In der Stadt Zürich sowie im Kanton Bern stehen Wahlen an. Soll man daran teilnehmen? Und falls ja, wen soll man wählen?
Es grassiert in diesen Tagen eine Krankheit, welche schlimmer ist als die Schweinegrippe und gegen welche Novartis & Co. kein Gegenmittel haben: Politikverdrossenheit.
Ganz unschuldig sind dabei unsere Volksvertreterinnen und –vertreter nicht. Zu oft versuchen diese, Personen und Parteien mit markanten, sehr häufig polarisierenden Worten in den Mittelpunkt zu stellen.
Ob diese zum Wohle der gesamten Gesellschaft fallen, ist kaum erkennbar. Daher kann es nicht überraschen, wenn der Eindruck entsteht, dass es der heutigen Politik an Gemeinsinn fehlt.
Was tun in dieser Situation?
Wir sind mitverantwortlich
Die Wählerinnen und Wähler sind ob dieser Situation auch nicht unschuldig. Dass sie sich beim ersten Mal ob schlagenden, populären Worten «bestechen» lassen (wer will denn beispielsweise keine Steuersenkungen?), mag einmal durchgehen. Spätestens nach vier Jahren ist aber eine Korrektur vorzunehmen – falls man dies als notwendig erachtet.
Es wäre daher falsch, den Kopf einfach in den Sand zu stecken und nur «die Anderen» wählen zu lassen. Wie sagt der Volksmund doch so schön: Jede nicht abgegebene Stimme ist eine Stimme für den politischen Gegner.
In der Stadt Zürich stehen Stadt- und Gemeinderatswahlen an, im Kanton Bern sind es Regierungs- und Grossratswahlen. Wie üblich bewerben sich mehr Kandidatinnen und Kandidaten als Sitze zur Verfügung stehen. Einige davon, das ist auch üblich, sind lediglich Platzhalter, andere meinen es jedoch ernst mit ihrer Kandidatur.
Welchen Kandidierenden oder welcher Liste soll man seine Stimme geben, von der man ja nur eine hat?
Eine Hilfe hierfür kann Smartvote sein. Dort kann jeder die ihn interessierenden Wahlen auswählen, einige Fragen beantworten und anschliessend nachlesen, wer zu seinen Antworten am besten passt.
Smartvote ist sehr methodisch und verrät wenig über die Personen, insbesondere wie sie (re-)agieren und argumentieren. Wenn eine Person eine Position pro oder contra einer Sache einnimmt, weiss man ja noch nicht genau, warum sie dies tut.
Um das herauszufinden, um mehr über eine Person zu erfahren, um ihr quasi «auf den Zahn zu fühlen», sind mehr als ein paar Antworten zu einigen Fragen notwendig.
Dazu gibt es die klassischen, werbenden Unterlagen wie Parteizeitungen (letzte Woche trafen gleich zwei in der Augenreiberei ein), Plakate, Flyer usw. Sie haben jedoch zwei Nachteile: Es fehlen nicht nur die Gegenpositionen, sondern es mangelt auch an einer neutralen Themenwahl.
Auch bei Standaktionen oder Parteiveranstaltungen fehlt es an beidem. An einer Wahlveranstaltung irgendeiner Partei teilzunehmen grenzt schon etwas an den Gang in «die Höhle des Löwen», sind dort doch fast ausschliesslich Anhänger dieser Partei zu finden.
Und neutrale, unabhängige Podiumsdiskussionen sind selten und verlangen, dass es einem gerade in die eigene Agenda passt.
Jetzt erst recht: Mitmachen statt resignieren!
Dagegen hilft Mark Balsigers virtuelles Wahlbistro, in welchem er tatkräftig von Michael Hermann unterstützt wird. Moderierte Diskussionen sind rund um die Uhr möglich und die Themenwahl erfolgt parteiunabhängig. Kandidierende, die da nicht mitmachen, sind selber schuld, wenn es an der nötigen Gegenposition fehlt…
Mitmachen kann übrigens jeder, egal ob er oder sie für einen Sitz kandidiert oder nur einen Wahlzettel auszufüllen und abzugeben hat.
Allerdings: Ein anonymes Kommentieren ist nicht möglich. Das ist auch richtig so, denn jede und jeder sollte zu seinem Wort stehen können und sich nicht hinter einem Pseudonym verstecken können. Damit diskutieren schliesslich auch alle auf gleicher Augenhöhen.
Das Wahlbistro wurde anlässlich einiger Berner Gemeindewahlen im 2008 auf die Beine gestellt. Es ist eine neue, zusätzliche Form der politischen Diskussion vor Wahlen. Nach Angaben von Mark Balsiger erreicht jeder Kommentar mehr Leute als jede Podiumsdiskussion oder Parteiveranstaltung – Tendenz steigend.
Natürlich stellt das auch andere Anforderungen an alle Teilnehmenden gegenüber einer klassischen Podiumsdiskussion. So müssen beispielsweise die Kandidierenden lernen, auf Nachfragen «aus dem Publikum» einzugehen und nicht bloss ihre Meinung «abzudrücken». Alles andere wäre kein Dialog, sondern nur ein Monolog.
Es spricht schliesslich für oder gegen einen Kandidierenden, ob er sich auf eine Diskussion einlässt oder eben nicht. Das Gleiche gilt beispielsweise auch für den Fall, in dem jemand zu viele Kommentare abgibt. Auch das spricht für oder gegen einen Kandidierenden und dürfte bei einigen Mitlesenden auch schnell «ablöschen» (weniger ist manchmal mehr).
Andererseits ist von den Wählerinnen und Wählern auch eine gewisse Hartnäckigkeit gefragt. Wer sich da zur Wahl stellt und dann auch tatsächlich gewählt wird, sitzt dann vier Jahre lang im gleichen Stuhl. Da darf man schon auch einmal nachhaken, wenn eine Nachfrage oder ein Einwand zu einem Kommentar seitens eines Kandidierenden ausbleibt oder zu schwammig ist – selbstverständlich in anständigem Ton.
Die Diskussionen im Wahlbistro für die Stadt Zürich sind bereits am Laufen, jene für den Kanton Bern beginnen in den kommenden Tagen.
Melden Sie sich jetzt an, wenn Sie mitdiskutieren möchten oder lesen Sie einfach nur mit, wenn Sie sich ein anderes Bild der Kandidatinnen und Kandidaten machen möchten als jenes, das Ihnen dann in Colgate-Manier von den Plakatwänden zulächelt. Denn schlimmer als polarisierende Politikerinnen und Politiker sind Wählerinnen und Wähler, die weder wählen gehen noch sich für die Wahlen interessieren…
Einige Stimmen zum virtuellen Wahlbistro
- Wahlkampfblog (von Mark Balsiger):
«Wahlbistro – Die Antwort auf die anonyme Bashing-Kultur in Foren und Blogs» - Thinkabout (ein Nicht-Kandidierender):
«Das virtuelle Wahlbistro für Zürich ist startklar» - Harald Jenk (ein Kandidierender):
«Vor dem Wählen in das Bistro» - Claude Longchamps (ein Politologe):
«Wahlbistro zu den Berner Wahlen»
Ich warte auf die Partei, die mir folgendes garantiert:$
a) Freibier für Alle
b) Bedingungsloses Grundeinkommen
Dann fühl‘ ich mich nicht mehr so be…issen, weil ich mich beim Wählen lediglich zwischen Pest und Cholera entscheiden kann.
@Titus: Du vergisst politnetz.ch und dass die Piraten mit Listen in Bern und Zürich an den Start gehen.
@BodeständiX: Piratenpartei 😉
@ BodeständiX
Zu a:
Einmalig oder während der nächsten vier Jahre?
Zu b:
Steter Tropfen höhlt den Stein. Das Thema ist heute noch kein Thema in der Politik 🙁
@ Ced
Hoffentlich machen die Piraten auch beim Wahlbistro mit, es kann nur die Diskussion bereichern.
@Titus: Freibier für Alle analog Grundeinkommen: Von der Wiege bis zur Bahre.
Bin gleicher Meinung wie BodeständiX, wenn endlich mal das bedingungslose Grundeinkommen kommen würde oder dieser Punkt wenigstens endlich mal von einer Partei gebracht wird die dann auch dafür kämpft, das wäre mal was… Damit kann dann auch jeder sein Bier kaufen, da brauchts also auch kein Freibier mehr… Dafür wäre es mal an der Zeit sämtliche Entheogene aus dem BTMG zu streichen, ja darunter gehört auch Cannabis…
Und wegen der Politverdrossenheit, bei mir kommen da noch ganz andere Faktoren ins Spiel die regelmässig dafür sorgen das bei mir die Stimmzettel im Shredder landen! Und solange diese Faktoren nicht beseitigt sind wird sich daran auch nichts ändern! Für mich ist das Shreddern der Stimmunterlagen momentan nämlich eine Art Mini-Selbstjustiz gegenüber dem System, eine Art Verzögerungsschädigung solange die anderen Faktoren verzögert werden… Und sollten die Faktoren bis ich sterbe nicht beseitigt sein, dann wandern die Stimmzettel auch bis ich sterbe im Shredder… Ist eben momentan meine Art dem Staat zu zeigen, dass er mir kreuzweise kann… 😉
Eine Ausnahme wäre wenn auf dem Stimmzettel „Bedigungsloses Einkommen für Alle“ (O) JA (O) Nein oder „Streichung sämtlicher Entheogene aus dem BTMG“ (O) JA (O) Nein, stehen würde, denn öffnen tue ich das Couvert schon bevor der Inhalt jeweils im Shredder landet! 😉
@ BodeständiX & Chris
Glaubt Ihr denn, dass sich etwas im Sinne Eurer Anliegen verändern wird, wenn Ihr nicht wählen und abstimmen geht?
…wie wenn sich gross was ändern würde, wenn ich alles schön brav abstimmen würde.
Ich stimme halt nur dann wenn es was interessantes ist, und gerade so Personenabstimmereien interessieren mich nicht im Geringsten, denn ich kenne keinen von denen und wahrscheinlich kommt es ohnehin nicht drauf an wer man wählt, denn sobald gewählt mutieren alle zu braven funktionierenden Roboterchen die machen was man von ihnen möchte, also was solls.
Das gleiche gilt für Dinge wie irgendwelchen Bauten in anderen Gemeinden oder irgendwelche Autostrassen, sorry hab kein Auto und wohne nicht in dieser Gemeinde, also interessiert es mich auch nicht, sind auch meine Stimme nicht wert!
Und so oder so, beschleicht mich ohnehin seit Jahren das Gefühl, dass es vollkommen egal ist was man stimmt, es wird ohnehin gemacht was die wollen – entweder es werden die Wahlen manipuliert oder aber was leider wahrscheinlicher ist, es sind diese dummen und beschränkten „Roboterchen“ die abstimmen, was dann schlussendlich wieder das selbe wie Punkt eins bedeutet… Denn es gibt leider vielmehr dumme und beschränkte „Roboterchen“ als intelligente, selber- freidenkende Menschen… Deshalb ist es sinnlos, denn die „Roboterchen“ haben immer mehr Stimmen!
Ich tendiere deshalb eher in Richtung Aufstand, Revolution und Bürgerkrieg – wo dann auch diese „Roboterchen“ dezimiert werden könnten… 😉
Früher war die Schweiz anders, da wurden auch mal die Heu- und Mistgabeln in die Hand genommen und der Obrigkeit klargemacht wo der Bartli den Most holt… Doch heute sind da leider nur noch Lemminge und Roboterchen, das geht rauf bis ins Bundeshaus wo alle nur noch kuschen und alles durchnicken!
Hätte die Schweiz damals wenigstens ihre Atombombenpläne durchgezogen, dann wären sie jetzt wenigstens auch eine Atommacht und man hätte auch mehr Respekt… Die Amis haben es ja vor 10 Jahren klar gemacht, wer keine Atombomben hat hat ehh nichts zu melden… Und was geschah? Nun haben Pakistan, Indien und wohl bald auch der Iran und andere kleine welche, die haben die Botschaft damals eben verstanden!
Also deshalb grad noch eine Abtimmung die ich sehen möchte:
„Atommacht Schweiz: Bau von 10 einsatzfähigen Atombomben a 100Mt, um uns wieder Respekt zu verschaffen?“ (O) JA (O) Nein 😀
@Titus: Andersherum gefragt: Was ändert sich denn tatsächlich, wenn wir wählen (abstimmen habe ich hier einmal ausdrücklich ausgeklammert, weil sich hier tatsächlich etwas bewegen liesse, vorausgesetzt, die Initiative kommt aus der Basis) gehen?
Es verändert sich dann etwas, wenn es entweder einen lauten «Knall» gibt und wir uns quasi wieder neu sammeln und formieren müssen oder indem man hartnäckig dran bleibt.
Ersteres, der Knall, ist eher selten der Fall. Die Bankenkrise hätte zu so einem werden können. Ob das, das anschliessend rauskommt, besser herauskommt, ist schwierig zu sagen.
Zweiteres ist müssig, ich weiss. Mir ist dieser «sanftere» Weg aber trotzdem lieber, weil eher noch Korrekturen angebracht werden können.
Nicht wählen zu gehen und dann später über die Gewählten zu wettern, ist mir zu einfach. Das scheint mir nicht ganz ehrlich zu sein. Wenn ich nicht wählen gehe, dann habe ich anschliessend auch auf den Mund zu sitzen.