Das Fielmann-Prinzip

Hinter Werbung stecken häufig viele kluge Köpfe, welche sich viele kluge Gedanken darüber gemacht haben, wie sie am besten etwas an den Mann oder an die Frau bringen können. Und manchmal lässt sich daraus auch ein Prinzip ableiten…

«Wenn Du Dein Leben noch einmal leben könntest, würdest Du alles noch mal genauso machen?» Diese Frage kennen wohl viele noch aus der Fielmann-Werbung:

Die sachliche Antwort

Die Antwort der Werber auf die eingangs erwähnte Frage lautet: «Nicht ganz: Ich würde von Anfang an meine Brillen bei Fielmann kaufen.»

Sachlich betrachtet – und wenn man den Aspekt des Optikers weglässt, um den es in dieser Werbung geht – heisst das:

Ja, ich würde alles noch mal genauso machen.

Scheint Ihnen dieser Satz nicht auch irgendwie verdächtig? Kennen wir den nicht schon von irgendwo her?

Doch, ja, wir kennen ihn. Da wäre zum Beispiel Bundesrat Merz, welcher ihn am 20. November 2009 im «20 Minuten»-Interview bezüglich Libyen-Reise sagte. Diese würde er wieder genauso machen, obschon bis heute nichts dabei herausgekommen ist.

Und sein ehemaliger Arbeitskollege und heutiger FINMA-Präsident Eugen Haltiner meinte am 9. November 2009 in einem Interview gegenüber der «NZZ» ebenfalls, dass er wieder gleich handeln würde. Das heisst, er würde wiederum Bankkundendaten an US-Behörden herausgeben lassen. Das Bundesverwaltungsgericht erachtet dies zwar als unrechtmässig, womit der Entscheid der FINMA einer Verletzung des Bankgeheimnisses gleichkommt.

Voreilige Eigen-Beurteilung

Wären einige inzwischen von der medialen Bildfläche verschwundenen Persönlichkeiten etwas Interview-freudiger, bekämen wir diesen Satz bestimmt noch häufiger zu hören. Mögliche Namen insbesondere von ehemaligen Verantwortlichen von Schweizer Grossunternehmen kann sich jeder selbst ausdenken…

Gegen diesen Satz ist an sich nichts einzuwenden – sofern er zum richtigen Zeitpunkt geäussert wird. Der Fielmann-Werbung ist nämlich auch zu entnehmen, dass es zwei ältere Herren sind, die den Lebensabend geniessen und quasi Bilanz über ihr Leben ziehen.

Dieser Satz setzt somit voraus, dass sich die «Turbulenzen des Lebens» gesetzt haben. Davon kann bei den Herren Merz und Haltiner, beide noch in ihren jeweiligen Ämtern tätig, nicht die Rede sein. Sie resümieren beide ihre Handlungen schon bevor die Sache gänzlich ausgestanden ist.

Über sich, seine Handlungen und deren Auswirkungen in einem grösseren und längerfristigeren Kontext nachzudenken und dabei eine Vogelperspektive einzunehmen ist nicht einfach und auch nicht jedermanns Sache.

Wer jedoch vorschnell von sich ein Urteil abgibt, wird nicht ernst genommen. So ist es auch in der Fielmann-Werbung: Ungeachtet der eigentlichen Antwort kommt diese so schnell und unreflektiert, dass man sie schon ob dieses Tempos gar nicht ernst nehmen kann.

Fehlbare Seite zeigen

Auch das öffentliche Ausüben von Selbstkritik von im Rampenlicht stehenden Personen ist keine einfache Sache. Andererseits wissen wir alle, dass niemand perfekt ist. Hinzustehen und Fehler zuzugeben – und zwar nicht erst wenn man in der Defensive ist – macht Menschen erst recht menschlich.

Solche Persönlichkeiten sprechen uns besser an als jene, welche stur die Position eines Unbeirrbaren einnehmen. Und wenn man sich schon für unbeirrbar hält, dann wäre Zurückhaltung mit öffentlichen Urteilen über sich und seine Handlungen gewiss geschickter. Alles andere wirkt nur arrogant.

Das Fielmann-Prinzip – das vorschnelle und positive Beurteilen der eigenen vergangenen Handlungen ohne langes Nachdenken: Es scheint nicht immer angewandt zu werden – aber offensichtlich immer öfter.

Wie steht es mit einer Kultur des öffentlichen, selbstkritischen und befreienden Eingestehens von Fehlern?

21 Antworten auf „Das Fielmann-Prinzip“

  1. „Wie steht es mit einer Kultur des öffentlichen, selbstkritischen und befreienden Eingestehens von Fehlern?“

    Diese Kultur würde allerdings vorausschicken, ich sehe „meinen Fehler“ ein. Bei den erwähnten Herren kann davon keine Rede sein. Die haben nämlich nur „auf oberen Befehl“ gehandelt bzw. nicht gehandelt und sind sich deshalb „keiner Schuld“ bewusst. Titus, solche Herren sind lediglich Marionetten. Sie MÜSSEN das tun, was sie TUN. Und das betonen sie ehrlicherweise in Interviews auch immer wieder.

  2. Ich denke schon, dass sie insgeheim wissen, dass da oder dort etwas schief gelaufen ist. Und wenn sie sagen, sie müssten etwas tun, dann mag ich das auch nicht so recht glauben, schon gar nicht, wenn die Frage umgedreht wird und gesagt wird: „Was hätten Sie getan?“

    Denn: Hinter solchen Personen steckt oftmals ein ganzes Heer von gescheiten Leuten. Entweder beraten diese schlecht, oder die fraglichen Personen wollen nicht auf deren (gute) Alternativen hören. In jedem Fall erscheint es mir immer irgendwie fragwürdig wenn’s heisst: Es gab nur diese eine Lösung…

  3. Du hast mich wohl nicht ganz verstanden: Diese Herren haben wohl mehr oder weniger gescheite Leute um sich geschart, doch diese Herren sind in „Brot und Würde“ – in diesem Falle wohl – der UBS. Dann gibt’s halt trotz aller fundierten Einwände nur EINE Lösung. Das tönt ungeheuerlich und ich selbst brauchte dazu auch ein paar Jährchen (und hinter die Kulissen gucken), um eine solche Ungeheuerlichkeit gedanklich aufnehmen zu können. Solche rückgratlose Herren (hie und da auch Frauen), und nur SOLCHE, kommen in solche Positionen – nicht nur in der Politik.

  4. Wäre es möglich, dass gewissen Herren (und auch Damen)der nötige Hintergrund und das Wissen für Entscheidungen fehlt? Wie auch? Wie soll man ein noch nie dagewesenes Ereignis beurteilen, wie soll man entscheiden? Wie heisst es doch nicht umsonst: Aus Fehlern wird man klug. Deshalb wäre es sympahtischer wenn der Eine oder Andere mal einen Bauchentscheid fällen würde, anstatt sich durch Einschüchterung, Unwissenheit zu Fehlentscheiden leiten lässt.
    Lieber mal eine Bauchlandung bei der man weiss, dass sie aus einer eigenen Entscheidung raus erfolgte als nachher den Kopf hinhalten für Entscheidungen die andere für einen gefällt haben.

    Alle trampen z.B. auf Merz rum wegen seinem Alleingang nach Lybien. War vermutlich aus einem Bauchgefühl raus. Aber…was hätten WIR getan, wie hätten WIR reagiert?
    Und wie wäre Merz dagestanden, wenn er mit den Geiseln nach Hause gekommen wäre?
    Wir meinen, immer alles besser zu wissen, aber würden/könnten wir es wirklich anders oder besser machen?

    Übrigens, die Mitteilung/Aussage der Fiehlmann-Werbung ist schon richtig. Der Mann ist zufrieden mit dem was er im Leben erreicht hat, er würde alles wieder gleich machen. Ausser eben von Anfang an zu Fiehlmann zu gehen. Vielleicht gab es den dazumal noch gar nicht oder Fiehlmann hat noch nicht so arg in Werbung gesetzt.

  5. @ BodeständiX
    Ich nehme an, Du sprichst auf jenen Artikel an, wonach die beiden Herren quasi auf Bitten seitens UBS die fragliche Datenlieferungen absegneten.

    Zwar glaube ich auch, dass generell in der Wirtschaft gewisse Seilschaften bestehen, mit denen man sich gegenseitige Vorteile verschafft (inoffizielle Preisabsprachen, Gebiets- oder Marktaufteilungen, Absichern oder Zuschanzen von Posten usw.).

    In diesem Fall hier sehe ich jedoch keine Vorteile für die beiden Herren. Sie stehen weder auf der Lohnliste der UBS noch können sie von ihr Aufträge erwarten noch werden ihre Posten abgesichert noch weiss-ich-was. Ich sehe einfach nicht, weshalb sie sang- und klanglos der UBS folgen sollten – ausser es laufen im Hintergrund gewisse Dinge ab, die den beiden (oder ihrer Partei) irgendwelche Vorteile verschaffen…

    @ Ate
    Richtig, aus Fehlern wird man klug. Aber genau das ist ja der Punkt: BR Merz meint, er würde alles wieder genau gleich machen, das heisst, er sieht keinen Fehler bei sich.

    Es gab kürzlich einen SF-«Reporter»-Film über BR Merz. Darin sagte er selbst, dass er am Morgen des Abflugs meinte, er hätte ein ungutes Gefühl. Wäre er seinem Bauch gefolgt, hätte es den Flug nach Libyen nicht gegeben.

    Zur Frage, was denn wir getan hätten: Ich halte diese Fragen in mehrfacher Hinsicht für völlig falsch. Sie zeigt, dass, wer so fragt, in der Defensive ist. Sie zeigt auch eine gewisse Hilflosigkeit. Herr Gaddafi wird sich ins Fäustchen gelacht haben bei dieser Frage seitens Bundespräsidenten…

    Sie kolportiert uns, die Gefragten, zudem in die Position des Bundespräsidenten. Das ist unfair, denn wir verfügen nicht über die gleichen Mittel, Massstäbe und übers gleiche Wissen wie er damals. Inzwischen wissen wir aufgrund gewisser Indiskretionen auch etwas mehr über die bisherigen Bemühungen insbesondere seitens EDA.

    Wir können jedoch davon ausgehen, dass wir dennoch vieles noch nicht wissen, gerade was zum Beispiel der Inhalt der Gespräche zwischen Task-Force und libyscher Regierung betrifft. Da gibt es innerhalb der Bundesverwaltung bestimmt noch weitere Berichte über die Eindrücke, den Verlauf oder über Äusserungen anlässlich dieser Verhandlungen, welche die Öffentlichkeit nicht kennt.

    Ohne über alle diese Informationen zu verfügen uns zu fragen, was wir besser gemacht hätten, finde ich deshalb nicht fair. Diese Frage kann er an die Aussenministerin richten, aber nicht an uns.

  6. „Aus Schaden wird man klug“. Sagt ein anderes Sprichwort, allerdings muss man diese Klugheit dann auch einsetzen. Ich denke da auch an den aktuellen Scherbenhaufen bei der Post. Auch da würde BR Leuenberger wohl alles noch einmal genauso machen, denn bei der Rekrutierung des neuen Post-Präsidenten lief ja alles „absolut korrekt“ ab.
    Nur, die „Dinge richtig tun“ ist nicht das selbe, wie „die richtigen Dinge tun“.

  7. Ursprünglich wollte ich tatsächlich auch diesen Fall reinnehmen, weil er zumindest gleich ankommt. Auch dachte ich an alt-BR Schmid bezüglich Ernennung von Roland Nef.

    Aber ich hätte beiden Worte in den Mund gelegt, die sie nicht sagten. Darum liess ich das weg, obschon bei uns schliesslich der gleiche Eindruck vorherrscht. Und nicht selten missverstehen wir andere, weil wir nicht genau hinhören (oder weil wir nur gewisse Dinge hören oder gehört haben wollen…).

  8. das fielmann-prinzip ist keine erfindung der werber, sondern eine art „volksmund“, denn fast jeder gibt auf die fielmann-frage genau diese antwort (er würde alles gleich machen). es ist eine art stillschweigendes eingeständnis, dass fehler, und seien es noch so grobe, einfach zum leben gehören. aus dieser weitverbreiteten haltung haben die werber eine geschichte destilliert, die man in 20 sekunden erzählen kann. sie haben das sehr gut gemacht, der laden brummt. nicht zuletzt deshalb, weil fielmann sein werbeversprechen auch einhält (preis, qualität, service etc.).

    was ich damit sagen will: werbung nimmt fast immer eine vorhandene stimmung auf und macht eine geschichte daraus. so ist „ich bin doch nicht blöd“ auch nicht ein mediamarkt-prinzip, sondern die allg. stimmung bei den konsumenten, die durch mediamrkt überhöht, bestätigt und medial besetzt wird.

  9. Also mir kommt das eigentlich sehr bekannt vor, dass mit der einzigen Lösung, manchmal denke ich auch nur noch an „Ultima Ratio“… Danach ist es ja dann immer gut wenn man sagt, es gab nur diese eine Lösung und noch besser wenn man dazu hängt, es war nicht nur die einzige sondern auch die beste und effizienteste… 😉 Tönt dann wenigstens gut und souverän, völlig egal ob es noch so schief gelaufen ist, es war ja die einzige und die beste, also gab es ja keine Alternative… Und wenn es denn welche gab, dann sagt man die nicht und wenn jemand die im nach hinein erwähnt, tut man eben völlig überrrascht und wie wenn man sie das erste mal gehört hat – danach ist es ja ohnehin gelaufen – wenn es schief gelaufen ist, kann man ja immer noch sagen „…hätte jemand diese Idee schon vorher gebracht, dann…“ aber sonst ist ja alles gut…

  10. Betreffs Mediamarkt Spruch: Den verstehe ich immer so, dass nur blöde im Mediamarkt einkaufen gehen… Denn es heisst ja „Mediamarkt? Ich bin doch nicht blöd!“ jedenfalls am TV tönt es genau so, wird wohl ein Fehler und kaum die eigentliche Aussage sein… Aber ändern nützt nun auch nichts mehr, dumm gelaufen! 😉

  11. Du scheinst mich ein wenig missverstanden zu haben Titus. Ich dachte dabei an die endlosen Kommentare unserer CH-Bürger, die wie in den Lybien-Beispiel über Merz herfielen. Geeint standen sie da, liessen ihre Hirne qualmen, brachten ihre Fingerkuppen durch Kommentare schreiben zum glühen und zogen eben damit Merz ins Lächerliche. Darum meine Frage, was und wie wir es denn besser/anders getan hätten.

    Und nun nur auf diese Lybien-Aussage von Merz bezogen: Ich hätte es auch so getan und würde es auch wieder machen. Nur hätte ich ein paar Tage länger ausgeharrt. Und siehst Du, ich bin kein Spürchen besser wie diese Besserwisser.

    Andere Frage, die in Bezug auf die Geiseln scheinbar noch nie gestellt wurde. Die ältere Geisel ist Schweizer/Tunesischer Doppelbürger. Diese Frage darf mir erlaubt sein: Warum hat sich Tunesien nicht und nie für ihren Bürger eingesetzt? Will man sich da mit Ghadaffi nichts verderben?

    Fast hätte ich meine Frage zwecks Auffrischung vergessen: Wie hätte das Schweizer Volk reagiert, wenn Merz mit den Geiseln zurückgekehrt wäre?

    P.S. Wenn ich Dich schon an der Strippe habe, so würde ich gerne erwähnen, dass ich da noch etwas Ungeschriebenes vermisse. Doch lasse es gut sein, ich werde es unter „Unaufgeklärtes“ ablegen.

  12. Viele Punkte auf einmal, Ate… 🙂

    Ich beginne am Schluss: Ich lösche keine Kommentare in anständigem Ton, ausser es wäre ein manueller Spam-Kommentar (kommt selten vor). Da Dir dies aber nicht nur bei mir passiert, vermute ich den Fehler bei der Benutzerin… 😉 Könnte es sein, dass zu ungeduldig bist und schon weiterklickst, bevor da etwas von wegen «Dein Kommentar wartet auf Freischaltung» steht?

    Zu Deinen Punkten: Es ist auffällig, wie häufig BR Merz in den letzten Monaten «Feuerwehrmann» spielen musste. Grund dafür ist, dass Situationen eingetreten sind, die niemand voraussah – oder voraussehen wollte…

    Es geht hier nicht um Bagatellen – schon gar nicht wenn bundesrätliches Notrecht gesprochen werden muss. Es ist der Bundesrat selbst, der auf seiner Website schreibt: Gouverner, c’est prévoir. Aber wenn wiederholt in aller Eile Hauruck-Übungen durchgeführt werden müssen, dann hat doch irgendwo etwas oder jemand versagt. Nochmals – es geht hier nicht um Bagatelle. Diese «grossen Katastrophen» entstanden nicht einfach so über Nacht…

    Zur Libyen-Reise: Man reist am nächsten Morgen nicht einfach so nach Libyen, nur weil der Premierminister eines bekannterweise unzuverlässigen Staates am Abend anruft und informiert dabei nicht einmal die Aussenministerin. Wenn nach monatelangem Seilziehen nichts Fruchtbares herausgekommen ist, warum soll sich das dann plötzlich ändern? Gaddafi ist auch nicht dumm. Er weiss ganz genau, dass Merz die Genfer Justizbehörden nicht zum Galgen führen kann. Der libysche Machthaber hat monatelang gespielt und tut dies auch seit der Rückkehr von Merz weiter…

    Zur älteren Geisel: Da wären wir genau an dem Punkt, den ich oben meinte: Vielleicht gab es ja auch Bemühungen seitens tunesischer Regierung, nur wissen wir darüber nichts.

    Das Schweizer Volk hätte höchstens mit Genugtuung reagiert, wenn BR Merz mit den beiden Geiseln zurückgekehrt wäre. Die Medien hätten sich auf die beiden gestürzt und von Merz hätte man nicht mehr viel gehört – aber er hätte sein Gesicht nicht verloren 😉

  13. „Wie steht es mit einer Kultur des öffentlichen, selbstkritischen und befreienden Eingestehens von Fehlern?“

    Da steht es wirklich schlecht.
    Die meisten Politiker/Innen meinen, es fällt ihnen ein Zacken aus der Krone, wenn sie Fehler eingestehen.

    „Ich würde es wieder gleich machen“ ist nur akzeptabel, wen der Sprecher auch sagt „Mit dem damaligen Wissen“.
    Das zeigt, dass sie damals etwas überlegt haben.
    Wenn sie nach heutigem Kenntnisstand wieder die gleichen Fehler machen würden, auch wenn sie wissen, dass ihr handeln von Gerichten kritisiert wird, gelten sie für mich als einsichtig/beratungsresistent.

  14. Das Problem sind nicht nur die PolitikerInnen. Leider ist es nicht wirklich einfach, diese Fehlereingesteh-Kritik-Kultur zu entwickeln. Wenn jemand einen Fehler eingesteht, dann wird sie/er sofort kritisiert, zum Rücktritt aufgefordert. So lange ich nicht ausserhalb der Politik meine Fehler zugeben kann ohne eins auf den Deckel zu bekommen, sieht es im Bundeshaus auch nicht viel besser aus.

    Allerdings bedeutet ja das Eingestehen von Fehlern und das Verständnis der anderen nicht, dass man unvorsichtig sein darf oder Fehler einfach ok sind. Das wird aber oft so verstanden. Es geht nicht nur um das Eingstehen und Akzeptieren des Fehlers, sondern auch um den wirklichen Willen das Richtige richtig zu tun.

  15. Es hat wohl auch noch mit dem «Stärken-/Schwächen-Schema» zu tun: Viele betrachten das Eingestehen eines Fehlers als Schwäche. Dass es dafür auch Mut braucht und somit ein solches Eingeständnis auch als Stärke gewertet werden kann, haben viele noch nicht verstanden.

    Wichtig scheint mir, aus Fehlern zu lernen. Das kann man nur, indem man bereit ist, sie zu akzeptieren. Wer jedoch von sich gibt, dass er wieder alles gleich machen würde, ist weit entfernt davon…

    Die Forderung nach Rücktritt usw, Flöschen, scheint mir sehr häufig reiner Populismus zu sein. Sie kommt auch oftmals von einer eher kleineren politischen Gruppierung, welche sich dadurch eine gewisse Publizität erhofft und welche politisch ohnehin auf der anderen Seite steht. Sie ist darum schon deshalb nicht glaubwürdig.

    Das versteht man auch in der Bevölkerung sehr gut, weshalb wir solche Verbalattacken dementsprechend schnell abtun.

    Und: Ich denke, das gemeine Volk kann auch verzeihen. Typisches Beispiel hierfür ist z. B. Samuel Schmid, der heute trotz seiner Fehlbesetzung was den Chef der Armee und des entsprechenden Nachspiels betrifft, immer noch hoch angesehen ist und keineswegs geächtet wird.

    Was wir aber nicht goutieren, ist, wenn uns Dinge verschwiegen oder wir angelogen werden. Damit wird dann eben leider nicht das Richtige richtig getan. Ob man uns anlügt oder etwas verschweigt, wissen wir aber (noch) nicht. Hier sind es wohl unsere Instinkte, die uns sagen, ob man einer Aussage oder einer Person misstrauen will/soll/muss.

  16. Samuel Schmid wird, min. in der Presse nicht geächtet, sondern sie ignoriert ihn einfach.
    Wenn sein Name in 1 Jahr fällt sagen die meiste „Häää, wer ist das?“

    Die Elite lügt ja immer in der Hoffnung, das es nicht herauskommt. Sie hat vor lauter Angst, dass es heraus kommen könnte, schlaflose Nächte.

    Wie es herauskommt, dass ein Politiker auch nur ein Mensch mit Fehlern und Kanten ist?
    Das haben in letzter Zeit nur wenige ausprobiert.

  17. Wen ich angelogen oder verarscht werde:
    ich vergiss das nicht so schnell. Einige wenige Fehlhafte haben es mit mir für lange verdorben.
    $Beispiel ist die Plattenfirma, die einen Virus zur DRM auf Musik-CDs getan haben.
    Seither habe ich nie mehr etwas von dieser Firma gekauft.
    Obwohl: dass ist schon über 10 Jahre her.

  18. Mir scheint, wir beide stehen uns momentan ein wenig auf den Füssen rum. Mein P.S. hatte überhaupt nichts mit Deinem Blog oder dessen Thema zu tun. Da war nichts, dass auf Freischaltung warten musste.

    Es ist auffällig wie häufig BR Merz in den letzten Monaten Feuerwehrmann spielen musste, schreibst Du. Tja, was macht ein guter Feuerwehrmann, dem das Wasser zwar bis zum Hals steht, aber dem das benötigte Wasser zu Löschen unerreichbar ist? Mit seinen Füssen könnte er versuchen es zu zerstampfen, sein Hirni aber sagt ihm, dass das ein Ding der Unmöglichkeit ist. Was macht der Gute also nun? Stampft er weiter, oder lässt er das Feuer brodeln?

  19. Also entweder bläst er das Feuer aus oder er ergreift sich einen Grashalm, taucht ganz unter und atmet solange durch eben diesen Grashalm, bis dass das Feuer erloschen ist 🙂

    Ate, kein Feuerwehrmann rennt einfach so in ein brennendes Haus, nur weil ihn jemand aus dem fünften Stock zuruft. Die eigene Sicherheit und damit die eigene Position geht immer vor.

    Wenn schon einfach grundlos zwei Schweizer festgehalten werden, dann ist es einfach naiv zu glauben, dass irgendein Fetzen Papier eine Bedeutung hätte. Merz hätte seine Position absichern sollen, indem er, wenn er schon als Bundespräsident ins Ausland reist, WENIGSTENS ein Treffen mit Gaddafi, Staatschef, auf sicher zugesagt gehabt hätte. Das hat auch mit gleicher Augenhöhe zu tun.

  20. Das Fehler als Schwäche angesehen wird hat weitreichende Konsequenzen.
    Das Handeln ist oft daraus ausgerichtet, ja keinen Fehler zu machen, für den man nachher kritisiert werden könnte.
    Man versucht nicht mehr, das Richtige zu tun und mit dem Risiko der Fehlentscheidung zu leben.
    Man vermeidet nur noch Fehler zu machen.

    Zu Merz: ich habe ihn schon sehr früh kritisiert (sorry, mein blog ist jünger), wenn auch aus anderen Gründen.
    Wenn er mit den Geiseln zurückgekehrt wäre, wäre er heute der Held.

    Der Nachteil seiner Aktionen: er Scheise gebaut.

    Aber ganz wichtig:
    Der Vorteil: er hat aus seiner Sicht das Richtige getan und hat riskiert, nachher als Trottel dazustehen, zuu scheitern.
    Also, trotz allem: Hochachtung von BR Merz

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