Rambo reloaded

Der Angriff Israels auf einen internationalen Schiffskonvoi für den abgeriegelten Gaza-Streifen hinterlässt Wut und Ratlosigkeit zugleich. Wann bekennt die Internationale Gemeinschaft endlich Farbe?

Es war ein kleiner Hoffnungsschimmer, der sich da auftat: Nach bald eineinhalb Jahren sollte durch eine internationale Aktion die Blockade des Gaza-Streifens durch Israel auf dem Wasserweg durchbrochen werden.

Demnach, dass zahlreiche namhafte Persönlichkeiten an dieser Aktion teilnahmen, darunter auch Friedennobelpreisträger oder linke Politiker aus Westeuropa, kann wohl von einer friedlichen Aktion ausgegangen werden. Selbst der Schweizer Nationalrat Josef Zisyadis wäre dabei gewesen, hätte gestern nicht die Sommersession der Eidgenönssischen Räte begonnen.

Völlig unverhältnismässig

Sehen die Menschen in diesem «Tagesschau»Beitrag vom 30. Mai 2010 gefährlich aus…?

Natürlich war damit zu rechnen, dass der internationale Schiffskonvoi vor Gazas Küste abgefangen und an der Weiterfahrt gehindert worden wäre. Doch dass offensichtlich ziemlich kaltschnäutzig und nach Rambo-Manier Schiffe in angeblich internationalen Gewässern geentert werden und es dabei zu unzähligen Verletzten und mindestens zehn Toten kommt, macht einem schon ratlos und wütend zugleich.

Die Informationslage ist für den Moment aber immer noch ziemlich verworren. Natürlich wird es Widerstand seitens einiger der rund 700 propalästinänsischen Aktivisten gegeben haben. So schnell mochten diese eine monatelang vorbereitete Aktion sicher nicht aufgeben.

Und natürlich beteuert die israelische Kriegspropaganda ihre Unschuld zu allen Vorfällen. Eingeständnisse gehören nicht zu den Stärken Israels. Aber die Kräfteverhältnisse waren doch ungleich gross: Da eine kriegserprobte, gut ausgerüstete Streitkraft, dort einige idealistisch eingestellten und unter sich kaum organisierten Zivilisten. Ein leichtes Spiel für die «Profi-Kämpfer»…

Eindrücke der Militaraktion seitens israelischer «Verteidigungskräfte».

In den nächsten Tagen wird man sich darüber streiten, wer diesen Vorfall untersuchen soll. Israel wird sich gegen eine internationale, unabhängige Untersuchung sträuben, obschon man heute schon weiss, dass dieser Widerstand wenig bringen wird.

In vielleicht einem Jahr liegen die Ergebnisse dieser Untersuchung vor. Dabei wird Israel einmal mehr an den Pranger gestellt werden. Natürlich wird die israelische Seite alles abstreiten und die Unabhängigkeit dieser Untersuchung in Frage stellen, so wie man das erst kürzlich beim so genannten Goldstone-Bericht über die Militäroffensive gegen den Gaza-Streifen von Ende 2008 / Anfang 2009 gemacht hatte.

In der Zwischenzeit bleiben die 1,5 Millionen Einwohner des Gaza-Streifens weiterhin von der Aussenwelt abgeschnitten. Was offiziell rein kommt und was raus darf, bestimmt wie bis anhin Israel – oder bestimmt auf dem inoffizellen Weg die Hamas, der einzige Hoffnungsschimmer für die Bewohner des Gaza-Streifens, um ihre Situation wenigstens etwas zu verbessern…

Der Bau von neuen Siedlungen geht weiter und die USA werden ein erneutes Mal dagegen protestieren. Zugleich bemüht man sich ein neues Mal, Iran von dessen Atomprogramm abzubringen und dies vor allem zum Schutze Israels. Bei der aktuellen Politik Israels ist das bezüglich Glaubwürdigkeit der USA kein leichtes Unterfangen.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann geht das ewig nach diesem Schema weiter…

Druck von aussen

Oder aber die internationale Gemeinschaft hört endlich damit auf, im fernen New York nur von Frieden zu reden und beginnt endlich konkret zu handeln. Freunde hat Israel im Nahen Osten auf jeden Fall keine, ergo kann die überlebensnotwendig Unterstützung nur aus der Ferne kommen.

Diese Unterstützung darf nicht mehr so weiter gewährt werden wie bis anhin. «Oil for food» hiess das UN-Programm für den Irak, «Peace for support» müsste wohl jenes für Israel und die besetzten palästinensischen Gebiete lauten.

Wer diese weiterhin unterstützt, macht sich mitschuldig am Weiterdrehen dieser schier endlos drehenden Spirale von gegenseitiger Gewalt, Demütigungen und ständiger Demoralisierung.

Das ist eine Perspektive, welche den nächsten Generationen beider Seiten nicht zu wünschen ist…

13 Antworten auf „Rambo reloaded“

  1. Unerträglich finde ich die Scheinheiligkeit rund um Israel… Die machen da unten was sie wollen und nun kappern sie auch noch Schiffe eines Hilfskonvois, töten und verletzen Unschuldige und versuchen nun auch noch alles zu vertuschen, pfui!

    Von den anderen Dingen wie Wasser abgraben und unerlaubten Siedlungen aufbauen und Zivilistenbehausungen bombardieren sowie staatliche Auftragsmorde usw. usf fangen wir besser nicht auch noch an…

    Noe, tut mir leid, ich stehe dazu, diese Gedanken oben kamen mir gestern tatsächlich als ich den Artikel im Tram gelesen habe und ich stehe auch dazu, dass ich die nicht ausstehen kann.

    Zudem kann ich es auch nicht ausstehen wenn man als Antisemit bezeichnet wird, wenn man Israel nicht mag und es wagt zu kritisieren, das eine hat mit dem anderen nämlich nichts zu tun.

    Und dann ist es nun mal auch eine Tatsache, dass Israel Atombomben besitzt und noch schlimmer sie sogar die letzte Inspektion verweigerten.

    Für mich ist Israel, vor nach dieser Aktion, ein Schurkenstaat und sollte nun genau so behandelt werden!

  2. Israel Politik kritisieren kann man und muss man, und man kann die Sympathien dort haben wo man will. Aber was nicht geht, ist, die Bevölkerung eines ganzen Landes als schuldig zu betiteln und einen Genozid zu fordern; auch nicht wenn man es nicht ganz ernst meint. Das hast du getan, und das _ist_ antisemitisch.

  3. Zuerst einmal, gefordert habe ich gar nichts, doch der Gedanke kam mir so als Metapher „[Admin: Gelöscht]“… Aber bringen wir doch gleich ein neues Wort mit rein „Staatsterrorismus“ das ist nämlich das was Israel betreibt und nun fehlt eigentlich nur noch die Frage, was man den so im Zeitalter des 9/11 mit Terroristen so macht… Wie auch immer, für mich ist Israel ein Schurkenstaat und diejenigen die diese Aktion befohlen haben und alle die daran beteiligt waren Verbrecher.

  4. @titus:
    ev. wird nach diesem post klarer, weshalb in nahost- blogs häufig kommentare moderiert werden (sollten) — welcome to the club…

    in einem punkt empfehle ich bezüglich des post- grundgedankes weit mehr pragmatismus: wer auf ein politisch – diplomatisches aufheulen wartet, dass nebst rhetorischen (un-)nettigkeiten konkreten inhaltlichen druck auf die konfliktparteien beinhaltet, der wartet vergebens. und weil uns das die jüngere geschichte ernüchternd gezeigt hat, liegt der ball eben bei jeden einzelnen. nicht jammern, handeln:

    – für sich definieren, ob eine gezielte produkte – auswahl beim poschten sinn macht
    – chefredaktoren angehen, deren medienprodukt sich allenfalls nicht genügend dem thema annimmt
    – sich von stammtisch- geplapper verabschieden, und versuchen, sich durch die lektüre von profunderen analysen & hintergründen eine eigene meinung bilden zu können
    – sich verabschieden vom westlichen konzept des „friedlichen“ nebeneinanders — israel ist kein westlicher staat, der nach westlichen prinzipien funktioniert; die palästinensische bevölkerung ist eine errordierende gesellschaft, die mit westlichem mitleid nichts anfangen kann
    – bei der wahl der eigenen terminologie gezielt und bewusst „sprechen“ — besatzung fängt längst nicht mit einem soldaten an einem checkpoint an

  5. Genau so sieht es auch im aktuellen Krisenherd aus!
    Kaum werden Israel und Gaza oder Hamas erwähnt, entfachen @chris und @david auf den paar Quadratzentimetern des Bildschirms ein Inferno aus Wörtern [Admin: Gelöscht] samt dem ewigen Salto mortale in die Sphären des Genozids, der sich immer gut macht, wenn man von Israel spricht: Die hungernden Palästinenser wären dann etwas Hitler und einfach nur noch abscheulich.

    Es scheint, als hätten die Israelis im Schatten des BP-Desasters und den bizarren europäischen Verhältnissen einfach mal losgeschlagen. Obama ist abgelenkt, die Europäer labbern die üblichen Sätze und senden Protestnoten, während sich die Israelis wie gewohnt aus der Sache herauslügen – oder es zumindest versuchen. Das Free Gaza Movement soll also einmal mehr erstickt werden, damit die israelische Regierung mit den Palästinensern weiterhin Käfighaltung betreiben kann.

    Die Schweizer könnten auf kreative Art einen Beitrag zum Frieden leisten:
    Einigermassen seetüchtige Bürgerinnen und Bürger rotten sich zusammen und bilden Schutzschild-Kolonnen, die als zivile Beobachter mit den Hilfslieferungen reisen. Vielleicht finden sich für das Unternehmen sogar rührige Politiker – der Toneli Brunner beim Abwasch in der Kombüse beispielsweise brächte dem Erdball ein Riesenvergnügen.

    Die Schweizer Regierung bezahlt den Teilnehmern ein Retourticket Schweiz-Istanbul, danach arbeiten sie als schlichtes Schiffspersonal, schreiben persönliche Logbücher oder bloggen direkt durch den Äther. So, jetzt müsste man bloss noch einen Namen dafür finden.

  6. ..tja, ich hab halt ein Faible für die Dinger und irgendwie muss das von den „Schnellen Brüter“ produzierte P doch genutzt werden… *lol*

    Bin letzter Zeit wohl auch zu viel in Tschernobyl und Umgebung unterwegs (S.T.A.L.K.E.R) da geht es auch krass zu und her..

    Noe, ich reagiere und denke eben nun mal sehr emotional und ich mag die Typen die dort an der Macht sind nicht, dann kommt es eben so heraus, doch es waren nur Gedanken dazu und die hatte ich tatsächlich beim lesen im Tram – ich bin eben nun mal sehr emotional und heftig und manchmal gar nicht nett, ja mitunter heftig, sehr militant und manchmal sogar fast sadistisch drauf wenn es um Regierungen und solche Unterdrücker geht…

    Auch als Frankreich die Rainbow Warrior versenkte, kamen mir die bösesten Dinge in den Sinn was man mit Frankreich machen sollte, ist bei mir also allgemein so und nicht nur auf Israel beschränkt…

    Zudem bin ich auch noch anarchistisch drauf und hab allgemein Mühe mit autoritären Dingen, ausser natürlich ich bin der Diktator, aber ob das dann so wünschenswert wäre weiss ich nun auch nicht.. *lol*

    Überhaupt herrscht für mich so was wie Endzeit-Stimmung wenn ich an diese Welt und die Menschheit denke…

    Und heutzutage – hab ich jedenfalls in den letzten Jahren so gelernt – muss man tabulos sein, sonst wird es gar nicht wahrgenommen… Ich bevorzuge jedenfalls eine heftige Reaktion auch wenn man mich angreift, gegenüber gar keine Reaktion, ich streite nämlich gerne, das hält mich am leben bzw. dann fühle ich wieder das ich noch lebe…

    Von dem her, wenn ich *jetzt* mit auf so einem Schutzschild-Kolonnen-Schiff wäre, dann garantiert nicht ohne Knarre und einer Chaser mit genügend Muni für den Fall wenn dann wieder Piraten kommen!

    Lieber ein guter Streit als ein fauler Kompromiss oder fauler Frieden!

  7. @ Chris
    Etwas mehr Differenzierung wäre nicht schlecht. Nur weil eine Mehrheit für oder gegen etwas ist, sind nicht automatisch alle für/gegen etwas. Nur weil eine Mehrheit derjenigen, die bei uns an einem Tag stimmen gingen, gegen Minarette waren, sind auch nicht automatisch alle gegen Minarette und ist die Schweiz auch nicht pauschal gegen alle möglichen Symbole mit oder ohne religös-kulturellen Hintergrund. Es gibt nicht nur schwarz/weiss.

    Des Weiteren bitte ich Dich – einmal mehr – Dich in Deinen Aussagen und in Deiner Wortwahl zu mässigen…

    @ André
    Ich hatte es vor Monaten als überflüssig erachtet, ständig immer alle Kommentare moderieren zu müssen. Schliesslich hemmt es auch die Diskussion (man weiss nicht, was andere schon gesagt haben). Aber wenn es nicht anders geht, ändere ich das nun wieder…

    Zu Deinem Hinweis „Achtet-darauf-woher-die-Ware-kommt“: Das wird wohl auch nicht viel bringen. Schon heute achten wohl nur die Wenigsten darauf, woher etwas kommt. Zudem trifft es dann eben auch häufig die Falschen…

    Aber es ist klar, dass ich die Frühkartoffeln aus Israel beim Coop liegen lasse, dies allerdings aus Umweltüberlegungen (Wasserverbrauch, Transport).

  8. Die von André aufgezählten Punkte sind sehr gute Ansätze, die jeder für sich anwenden kann, jedoch frage ich mich: wenn nicht einmal der politisch – diplomatische Druck etwas nützt, was wird dann wohl Netanjahu und Liebermann interessieren, wenn die Schweizer keine Orangen oder von mir aus keine Frühkartoffeln mehr aus Israel posten? Ihre Taktik und Denkweise, ständig auf der Hut zu sein und alle möglichen „Feinde“ anzugreifen, wird sich deshalb kaum verändern.

  9. Die Bilder sprechen eine starke Sprache. Mit der richtigen Bearbeitung lassen sich solche Beiträge natürlich ins rechte Licht der gewünschten Wahrnehmung rücken.

    Was mir aber als ein sehr wichtiger Aspekt der vorangegangenen Diskussion erscheint, ist dieses Aufeinanderprallen von den unterschieldichsten Wertvorstellungen der Protagonisten. Hier die naiv friedliche Absicht, mal eben durch die Blockade nach Gaza zu schippern, dort die Überforderung der (schlecht vorbereiteten?) Einsatzkräfte ( – im letzten Abschnitt des zweiten Beitrags sehr gut zu sehen – ) gegen einen so gar unmilitärischen, ungeordneten Haufen Leute vorzugehen.

    Ich erinnere an die „christliche Reisegruppe“, die in Haiti eben mal ein paar Kinder retten wollte. Mit völlig „humanen“ Absichten sind sie damit aber leider völlig an der Realität vorbei geschrammt!

    Gewalt gehört im Nahem Osten doch so etwas wie zum Tagesablauf, (André Marti möge mich korrigieren,) wir im Foyer zur Weltbühne haben uns an die täglichen Gewalt-Meldungen gewöhnt, dass sie schon gar nicht mehr so richtig wahrgenommen werden.

    Nun plötzlich haben ein paar westliche Zuschauer die Nase voll und betreten die Bühne. Noch im Vorraum aber werden sie von der Securityfirma „unverhältnismässig“ zurückgestossen. Diese Bilder berühren, werden populär für beide Seiten in den Medien aufgemacht, der Aufschrei ist gross, der Pöbel verlangt die Absetzung des Intendanten, nur die Kulturkommision denkt ja nicht daran, um es mal metaphorisch auszudrücken.

    Die Empörung ist gerechtfertigt, doch so richtig ändern wird sich dadurch am mit Stacheldraht und Sperrelementen festbetonierten Grabenkampfgebiet (West Bank – Israel – Gaza) wohl noch lange nichts.
    Verhärtete Fronten geben dem ganzen eine perverse Stabilität.

    Schon bald wird ein abgesägtes Rohr 1500 Meter unter Wasser im Golf von Mexico, aus dem 5 mal mehr Rohöl als bisher ausströmen wird, wieder unsere ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Schliesslich verstehen wir ja dort die Zusammenhänge viel besser. BP, Innbegriff des bösen Profiteurs auf der einen Seite, vernichtet durch Regierungsgestützten Schlendrian die Lebensgrundlage vieler unschuldiger Lebewesen auf der anderen Seite.

    Klare Fronten, eindeutige Schuldzuweisungen, oder etwa nicht?
    Oil for Food? Keine Angst, die Erde wird den Störfall Mensch wohl längerfristig überleben; dann, wenn es keinen Food und kein Oil mehr gibt, um auch nur halbwegs auf dieser Kugel weiter zu existieren.
    Aber das geht jetzt wohl schon fast Richtung Fatalismus …

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.