«Biel im Kriegszustand» (Teil 1)

Der mit Waffengewalt ausgeübte Widerstand des 67-jährigen Peter Hans Kneubühl gegen Behörden hat schweizweit ein Medienecho ausgelöst, das im wahrsten Sinne des Wortes unglaublich ist.

Lassen Sie mich für einmal undiplomatisch und mit ungewohnten Worten beginnen: Ich habe selten so viel medialen Bullshit über das Drama rund um den 67-jährigen Peter Hans Kneubühl erlebt wie in den letzten Tagen.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Ich will nichts verniedlichen und ich bin mir der Ernsthaftigkeit der Situation durchaus bewusst. Ich spreche einzig die Art und Weise an, wie viele Medien darüber berichten.

«Live»-Berichterstattung

Formulierungen wie «Biel sieht aus wie im Kriegszustand» (Bieler Tagblatt), «Ausnahmezustand in Biel» (SF Tagesschau), «Amoklauf in Biel» oder «Ein Rentner hält eine Stadt in Atem» (beide Berner Zeitung/Newsnetz) sind da etwa zu lesen. Oder schauen Sie sich das einmal an:

Stand: 08.35 Uhr

Komisch?! Im Lindenquartier ist gemäss unserem Reporter vor Ort die Polizei weitgehend abgezogen worden. Unser Mitarbeiter konnte sogar bis zu zehn Meter vor das Haus des Täters gelangen.

Erneut stellen sich Fragen:
– Wurde der Täter gefasst?
– Falls nicht: Handelt die Polizei grobfahrlässig?
– Wo wird dann gesucht?
– Wie weit kann der Mann zu Fuss gekommen sein? Oder hat er eine Geisel genommen

Oder:

Stand 08.45 Uhr

(…)

Wieder stellen sich unglaubliche Fragen:
– WAS HAT DIE POLIZEI ZWISCHEN 01.00 und 08.00 UHR GEMACHT?
– Warum ist die Kommunikation der Kantonspolizei so ungalublich schwach?
– Warum lässt es die Kantonspolizei zu, dass die Bevölkerung grosse Angst hat?

Falls Sie nun denken, dass das von einem Praktikanten des «Blicks» oder von «20 Minuten» stammt, der hier als Ortsunkundiger online und live vom Ort des Geschehens berichtete, dann liegen Sie leider falsch.

Dieses tiefe Niveau an unreflektiertem, unbestätigtem Geschreibsel, kräftig angereichert mit vielen Mutmassungen und Spekulationen, wurde durch den Online-Auftritt des «Bieler Tagblatts» hier und hier auf die breite Bevölkerung losgelassen. Dabei ist das Bieler Tagblatt normalerweise ein journalistisch «anständiger» Regionaltitel. Normalerweise…

Schnell, aber unglaubwürdig

Wenn allerdings von denen, die Ortskenntnisse haben und einen Heimvorteil geniessen, die das Lindenquartier wahrscheinlich besser kennen als mancher im Einsatz stehende Polizist, die auch jenes Biel kennen, das keine Schlagzeilen macht, wenn also solche lokalen Medienschaffende schon einen derartigen Bullshit verbreiten, kann es natürlich nicht erstaunen, wenn auch schweizweit ein völlig verschobenes Bild entsteht. Das Schielen auf die Lokalberichterstattung bietet schliesslich auch immer die Möglichkeit, den Ton und die Richtigkeit der eigenen Berichterstattung zu überprüfen.

Glaubwürdigkeit scheint kein erstrebenswertes journalistisches Ziel mehr zu sein. Das zeigt sich erst recht in diesem Fall. Heute ist Schnelligkeit gefragt, um so eine möglichst hohe Einschalt- oder Klickrate zu erzielen. Deutlich wird das auch im Vergleich zur Print-Ausgabe des Bieler Tagblatts. Darin sind nämlich durchaus gut recherchierte Artikel über die Hintergründe zu lesen, ganz im Gegensatz zu den obigen Online-«Artikeln».

Das heisst, wenn man sich die Zeit nimmt, über Ereignisse nachzudenken und wenn es darum geht, diese in (schriftliche) Worte zu fassen, dann kommt in der Regel auch etwas Gescheites heraus. Dann merken nämlich auch seriös arbeitende Autoren, was sie schreiben können und dürfen und wo noch eine Abklärung notwendig oder andernfalls als Mutmassung oder Spekulation zu deklarieren ist.

Verschiedene Ausschnitte der Online-Berichterstattung
(zum Vergrössern anklicken).

Verantwortung der Medien

Glaubwürdigkeit und Schnelligkeit müssen sich nicht zwingend beissen. Doch nur weil eine Information «schnell» abgedrückt werden soll, heisst das noch lange nicht, dass sämtliche journalistischen Grundsätze über Bord geworfen werden müssen, so wie in den beiden Auszügen oben geschehen.

Das gilt auch dann, wenn die Behörden – und dazu zähle ich auch die Berner Kantonspolizei – katastrophal kommunizieren (mehr dazu im dritten Teil). Dies ist weder eine Rechtfertigung noch eine Entschuldigung, jeden noch so spekulativen Gedanken und jedes noch so abenteuerliche Gerücht massenmedial und ungeprüft zu verbreiten.

«Warum lässt es die Kantonspolizei zu, dass die Bevölkerung grosse Angst hat?», steht da oben unter anderem. Woher könnte denn diese angebliche Angst herrühren? Sind es nicht via Medien verbreiteten Spekulationen wie «Oder hat er eine Geisel genommen», welche «die Bevölkerung» verunsichern? Von der wortkargen Polizei kamen solche Aussagen auf jeden Fall nicht.

Wenn mit «die Bevölkerung» die Bewohner des Lindenquartiers gemeint sind, dann kann ich (als Bieler Einwohner) die Angst durchaus verstehen. Zurzeit sind diese wirklich nicht zu beneiden. Ich sage das allerdings auch mit dem Wissen darüber, wie es denn dort aussieht. Haben Sie eine Ahnung davon?

Was machen Journalisten vor Ort (nicht)?

Hätten Sie ein Ahnung davon, weil die angereiste Medienmeute sich die Mühe gemacht hatte, die Umgebung zu erkunden und Ihnen gegenüber zu beschreiben, dann könnten Sie vielleicht auch besser nachvollziehen, weshalb es dem Täter bis anhin gelungen ist, die Polizei zum Narren zu halten. Doch diese Mühe haben sie sich nicht gemacht.

Stattdessen stampfen sich einige Medienschaffende wohl lieber die Beine in den Bauch, schiessen ein paar unscharfe Bilder von herumstehenden Polizisten, Fahrzeugen und Medienschaffenden für eine Bildstrecke, entwickeln aus Mangel an Beschäftigung irgendwelche Geisel-Theorien und stellen dann am Morgen, nachdem sie selber irgendwo in einem Hotel gemütlich genächtigt habe, Frage wie: «WAS HAT DIE POLIZEI ZWISCHEN 01.00 und 08.00 UHR GEMACHT?»

Die genannte Uhrzeit lässt erahnen, dass dieser so genannte «Polizeireporter» um ein Uhr morgens Schluss gemacht hatte, währenddem von den Polizisten irgendwo draussen in den Gebüschen volle Aufmerksamkeit erwartet wurde.

Und obschon dieser «Polizeireporter» der Polizei während der Nacht offensichtlich nicht auf Schritt und Tritt gefolgt ist, ziert er sich nicht, online weiter ein allwissendes Bild zu vermitteln:

Stand 10.00 Uhr

(…)

Da im Lindenquartier die Polizei abgezogen wurde, kann das eigentlich nur bedeuten, dass der Täter gefasst ist.

Tja, das war am Freitag.

Der Umgang mit «schnellen» Medien will gelernt sein

Auch wenn ich mich in meiner Kritik stark auf dieses eine und extreme Beispiel abstütze, so ist sie durchaus allgemein zu verstehen. In anderen Medien waren ähnlich fragwürdige und undifferenzierte Beiträge und Betitelungen zu lesen, zu hören oder zu sehen, auf welche ich gar nicht erst einzeln eingehen mag.

Nur soviel: Die Stadt Biel ist nicht hermetisch abgeriegelt, sie wird auch nicht ständig von F/A-18 Hornets überflogen, es stehen keine Panzer in den Seitengassen, die Läden werden nicht geplündert, es gibt keine Ausgangssperre, Fenster wurden keine zugenagelt, wir haben keine Stromunterbrüche, es gab auch keine Bombenanschläge und Wasser, Luft und Atmosphäre sind alle in Ordnung.

Aber das Gegenteil davon, das würde ich als Kriegs- oder Ausnahmesituation bezeichnen. Und dann würde ich auch den Atem anhalten. Doch zum Glück sind wir weit von einer solchen Situation entfernt.

Der Umgang mit den verbreitungstechnisch schnelleren, elektronischen Medien, will gelernt sein. Dazu gehört namentlich, der Versuchung widerstehen zu können, eine mehr oder weniger relevante Information sofort und mit unbedarften Schlagwörtern aufmerksamkeitswirksam zu publizieren.

Eine schnellere Publikation kompensiert nämlich nicht eine unzureichende journalistische Qualität und trägt auch nichts zur Glaubwürdigkeit eines Mediums bei.

So brauche ich nun auch nicht aus dem Luftschutzkeller hervor zu kriechen und mir den Betonstaub von den Schultern zu klopfen, um meinen nicht aufgebrauchten Laptop-Akku wieder aufladen zu gehen…

22 Antworten auf „«Biel im Kriegszustand» (Teil 1)“

  1. Scheint ein Trend zu sein, der sich rasant verstärkt. Egal ob Hype oder Panikmache: Wenn die Medien dieser Tage ein Thema haben, reiten sie es absolut unprofessionall kaputt. Sei es das letzte Schwingerfest (ein Medienoverkill ohnegleichen), die bevorstehende Bundesratswahl (95 Prozent aller Medienbeiträge zu diesem Themen sind Spekulationen, heisse Luft ohne jeglichen Nachrichtengehalt) der Hype um Sarrazin oder jetzt Biel. Der einzige Vorteil dieser Hysterie: Ich habe jetzt sehr viel mehr Freitzeit, weil ich mir die Nachrichtensendungen ganz sparen und die Zeitungslektüre zeitmässig auf einen Drittel reduzieren kann. Früher stand der „Blick* für Boulevard. Heute sind alle Medien „Blick“. Sogar die Tagesschau. Bei 10 vor 10 reicht es nebst Boulevard auch noch locker für Werbung in den Beiträgen.

  2. Hat eigentlich schon eine Zeitung herausgefunden, wieso das Haus des Mannes überhaupt versteigert werden musste und wieso er jahrelang Streit mit den Behörden hatte? Ich glaube nein… Mutmassen ist ja auch viel einfacher

  3. Nachdem das (journalistische) Interesse am Todesraser vom Bielersee (genau, hat man den jetzt oder nicht?) verloren ging, bietet das Leben des „lebensmüden und Tunnel grabenden Rambo-Rentners“ wieder ausreichend (Spekulations-)Material, die online Spalten zu füllen. Leider unterscheidet sich dabei meine Papierausgabe (Der Bund) nicht merklich vom zugehörigen newsnetz-Getöse.

    Heute wurde die Wohnstrasse erneut abgesperrt, nicht etwa, wegen des Gesuchten, nein, sondern um die zahleichen „Tatorttouristen“ abzuhalten, damit die Polizei in Ruhe arbeiten kann!

  4. Der grösste Lacher ist die sogenannte Eliteeinheit „Diamant“ hahaha „Elite“-Einheit, muhahaha… Und ich hatte schon vorher vermutet, dass der zurück kommt, war doch logisch, anscheinend aber nicht für die Eliteeinheit, hehehe, ich kann nicht mehr, es ist einfach zu lächerlich… Und dann „er schoss und traf dauernd“ sie die Eliteeinheit „schossen und trafen ihn nie“ wenn das nicht dilettantisch ist, weiss ich auch nicht! Und die dauernden Ausreden „er kennt sich eben gut aus im Quartier“, „er kennt eben jeden Busch“, „womöglich hat er Militärhintergrund“,… Der neuste ist ja der Polizeischutz von Politikern weil man Angst hat, dass er noch einen kleinen Abstecher macht.. 😉

  5. @ Alice
    Ich hätte es nicht besser zusammenfassen können.

    Auf den Aspket «Facebook & Co.» komme ich im nächsten Beitrag zurück.

    @ Edi
    Doch. Aus diesem Grund hatte ich oben auch geschrieben, dass in der Print-Ausgabe des BT durchaus gut recherchierte Artikel zu finden sind. Gemäss BT-Recherchen geht es nämlich um einen Erbschaftsstreit. Dabei hatten die anderen, im Ausland lebenden Erben nach dem Tod von Kneubühls Mutter eine Zwangsversteigerung beim Richter erwirkt, was eher selten vorkommt – ausser ein jemand stellt auf stur…

    @ Bobsmile
    Beim BT unterscheidet man normalerweise nicht zwischen Print und Online – ausser bei der obigen «Live»-Berichterstattung…

    Yep, da soll es einige «Kriminalitätstouristen» geben, von denen sogar einige Handy-Kamera hervorzücken, um vom fraglichen Haus ein Bild zu schiessen. Und die Anwohner sind darüber natürlich auch nicht erfreut, streunen in diesem kinderreichen Quartier doch plötzlich jede Menge Fremde…

    @ Chris
    Bei der Kritik gegenüber der Polizei geht es unterschwellig auch noch um etwas Anderes: Seit diesem Jahr gibt’s im ganzen Kanton Bern nur noch eine Polizei. Kritiker dieses Modells monierten damals, dass es einer Einheitspolizei an Kenntnissen über die lokalen Gegebenheiten fehle, so ganz nach dem Motto, dass die alten Gemeinde- oder Dorfpolizisten halt noch jeden Strauch kannten, die neue Einheitspolizei, bestehend aus Polizisten aus allen Kantonsteilen eben nicht. Und dieser Vorfall scheint vordergründig den Kritikern Recht zu geben. Ich verweise aber erneut auf den Charakter des Quartiers, welcher es auch einer Gemeindepolizei nicht einfach gemacht hätte.

    Dass sie ihn bis jetzt nicht trafen, hat vielleicht auch damit zu tun, dass sie ihn nicht treffen wollten. Zumindest ist das die Botschaft, welche bei mir seitens der offiziellen Medienvertreter angekommen ist (Täter und Polizisten schützen). Nur in den amerikanischen Action-Filmen darf die Polizei immer drauflos knallen.

    Und die Bedrohung gegenüber Amtspersonen ist leider real oder wahrscheinlich sogar grösser als gegen die Polizei selbst, denn diese Amtspersonen hatten ja alles angeordnet, was er als nicht rechtens empfindet…

  6. Naja, aber es handelte sich hier ja um eine ELITE-Einheit, die kommen sonst bei Terroranschlägen und dergleichen zum Einsatz, da ist wirkt das ganze dann shcon ziemlich lächerlich. Und schön wenn die nicht treffen wollen, ein Amokschütze allerdings will treffen und will schaden, aber womöglich wussten die ja nicht mal das hehehe…

    Und dann sagte einer von denen ja nun, man werde nun die Samthandschuhe ausziehen und dann treffen, dies ist nun vor dem Hintergrund des heute unschuldigen der von der Polizei zusammengeschlagen wurde, weil man ihn für den Amokschützen hielt, noch lächerlicher, die wissen ja nicht mal wie er aussieht und anscheinend nicht mal seine Grösse…

    Und ich habe durchaus Sympathien für den Amokschützen, die wollten ihm sein Elternhaus wegnehmen und die Lokalbehörden haben ihn nicht angehört und ihn schikaniert, manche lassen sich das eben nicht mehr gefallen, gut so! Ein Glück das ich nie soweit ging, wenn ich mich solange vorbereitet hätte wie der, hätte dann sogar die Armee nicht mehr gross geholfen! Wo ich das erste mal das hörte, dachte ich der wird sein Haus in die Luft jagen wenn die reingehen, wer weiss womöglich war das ja sogar geplant, immerhin hörte man ihn Nachts werken, frage mich was der da alles vorbereitet hat… 😉

    PS: Threading ist futsch, Reply Button fehlt und Bullets werden angezeigt?!

  7. Ich klinke mich zur Arbeit der Medien und der Polizei – dort setzte Titus ja auch primär an.

    Einverstanden, von einem „Kriegszustand“ zu schreiben, ist intelligenzfrei. Dieser Ausrutscher kommt ab und an vor, zuletzt bei der dumpfbackigen Grossdemo vom 6. Oktober 2007 in Bern. "Ausnahmezustand" ist sicher auch deplaziert, womit ich bloss zwei Stich- bzw.Schlagworte aufgenommen habe.

    Die seriöse(re)n Medien berichteten in meiner Wahrnehmung bislang ohne Effekthascherei und abgeklärt. Das fiebrige Bemühen vereinzelter Kanäle, Newsli in die Welt zu setzen, lässt mich kalt. Mehr noch: Ich verweigere mich diesem Stoff weitgehend.

    Dass die Polizei in solchen und ähnlichen Fällen bald einmal am Pranger steht, gehört zum Standard. Sie eignet sich als Zielscheibe, zum Teil werden da uralte Reflexe geweckt. Selbst wenn die Berner Kantonspolizei wasserdicht und hochprofessionell kommuniziert hätte, würde sie für ebendiese Kommunikation kritisiert. In diesem "Game" kann sie nicht gewinnen.

  8. @ Chris
    Zu den «Sympathien» komme ich wie bereits erwähnt im nächsten Beitrag zurück.

    Zum P.S.: Bullets sind korrigiert. Der Reply-Button habe ich bewusst ausgeschaltet (keine kaskadenartige Kommentare mehr, da dabei der letzte Kommentar nicht zwingend am Schluss stehen muss).

    @ Mark
    Welche Medien berichten denn noch seriös(er)? Unter den mehr oder weniger national bedeutenden Titeln ist mir nur die NZZ aufgefallen.

    Auf Effekthascherei zu verzichten verlangt auch ein klares Bekenntnis dazu (bzw. dagegen). Und bislang habe ich noch von keiner Redaktion gehört, dass sie sich diesem Trend bewusst entzieht oder entziehen will…

  9. Die Journalisten würde ich nun nicht zu arg ins Gebet nehmen, denn das ist deren Job, auch wenn sie sich jetzt auf die Blick-Ebene begeben. Sensation ist auch deren Brot.
    Viel mehr stört mich das ohnmächtige Handeln der Polizei. Ja ohnmächtig, denn sie wissen nicht wie weiter. Ohnmächtig ists ein Flugzeug zu chartern um Flugblätter mit der Bitte, Herr Kneubühl möge sich doch bitte melden. Eher naiv denn ohnmächtig!
    Herr Kneubühl, kann sich nicht mehr melden und auch wenn er es noch könnte, würde er es nicht tun.
    Da sprechen die Medien von einem hochintelligenten Mann, der an der ETH Mathematik studierte und unterrichtete, gleichzeitig werfen sie ihm vor, dass er sich der neuen Enwicklung der Informatik verweigerte. Ja und? er wird doch wohl nicht der einzig schrullige Mensch sein und vor allem ist das kein Grund um ihn für das was jetzt passiert ist (ist vorbei) anzuklagen.

    Schon kommen die Analytiker und die Spezialisten. Herr Kneubühl hätte sich an eine Ombudsstelle wenden können, mit uns reden etc. etc.
    Herr Kneubühl hat anhand von Briefen seitenlang geredet, aber scheinbar nicht gerade mit viel Erfolg.

    Und da kommen Parallelen (und das wird Chris meinen) zum Fall Zug oder auch Tschanun auf. Monatelange, jahrelange Zermürbung!

    Aber auch dieser Fall wird in Vergessenheit geraten bis halt der nächste in seiner, durch die Behörde ohnmächtig Gewordene, zur Schusswaffe greift.

    Ausserdem lief da viel mehr ab, als wir je erfahren werden. Missbrauch seiner Schwester, dann noch den Vater umgebracht. Dass versuchte er zu widerlegen, obwohl ihm nichts angelastet war. Aber umsonst schrieb er das nicht in einem Brief an die Behörde.

    Er hat jetzt nichts mehr davon, aber vielleicht greifst Du einen Teil 4 auf, vielleicht mit dem Titel: „Wie mich die bezahlten Beamten aber am Thema nicht interessierten Ignoranten zur Schusswaffe greifen liessen“.

  10. @ Bobsmile
    Nachtrag zu Deinem Kommentar: Nein, den «Todesraser vom Bielersee» hat man meines Wissens noch nicht. Nach wie vor gilt ein 72-Jähriger als Hauptverdächtiger.

    @ Ate
    Ob etwas eine Sensation ist, entscheidet sich nicht durch die Form, sondern den Inhalt. Das Problem ist nun aber, dass häufig mangels Inhalt versucht wird, mit der Form eine Sensation zu machen. Man kann jede Bagatelle (Inhalt) so dramatisch beschreiben (Form), dass man glauben könnte, es handle sich um eine Sensation…

    Zu Kneubühl: Er genoss bereits seit einiger Zeit die Unterstützung des Erwachsenenschutzes, eine Art Vormund, welcher ihm beratend beiseite stand. Doch weder die betreuende Person noch unserem Regierungsstatthalter (welcher auch Ombudsperson ist) gelang es, mit ihm einen direkten Kontakt aufzubauen. Der einzige Kontakt fand jeweils in schriftlicher Form statt und soll gemäss Regierungsstatthalter wirr und zuletzt bedrohlich gewesen sein (zum genauen Inhalt konnte er keine Angaben machen).

    Zum angeblichen Missbrauch seiner Schwester: Das wurde klar vom stellvertretenden Regierungsstatthalter dementiert. Ich habe keine Ahnung, wer diesen Punkt in die Welt gesetzt hatte. Eigentlich fehlt nur noch, dass er zum Islam konvertiert sei…

  11. @Mark Balsiger: Zu den Medien ein kleiner Einspruch: Das SF ist auf bedenklich tiefes Niveau abgesackt. Man scheut sich längst nicht mehr, in Blick Manier irgendwelchen Nachbarn / Gaffern ein Mikrophon unter die Nase zu halten und blöde, nicht weiterbringende Fragen zu stellen. Ich bin mittlerweile beinahe TV-News-abstinent. Zu den Zeitungen: Die Südostschweiz, von der ich sonst viel halte, hat den Brief des „Bekannten“ samt Schreib- und Satzzeichenfehler abgedruckt (und sich auch noch erblödet, dem Leser zu erklären, weshalb). Die Printausgabe des Tagi habe ich die letzten paar Tage nicht sehr gründlich gelesen, die Online-Ausgabe der NZZ ist der ruhige Hafen, in den einzulaufen es sich lohnt, die des Tagi ist eine Katastrophe, aber ich gehe mit Ihnen einig: Sich dem „Newsli“-Stoff zu verweigern ist problemlos möglich und wahrscheinlich auch die beste Methode.

    @Ate und Chris: Wir bewegen uns hier auf sehr, sehr dünnem Eis. Man kann der Polizei Fehler vorwerfen, sie mit Hähme zu übergiessen ist völlig fehl am Platz. Es ist wie mit den Lehrkräften: Man kann eine Berufsgruppe um alles reden, sie klein und lächerlich machen, weil es ja so einfach ist, diese Feindbilder zu plegen. Besser wird dadurch gar nichts – manch einer wundert sich dann höchstens, warum er bei der nächsten Polizeikontrolle ruppig behandelt wird.

    Nun zu dem Punkt, der mir ernsthaft Buchweh macht: Bei der Solidarisierung mit dem Täter. Niemand von uns kennt den genauen Hintergrund zu der Geschichte, niemand von uns weiss, wie die Behörden genau gehandelt haben. Auch hier sind ganz sicher Fehler passiert, dem Mann wurde vielleicht sogar unrecht getan, aber nichts rechtfertigt das Verständnis für einen, der hingeht und auf Leute schiesst. Der Polizist, der jetzt ganz konkret schwer verletzt im Spital liegt, hat dem Täter mit Sicherheit nichts getan. Er büsst stellvertretend für andere. Genauso, wie in Zug Menschen stellvertretend für andere gestorben sind. Menschen mit Familien, alles Menschen, die zu Opfern wurden. Chris, wir haben in diesem Blog viel von Opfern geschrieben, die alleine gelassen werden. Überleg mal, wie alleine die Opfer von solchen Tätern sind, denen mit Verständnis begegnet wird.

    Ich kenne jemanden, der den Punkt erreicht hat, an dem er es für absolut und total gerechtfertigt hielt, seinen Chef zu erschiessen. Ich kenne die Ursachen (die wirklich fürchterlich und auch ungerecht sind, zum Teil systemgegeben, zum Teil menschlich). Ich erinnere mich sehr gut an den Abend, als er bei uns sass und uns in grösster Selbstverständlichkeit sein Verständnis für Tschanun und den Täter von Zug erklärte und dass es berechtigte Gründe gäbe, Vorgesetzte zu töten. Am schlimmsten ist die Erinnerung daran, wie es nichts, absoluts nichts gab, das ihn vom Gegenteil überzeugen konnte. Wenn jetzt also alle sagen, man hätte mit diesem Mann reden müssen, dann weiss ich aus Erfahrung, dass Betroffene sich jeglichen Argumenten verschliessen, einen Tunnelblick entwickeln, sich ihre eigene Gedankenwelt schaffen. Ja, es sind bedauernswerte Menschen. Und nein, ich habe trotzdem kein Verständnis dafür, dass jemand bereit ist, stellvertretend für passierte Fehler Menschenleben zu nehmen für seine Sache.

  12. @Alice
    Böses schafft eben neues Böses und mir scheint es, dass man dies noch nicht begriffen hat, es wird wohl solange weitergehen, bis alle es gelernt haben… Und eigentlich zählen da schon Gedanken, aber das ist wieder was anderes, wäre schön wenn es wenigstens mal bei den Taten klappt… Ich schwanke selber auch immer noch zwischen Rachegefühlen und Resignation und auch meine meine Wut richtet sich gegen die Behörden, mal schauen wie lange ich noch weiterkämpfen werde, gut möglich dass es dann auch bei mir mal kippt, es kommt sehr darauf an wie man dann mit mir umgeht in den nächsten Jahrezehnten! Und was „niemand von uns weiss, wie die Behörden genau gehandelt haben“ betrifft, die sind für mich einfach immer böse und schuldig, jedenfalls bis man mir mal das Gegenteil beweist.. Und bis ich meine Genugtuung bekommen habe, hat es ohnehin keinen Sinn mich vom Gegenteil überzeugen zu wollen… Ich kämpfe eben auch schon 3 Jahre gegen dieses Pack!

  13. @ Chris
    Du sprichst wenigsten teilweise darüber und kapselst Dich mit Deinem berechtigten Frust nicht völlig ab. Für mehr: Siehe den besprochenen Weg. Das scheint mir am Wirkungsvollsten.

  14. @ Titus
    Soll ich nun über Deinen letzten Satz lachen oder weinen?
    Deine obigen Erklärungen werden auch in den Medien erwähnt und Tag für Tag tauchen neue Fragen auf. Zum Beispiel diese: Wenn einer 30 Jahre lang nicht angemeldet war, musste er ja demzufolge auch keine Steuern zahlen. Und wie ist es möglich, dass jemand so lange Zeit nicht angemeldet ist und niemand merkt es?

    @ Alice
    Ich solidarisiere mich nicht mit dem Täter, ganz im Gegenteil. Ich versuche lediglich zu verstehen was einen Menschen zu so einer Tat treiben kann.
    Ob der Schuss auf den Polizisten vielleicht gar nicht Absicht war, sondern ein Warnschuss hätte sein sollen? Oder eine Frage die mich sehr beschäftigt: In einem Haus geboren, mit Unterbrüchen fast 67 Jahre darin gelebt und dann, aufs Alter hin wo die Perpektiven auch nicht mehr gerade grossartig und rosig sind, einfach dieses Haus dass eigentlich die Grundmauer und die Wurzel ist, verlassen. Ich stell mir das sehr lebensdemütigend vor.

    Du selbst, so schreibst Du, hast von Deinem Bekannten gehört, dass er Tschanun etc. versteht. Auch Dein Bekannter war verzweifelt. Scheinbar hat er nicht ähnlich gehandelt und vermutlich ohne dass es Dir bewusst wurde, bist Du mit Deinen Worten doch bei ihm durchgedrungen.

    Ich möchte einfach nur erfahren und verstehen, was einen Menschen so zermürben, kaputtmachen, ohnmächtig in der Wut, hilflos und aussichtslos auf sich selbst gestellt, wo da die Grenze ist um den Zenit zu überschreiten.

  15. @ Ate
    Mein letzter Satz ist eine Anspielung auf weit verbreitete «Feindbilder» unserer Gesellschaft. Wäre Kneubühl tatsächlich Moslem, gäbe es auch nicht eine solche Glorifizierung. Er passt eben zu keinem der «klassischen» Feindbilder, sondern ist ja nur ein armer Renter, der lediglich seinen wohlverdienten Ruhestand geniessen möchte… (um es überspitzt auszudrücken).

  16. Wo Du recht hast, hast Du recht!

    Ich für meinen Teil bekam durch die Medien genügend Stoff (wenn es denn auch stimmt!)um mir ein eigenes Bild zu machen. Sogar sein politisches Gedankengut spiegelt sich nach all diesen Medienberichten wider.

    Aber, wie ich Alice geschrieben habe, würde ich gerne verstehen, was diesen Mann soweit getrieben hat. Er selbst kann keine Antwort mehr geben, deshalb wäre es interessant Einblick in seine Korrespondenz mit den Behörden zu bekommen. Denn genau da wird der Schlüssel liegen.

    Zwar ein Detail, aber wenn ein Polizeibeamter in den Nachrichten von einem Herrn Kneubühl“er“ spricht, scheint er nicht gerade gross in diesem Fall involviert zu sein, aber sprechen lässt man ihn.

    Magst Du Dich an den Fall erinnern, Rümlang, Bülach oder weiss ich wo. Schweizer mit einer Brasilianerin verheiratet, sie auf dem Strich schaffend, stiess eben dieser Vater seinen Sohn ein Bord runter. Der Sohn überlebte, ist aber seitdem körperlich behindert. Diese Gemeinde erteilte trotz Vorgeschichte diesem Vater das Sorge- oder Wochenendaufhaltsrecht für seinen zweiten Sohn. Und was passierte? Der Vater ging mit seinem Sohn in Winterthur in ein Hotel und brachte ihn um (sein Selbstmordversuch misslang).

    Würdest Du die Vorgeschichte von Leimbacher (Zug) kennen (ich kam ungewollt in diesen nicht gerade angenehmen Genuss), so würden auch bei Dir gewisse Zweifel in Bezug auf die Behörden aufkommen.

    Und deshalb, man möge mir verzeihen, sehe ich Kneubühl als Opfer der Behörden.

    Macht aus dem Staat Gurkensalat hiess es einst unter anderem von unserem BR Leuenberger. Mir scheint, es ging auf.

  17. Es ist schon verrückt, wie Leute überhaupt immer wieder durch die Maschen unseres dicht gestrickten amtlich sozialen Netzes in unserer kleinen Schweiz fallen, und dann riesige Konsternation darüber herrscht, wer den überall seine Hausaufgaben nicht erledigt hat. Vielleicht ist es aber eben genau die fatale Meinung, für alles und jeden gäbe es eine (amtliche) Stelle, die sich dann schon um ihn kümmert.

    @Chris
    Wenn ich mir deine ganzen Kommentare hier in der Augenreiberei revue passieren lasse, so mache ich mir im Zusammenhang des Falls Kneubühl schon so meine Gedanken.
    Z.B. deine Aussage „gut möglich dass es dann auch bei mir mal kippt,“ kann man so oder so verstehen. Resignation oder aktiver Wiederstand?
    Ich hoffe jetzt einfach mal, dass sich dein Kampf gegen die Behörden (habe ich doch richtig verstanden?) nicht plötzlich auf die martialische Faustrechts Ebene verlagert.

  18. @ Ate
    Vergleiche mit der schrecklichen Tat in Zug sind ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Eine kleine (aber auch hier entschiedende) Korrektur: Herr Leimbacher hiess Leibacher.
    Der Zuger Täter war in etwa 20 verschiedenen Jahren straffällig, verfahrensmässig erfasst und/oder verurteilt worden. Dies im Kanton Zug, Aargau, Basel-Stadt und in der Dominikanischen Republik. Neben „kleinen Vergehen“ wurden durchaus ernsthafte Strafverfahren durchgeführt. Zudem sind diverse „Nachbarschaftsstreits“ bekannt. Leibacher konnte trotz diverser einschlägiger Strafen legal in den Besitz von Waffen kommen, da einerseits Vorstrafen gelöscht waren oder waffenscheinausstellende Behörden keinen Zugriff auf entsprechende Dossiers hatten.
    Es ist relativ einfach, „den Behörden“ Schuld zu geben für alles und jedes – insbesondere, da wir eigentlich alle von „der Behörde“ (vom Staat) profitieren, ausser wir fühlen uns im „Recht“ benachteiligt. Diese Benachteiligung kann man sich auch herbeireden oder auf „die Behörde“ abwälzen.
    Ich war damals in unmittelbarster Nähe des Tatorts und erfuhr gewisse Einzelheiten lange vor offiziellen Mitteilungen, ich hoffte und bangte. Ich war damals gelähmt vor Fassungslosigkeit und noch heute kann ich mir keinen Grund vorstellen, der es rechtfertigt, 14 (unschuldige) Menschen zu ermorden und viele weitere vorsätzlich zu verletzen. Eigentlich gibt es (ausser möglicherweise Notwehr) für einen Menschen keinen einzigen Grund, einen anderen Menschen zu verletzen oder zu töten.
    Auch wenn es in einer Nachbetrachtung einfach ist, ein „Fehlverhalten“ (was ist das, ein jetzt geschehendes „Fehlverhalten“?) zu diagnostizieren, braucht es doch eine ungehörige Portion Mut, einen notorischen Gesetzesbrecher und Querulanten vom Täter zum Opfer zu machen.

  19. Ich finde den Vergleich mit dem Amoklauf von Zug nicht an den Haaren herbeigezogen. Gerne spricht man immer wieder von Einzelfällen, nur haben all diese Einzelfälle immer einen gleichen Ursprung.
    Auch wenn ich solche Taten als absolut befremdend finde, so suche ich dennoch die Ursache, den Auslöser zu verstehen, auch wenn es mir noch so schwerfällt.
    Dahinter müssen monate- wenn nicht jahrlange Früste stecken, die dann eines Tages in eine Ohnmacht ausarten und diese Täter zu einem Ausraster bringen.

    Entschuldigen Sie meine falsche Schreibweise des Namens Leibacher, nur, würde ich mir alle Namen merken die täglich in den Zeitungen stehen, ginge ich als Genie durch. Aber Sie merkten wen ich meinte und dadrum geht es schlussendlich, ob der Name nun falsch oder richtig geschrieben war.

    Zu dem Ausraster von Kneubühl: Ich wüsste nicht, wie ich reagieren würde, wenn eines Tages bewaffnete Polizisten vor meiner Wohnungstüre stehen würden um mich zu einem zwangspsychologischen Besuch abholen wollen.
    Wir alle kennen die Fakten nicht, können nur vermuten. Können es uns einfach machen und den Täter vom Fleck weg abstempeln, aber wie heisst es doch so schön: Von nichts kommt nichts.

    Wie weiter oben geschrieben, habe ich die Geschichte/Werdegang von Herrn Leibacher lesen können. Ich glaub, ich bin schon im richtigen Film aus dem ich rausgegriffen/gelesen habe, dass Herr Leibacher ein Jurastudium absolvierte um sich besser wehren/verteidigen zu können. Klar, Papier ist geduldig sagt man, wenn aber diese zusätzlichen kleinen Piesackereien stimmen, so kam er sehr häufig in Polizeikontrollen. Aha der Leibacher, Handschuhfach auf Pistole drin und schon hatte er die nächste Anzeige am Hals.
    Ob stimmt kann ich nicht urteilen. Ich versuche lediglich zu verstehen, ab wann das Mass voll ist um zu so einer Tat zu schreiten und vor allem, wieso es so weit kommen konnte.

  20. Ich konnte es mit dem Namen nicht lassen, da die Schelte an einen Polizisten (welcher Kneubühler sagte) aus der selben Feder stammte.

    Nun, ohne die Geschichte des Herrn Kneubühl zu kennen, denke ich nicht, dass diese Polizisten ganz unerwartet vor seiner Türe standen. Zudem soll die ganze Geschichte auf einer Erbstreitigkeit beruhen (in dem Sinne ein Streit unter Verwandten) – Anordnungen der Behörde, Aufmarsch von Polizei usw. wären da nur die Folge der Missachtung von juristisch gefällten Entscheiden.
    Wie oben geschrieben, man kann sich auch einen Behördenhass aufbauen, sich reinsteigern – und logisch, am Ende findet man immer eine Erklärung (Entschuldigung), wieso jemand so handelte (handeln musste).
    Nur – die Welt, oder bleiben wir einmal in der Schweiz, wäre ein ultimativ trister Ort, wenn man bei jedem Wort (oder Handlung) zuerst alle möglichen Eventualitäten, Auswirkungen oder juristischen Folgen bedenken müsste. Zum Glück für mich und die ganz grosse Mehrheit der Menschen ist ein „Nein“ noch immer ein Nein. (Ohne die Gefahr, dass ich deswegen über den Haufen geschossen werde) Ein Ja ein Ja und ein (Gerichts-)Entscheid, ein Urteil, dass man entweder zufrieden oder knurrend akzeptiert (auch ohne zu einer Waffe zu greifen).
    Dabei will ich nichts schönreden und jegliche Ungerechtigkeit ausschliessen, denn wir alle sind „nur“ Menschen und dazu geboren, auch Fehler zu machen. Zum Glück für uns alle, büssen wir einen Fehler, einen wiederholten Fehler nicht mit dem Tode – sonst hätten wir uns längst alle gegenseitig umgebracht.
    Das Recht, wie auch der Staat funktioniert (besser oder schlechter) auch nur, weil jeder Mensch akzeptiert, dass grundsätzlich jeder einzelne Mensch für sein Tun und Handeln selbst verantwortlich ist – die grosse Mehrheit der Menschen fügen sich dieser Aufgabe und leben mehr oder weniger glücklich innerhalb der (von der Gesellschaft) vorgegebenen „Limiten“. In der Schweiz gibt uns der Staat zudem einige Möglichkeiten, entweder als Einzelperson oder in Gruppen „Unrecht“ zu ändern oder beurteilen lassen. Nur, was einer einzelnen Person subjektiv als „Unrecht“ daher kommt, mag immer noch für den Rest der Menschen stimmen. Diesem Recht kann man sich fügen – oder sich dagegen auflehnen, was es aber nie geben wird – zumindest in einer Gesellschaft, ist ein Recht, das für jedes einzelne Glied dieser Gesellschaft individuell angepasst werden kann.
    Wenn man diesen Umstand nicht akzeptieren kann, respektive sein Recht erzwingen will, gibt es notgedrungen Konfliktsituationen, welche man – ganz rational – mit Garantie nicht mit Waffengewalt lösen kann.
    Piesackereien: Wenn ich regelmässig eine Fahrverbotsstrasse befahre, ist die Chance ungleich grösser, dass ich gebüsst werde, wie bei jemandem, der das Fahrverbot respektiert. Wenn ich also „keine Waffe“ tragen darf und trotzdem Waffen habe, ist die Chance gross, dass ich damit öfters Ärger habe, wie diejenige Person, die „keine Waffe“ tragen darf und keine Waffe trägt. Handkehrum ist es ganz „normal“, dass jemand, der x-Mal das Gesetz missachtet eher gebrandmarkt ist, wie ein unschuldiger Bürger. HIER ist anzufügen, dass gerade im Fall Leibacher die gesetzliche „Straflöschung“ erlaubte, dass er nach Jahren vollkommen legal Waffen erwerben konnte (wobei eine illegal erworbene Waffe die Haupttatwaffe war)und auch versuchte, auf Ihn einzugehen.
    Das „Verstehen wollen“ kann auch dazu führen, dass man Menschen von jeglicher Eigenverantwortung entbindet, die sie erbringen sollten zugunsten der Gesellschaft, in der wir leben.
    Nochmals – eigentlich sollten wir alle „gescheit“ genug sein, um zu wissen, dass kein Unrecht erlaubt, dass wir Menschen töten.

  21. Ja, ich gebe es zu, auch ich bin nicht gefeit und kanns nicht lassen. Namenschreibung meine ich nun. Nur bei mir kommt erleichternd dazu, das ich mir nun um Himmelswillen nicht jeden Namen merken muss und kann, ein Polizist der mit dem Fall betraut ist hingegen schon.

    Wenn ich denn nur wüsste wie ich Sie anschreiben könnte. Randnotizen gibt mir keine Person. Seis wie es will, ich steh nun hin und sage, dass ich ruhig bleibe. Das heisst aber nicht, dass ich meine Gedanken nicht weiter verfolge, nein, ich werde sie schweigend mit mir rumtragen, so quasi mich dem Urteil der Mehrheit beugend. Und genau da ist der Hund begraben. Genau da setze ich wieder an, man wird so lange stillgeredet bis man einfach nicht mehr mag.

    Ob dass dann jeweils der Ausraster ist? Denn wie geschrieben, ich will nur das WARUM verstehen.

    Übrigens vernahm ich erst heute, dass Herr Leibacher scheinbar auch zusätzlich noch ein Kinderschänder war. Dass Herr Kneubühl zusammen mit seinem Vater seine Schwester vergewaltigt hat, hörte ich schon vor längerer Zeit, auch dass er für den Tod seines Vaters verantwortlich sei. Wenns denn wirklich so ist, revidiere ich meine Meinung noch so gern. Gut, den Leimbach muss ich selbst nachlesen, auf den Fall Kneubühl muss ich noch etwas warten.

    Aber wenn es denn wirklich so wäre, distanziere auch ich mich.

  22. @Ate
    Folgt man dem Link, so findet man so ziemlich alles über mich heraus, im Gegensatz zu vielen anderen SchreiberInnen. Mein Name ist Daniel.

    Eine – bei weitem (noch) nicht perfekte – Errungenschaft unserer Zivilisation ist, dass wir zugunsten der Allgemeinheit auf das Faustrecht verzichten, damit ermöglichen wir der Mehrheit der Menschen ein relativ sicheres Leben. Wir kennen die Meinungs- und Glaubensfreiheit, sollten uns daher auch bemühen, anders denkende und handelnde Menschen zu respektieren.
    Wenn sich eine einzelne Person das Recht herausnimmt (aus welchem Grund auch immer), das Faustrecht anzuwenden, bedroht sie nicht das ganze System, aber immerhin einen Teil „unseres“ Systems, in dem wir relativ sicher leben können.
    Wir haben (eine nicht perfekte) Gesellschaft, in der es immer Menschen geben wird, die nicht „reinpassen“. Die Gründe können bei der Gesellschaft liegen, bei der Person oder bei beidem. Solange beide Seiten Toleranz zeigen, wird weder die Person noch die Gesellschaft richtig glücklich, aber man kann miteinander leben.
    Leibacher war mehrfach und sowohl in der Dominikanischen Republik und der Schweiz der Unzucht mit Kindern angeklagt, ob dies alleine einen Gesinnungswandel von „ich verstehe den Täter“ zu „ich verurteile den Täter“ rechtfertigt, weiss ich nicht – ein vorsätzlicher Mord oder mehrere Morde werden nicht akzeptabler durch mehr oder weniger schlimme Straftaten, die jemand zuvor begangen hat. Meine Meinung.
    Zudem – und dies zum Ende meiner Beiträge – in den letzten Sätzen kommt zum Ausdruck, dass der Vergleich mit Leibacher gezogen wurde, ohne eben den Fall Leibacher „wirklich“ oder in seinem ganzen Umfang zu kennen – dies mag in diesem Fall keine Rolle spielen, kann aber allgemein zu Vorurteilen oder Symphatien führen, die nicht gerechtfertigt sind.
    WARUM? Wenn es nur einen einzelnen Menschen geben würde, der das „Warum“ schlüssig beantworten könnte (auch im Nachhinein) – dann wären auf einen Schlag viele Probleme der Gesellschaft gelöst. In einer Nachbetrachtung fehlt einem aber immer ein wesentlicher Aspekt – nämlich die unzähligen Gedanken, Ereignisse und (Kleinst-)Erlebnisse, die jeden Menschen im Laufe seines Lebens prägen. Unser Hirn verarbeitet unzählige Informationen pro Sekunde – welche dieser Information einen Menschen „dreht“ wird wohl nie jemand schlüssig beantworten können und deshalb wird es auch nie eine Antwort auf das wirkliche Warum geben.

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