Korrespondentenstelle mit ebenso politischem Hintergrund, bin ein Politnews- Junky. |
Titus | Welche Bilanz ziehst Du als Mensch und welche als Berichterstatter nach fünf Jahren in diesem Gebiet? |
André | Bilanz? Nun, selbstverständlich verändert die Kriegs- und Krisenberichterstattung. Vor allem aber zwingt dich diese nicht eben auf Toleranz ausgerichtete Gegend der Welt, dein eigenen Wertesystem in Ordnung zu bringen. |
«Mein Weg ist der Weg
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Titus | Ob all den Negativ-Schlagzeilen: Gab’s auch ein Ereignis, welches Dich positiv berührt hatte? |
André | Aber natürlich. Dank meines Berufes bin ich mit unzähligen spannenden Menschen und deren Geschichten zusammen getroffen. Wer meint, die Welt retten zu können, der wird leider scheitern. Wer aber im Gegenzug meint, schulterzuckend weiter zu ziehen, den wird die Gegenwart einholen. Mein Weg ist der Weg der Informationsvermittlung, als Journalist und als Blogger. Und wenn ich dabei auch noch ab und an ans humanitäre Völkerrecht als eigentlichen Spielregel-Lieferant in Kriegs- und Krisensituationen erinnern kann, dann ist das schon einiges. |
Titus | Gibt’s bald ein Buch von André Marty über seine Erfahrungen? |
André | Nein, es sei denn, jemand interessiert sich für Targeted Killings, also gezielte Tötungen der israelischen Sicherheitsdienste… |
Titus | Zum Schluss die frechste und zugleich die belangloseste Frage: Wer ist eigentlich Dein Coiffeur? 😉 |
André | Yitzhik wohnt und arbeitet an der Basel-Strasse in Tel Aviv – warum? Bist du etwa auch einer dieser «jetzt-stehen-seine-Haare-aber-würkli-zu-Berg»-Fraktion? |
Titus | *lach* – nöö. André, vielen Dank für Deine Gesprächsbereitschaft, Deine Geduld und Deinen Einsatz! |
Wer mehr wissen und dran bleiben will: In seinem aktuellen Blog-Beitrag «Gaza – war da was?» stellt André Marty kurz einige von Journalisten geschriebene Bücher über den Gaza-Streifen vor.