Billiger Atomstrom?

Atomstrom sei günstig, meinen die AKW-Befürworter. Sie lassen dabei aber andere gewisse Kosten bezahlen und blenden dies aus.

Erinnern Sie sich noch ans Ende der 1980er Jahre, als die ersten «Personal Computer», kurz PC genannt, aufkamen und dabei vor allem der frühere Schreibmaschinenhersteller IBM den Markt beherrschte? Damals kostete ein PC mit Bildschirm und dem obligaten Drucker – man war noch sehr aufs Konservieren in physischer Papierform orientiert – etwas im fünfstelligen Bereich.

Heutige Rechner kosten noch einen Bruchteil des Preises von damals und leisten dazu noch ein Mehrfaches der damaligen Geräte. Und: IBM verkauft keine PCs mehr, dafür ist der frühere Konkurrent Apple, welcher lange Zeit ein Schattendasein fristete, inzwischen allgegenwärtig und mit unzähligen weiteren Peripheriegeräten in unserem Alltag präsent. Wie sich doch die Zeiten ändern.

Vom Krieg profitiert

Technologie hatte immer schon seinen Preis und dieser ist ganz zu Beginn relativ hoch. Dabei ist häufig nicht einmal sicher, ob die Investitionen in eine Technologie beziehungsweise in deren Weiterentwicklung je einmal amortisiert werden können.

Das war bei der heutigen «friedlichen Nutzung» der Kerntechnologie nicht anders. Ihr voraus gegangen waren intensive Forschungsarbeiten unmittelbar vor, dann aber vor allem während des Zweiten Weltkriegs. Sie fand damals einen ersten traurigen Höhepunkt mit dem Abwurf von Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki.

Man kann nur mutmassen, ob die Kerntechnologie heute auch so weit wäre, hätte man damals während den Kriegsjahren nicht so intensiv geforscht. Sicher aber ist, dass für diese Erforschung viel Lehrgeld aus den damaligen Kriegskassen floss.

Natürlich reichten diese Erkenntnisse noch nicht aus für die heutige Nutzung in AKWs, soll doch bei Letzteren eine kontrollierte und nicht eine unkontrollierte Reaktion wie im Falle einer Bombe vonstatten gehen. Für diesen Teil der Weiterentwicklung der Kerntechnologie zahlte auch die Schweiz ihren Preis beim Versuchsreaktor Lucens – mit katastrophalen Folgen und ohne wirtschaftlichen Nutzen.

Vielleicht liegt es auch daran, dass noch nie jemand aufgerechnet hat, wie viele Unsummen für die Nutzung dieser Technologie aufgewendet wurden, wenn davon gesprochen wird, dass Atomstrom günstig sei. Hätte nicht die Allgemeinheit die relativ intensive «Grundlagenforschung» bezahlt – gäbe es also eine Kostenwahrheit – dann wären der Preis für Atomstrom heute für alle sichtbar teurer.

Stattdessen wird nicht nur bloss dieser Aspekt ausgeblendet. Man stellt die heutigen Preise für erneuerbare Energien in ein schlechtes Licht und blendet dabei auch aus, dass zum Beispiel im Bereich der Photovoltaik erst seit den 1970er Jahren verstärkt versucht wird, diese wirtschaftlich interessant zu machen, also 20 bis 30 Jahre später als dies bei der Atomenergie der Fall war.

Erneuerbare werden günstiger

Ausgeblendet wird ebenfalls diese Tatsache:

Preisentwicklung Solarstromanlagen in Deutschland

In nur fünf Jahren sank in Deutschland der Preis für Solarstromanlagen um 45 Prozent. Nur der Preis für die Sonne blieb unverändert: Die gibt es nämlich gratis dazu. Darum überrascht es auch nicht, dass gemäss einer Studie in Deutschland ab nächstem Jahr die Netzparität für private Haushalte erreicht werden soll, dass also Strom von der Sonne gleich viel kosten soll wie «normaler» Strom aus den bisherigen Quellen.

Derweil scheint der Preis für Atomstrom nur noch zu steigen. So «günstig» wie die bisherigen fünf Schweizer AKWs würden neue AKWs sicher nicht mehr. Das hat vor allem mit den gestiegenen Sicherheitsanforderungen zu tun. Seit dem «11. September» haben AKWs in jedem Fall auch einem gezielten Flugzeugabsturz stand zu halten – um nur einen Aspekt in Sachen erhöhter Sicherheit zu nennen.

Darum sind Stromkosten-Vergleiche zwischen Kernkraft, Wasserkraft, Sonnenenergie usw., welche sich auf die heutigen oder auf frühere Kosten für Stromerzeugungsanlagen abstützen, völlig unsinnig.

Genauso unsinnig sind auch Angaben über die Kosten eines neuen AKWs. Die Schweizer Stromkonzerne sprechen von 10 bis 12 Milliarden Schweizer Franken für zwei AKWs, andere von 27 Milliarden. Nur: Wie kann man über Preise sprechen, wenn man noch gar nicht weiss, was für ein AKW gebaut werden soll?

Verzerrter Atomstrom-Preis

Genau aus dem gleichen Grund, nämlich weil noch nicht bestimmt wurde, was am Ende steht, ist es wenig verständlich, wenn heute von einem absoluten Atompreis gesprochen wird. Konkret: Noch immer ist kein Endlager gebaut, womit auch noch immer nicht klar ist, wie hoch diese Kosten zu stehen kommen.

Aus dem Bau unzähliger Tunnels sollten wir Schweizer inzwischen wissen, dass es immer wieder geologische Überraschungen beim Bohren durch unzählige Gesteinsschichten gibt – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Kosten. Das wird bei einem Tiefenlager für die Endlagerung der radioaktiven Abfälle nicht anders sein.

Letzteres soll zudem erlauben, dass der Atommüll schlimmstenfalls rückholbar ist. Das heisst, es soll auch eine längere Überwachung stattfinden, wobei nicht ganz klar ist, wie lange hier überwacht werden sollen und somit auch nicht klar ist, wie hoch die Kosten hierfür sein werden.

Zurzeit Moment rechnet man (spekulativ) mit Entsorgungskosten von rund 13 Milliarden Schweizer Franken (Basis: 2006). Neue Berechnungen sollten in diesem Jahr erfolgen. Für diese Kosten sind die AKW-Betreiber verpflichtet, einen Entsorgungsfond zu speisen.

Dessen Kapital belief sich per Ende 2008 aber erst auf rund 2,31 Milliarden und dies obwohl vier der fünf Schweizer AKWs mindestens die Hälfte ihrer ordentlichen Betriebsdauer von 50 Jahren hinter sich haben. Zu diesem Zeitpunkt sollte der Entsorgungsfond aber auf 6,3 Milliarden angewachsen sein. Atomstrom müsste also teurer sein, um diesen Rückstand aufzuholen…

Preise von heute statt von morgen

Immer wieder betonen die AKW-Befürworter auch, wie günstig Uran sei und dass diese endliche Ressource noch über hundert Jahre reichen würde. Damit wird suggeriert, dass dank schier unerschöpflichen Vorkommen Atomstrom immer günstig bleibe. Dieser Eindruck wird auch noch durch die folgende Äusserung verstärkt:

Schliesslich stünden auch noch alternative Uranquellen zur Verfügung, z.B. die Urangewinnung aus Phosphaten oder aus Meerwasser.

Vorab: Der Endpreis, den wir Konsumenten bezahlen, hängt bei weitem nicht vom Uranpreis ab. Hier spielen in einer freien Marktwirtschaft Angebot und Nachfrage auf dem Strommarkt eine Rolle, wobei beide, Angebot und Nachfrage, sehr häufig vom Klima und den Jahreszeiten abhängig ist.

Die AKW-Befürworter gehen zudem vielfach vom heutigen, die AKW-Gegner vom zukünftigen Uran-Bedarf aus. Deutschland hat bekanntlich den Ausstieg vom Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Frankreich setzt voll auf Atomenergie, ebenso wie die USA. Auch die aufstrebenden Mächte wie China oder Indien planen und bauen eifrig neue AKWs.

Es versteht sich darum von selbst, dass damit der Bedarf an Uran steigen wird und dadurch die Annahme, der Preis für Uran bleibe auf dem heutigen Niveau, falsch ist. Denn auch hier bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis.

Und die Urangewinnung aus Phosphaten oder aus dem Meerwasser ist zwar heute technisch machbar. Doch wie schon bei anderen Aspekten weiter oben wird auch hier etwas ausgeblendet: Diese Methoden der Uran-Gewinnung sind heute in keiner Weise wirtschaftlich. Sie würden den Uran-Preis entsprechend verteuern.

Teurere alte, billigere neue Technologien

Nebst diesen «handfesten» Punkten gibt es auch noch einen schwer fass- und kalkulierbaren Punkt, der den Atomstrom eigentlich massiv verteuern sollte. Man kann ihn «Restrisiko» nennen.

Es ist eine Tatsache, dass die Versicherungsdeckung der AKW-Betreiber für den Fall eines Unfalls viel zu klein ist. Der volkswirtschaftliche Schaden bei einem solchen, hoffentlich nie eintretenden Ereignisfall ist auch kaum abschätzbar. Zu tragen hätte dieser Schaden darum wiederum die Allgemeinheit…

Atomstrom ist heute billig, weil schon in der Vergangenheit – und wohl auch noch in Zukunft – immer die Allgemeinheit und nicht der Verursacher gewisse Kosten getragen hatte, währenddem die Stromkonzerne Gewinne verbuchten und noch immer verbuchen.

Atomstrom wird aber in Zukunft wegen höheren Sicherheitsanforderungen und wegen sich verknappenden Uran-Reserven in jedem Fall teurer. Alles andere ist ein Märchen. Demgegenüber werden die erneuerbaren Energien immer günstiger.

Wie eingangs erwähnt, hatte Technologie immer schon seinen Preis und dieser ist ganz zu Beginn relativ hoch. Jetzt ist der Moment da, wo die Preise der Technologien im Bereich erneuerbarer Energien sinken. Gut so!

2 Antworten auf „Billiger Atomstrom?“

  1. Ja es soll in den usa das erste Gebiet geben, wo Solarstrom billiger angeboten wurde als Atomstrom, dieser Trend wird sich sicherlich noch verstärken in Zukunft….
    Mehr Infos zum Thema Strom, Strom sparen, Ökostrom

  2. Wie es um die Strompreise steht, wissen wir seit heute genau:

    Der Strommarkt sei unter Druck, die Preise tief! ,
    die Gewinne geschrumpft (Axpo + Co), trotz rekordhohem Export, wegen des tiefen Euro!

    Und was tut man in dieser Situation? Man erhöhte die Preise für den Verbraucher. Ist ja marktwirtschaftlich nicht ganz verständlich, aber irgendwoher müssen die Ausschüttungen und Boni herkommen.

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