Heute ist (moral)frei

Moral. Man darf dieses Wort kaum laut aussprechen, denn moralische Grundsätze, wie sie auch immer lauten mögen, setzen viele mit Einschränkungen gleich. Und einschränken will sich ja schliesslich niemand. Oder?

Zurzeit stehen die Banken ganz oben auf der «Liste der Moralfreien». Es hetzt sich gut gegen sie und – ja, es scheint sich bis anhin wenig verändert zu haben. Boni wurden trotz Krise, Milliardenverluste und staatlicher Unterstützung weiter ausbezahlt und werden es auch immer noch, jetzt, wo es den Banken ja langsam wieder besser geht erst recht…

Doch moralfrei, das wissen wir eigentlich alle, tummelt es sich auch unter uns «Normalos». Gut beschrieben hat dies Michael Jürgs, ein Urgestein der deutschen, schreibenden Gilde. Obschon der Schluss seines gestern im «Tagesspiegel» erschienenen Artikels «Geist ist Ungeil» etwas gar einfach ausfällt und der gesamte Artikel einer Pauschalisierung gleich kommt, sei hier dieser Artikel zum Lesen empfohlen.

Und moralfrei tummelt es sich auch hinter den Kulissen sehr gut. Neu ist das zwar nicht, doch darüber reden oder schreiben tut trotzdem niemand – ausser Matthias Daum. Sollten Sie seinen Artikel «Der Politikerflüsterer» vom 23.07.2009 in der «Zeit» noch nicht gelesen haben, dann können Sie das nun ja noch nachholen.

Schliesslich noch die Worte jener Bundesrätin, welche mit ihrem treuherzigen Rehblick und abonniertem Dauerlachen an der 1. August-Feier in Zürich zu mehr «WIR statt Ich» aufrief.

Ob wenigstens diejenigen, welche in Bundesbern bisher wohl aus Eigeninteresse gegen Medikamenten-Parallelimporte stimmten, sich in Zukunft die Worte von Frau Leuthard zu Herzen nehmen und damit mehr ans WIR statt ans Ich denken?

2 Antworten auf „Heute ist (moral)frei“

  1. Der Beitrag von Michael Jürgs war trotz verschwurbeltem Einstieg und den (bewusst) plakativ gesetzten Beispielen aus den verschiedenen Bevölkerungsschichten eine kleine Leseperle.
    Damit präsentiert der Autor unserer Gesellschaft das Ergebnis der gescheiterten Laisse-Faire-Kultur und Kuschelpolitik.
    Danke Titus für den Link.

  2. Ich bin mir nicht so sicher, worauf diese «Ergebnisse» zurückzuführen sind. Wir kennen leider den Hintergrund all dieser Beispiele nicht. Sind es mehrheitlich die Kinder so genannt reicher Eltern? Sind es die Kinder besonders strenger Eltern? Oder eher das Gegenteil: Besonders lascher Eltern? Oder sind es die Kinder, welche zu Hause wenig Zuneigung erhalten haben, ungeachtet des jeweiligen Sozialstatus?

    Ich weiss es nicht. Aber vielleicht kennt ja jemand, der hier mitliest, irgendeine interessante, aufschlussreiche Studie dazu?

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