Eine Sackgasse?

Vorwärts zu kommen heisst, einen eingeschlagenen Weg abzuschreiten. Manchmal werden Wege eingeschlagen, ohne deren Ende zu sehen. Dabei kann es sich auch um eine Sackgasse handeln…

Wie unschwer zu erkennen ist, zeigt das nachfolgende Bild eine Treppe, die eigentlich ins Nichts führt. Unten angekommen gibt es weder einen Ausweg noch eine Sitzbank oder irgendeinen anderen Grund, diese Treppe zu begehen.

Dieses Bild stammt nicht etwa aus einem Land, in dem es an Raumplanern mangelt oder in welchem diese schlecht ausgebildet werden. Nein, dieses Bild stammt von der Avenue de la Gare in Neuenburg.

(Un)sichtbares Weg-Ende

Ortsfremde kratzen sich lange am Hinterkopf bis sie merken, dass diese Sackgasse nicht immer eine war. Dort, wo heute ein Gitter angebracht ist (rechts im Bild), führte vor einiger Zeit noch eine Treppe hinunter.

Offensichtlich wurde diese Treppe aber inzwischen von einer Strasse «zerschnitten», weshalb sie erst wieder unterhalb der Strasse weiter zum Neuenburgersee führt (im Bild nicht sichtbar).

Immerhin besteht dieses Überbleibsel einer Treppe nur aus fünf oder sechst Tritten, sodass jedem Fussgänger schnell klar ist, dass er hier in eine Sackgasse läuft. Letztere werden ja nur im Strassenverkehr gekennzeichnet. Bei Fusswegen, welche im Nirgendwo münden, ist dieser Umstand selten angegeben.

Möglich wäre es allerdings, denn es ist ja bekannt, wohin ein Weg führt, ob in eine Sackgasse oder zu einem anderen Weg. Anders in der Politik: Manchmal sieht man nicht, wohin der Weg führt. Darum beinhaltet manch eingeschlagener Weg auch das Risiko, nicht jenes Ziel zu erreichen, welches angepeilt wurde.

Gelegentlich kommt es auch vor, dass auch nicht klar ist, welches Ziel überhaupt angepeilt wird. In solchen Situationen kann man sich ja immer noch auf das alte chinesische Sprichwort berufen, wonach der Weg das Ziel sei…

Die Europa-Frage

Eigentlich ist es ein Unding, dass in den Sommerferien die Schweizer Bundespräsidentin Leuthard nach Brüssel fährt und von den EU-Vertretern einige Aussagen entlockt, welche hierzulande die Gemüter noch etwas mehr erhitzen liess, als es die Temperaturen ohnehin schon taten. Oder steckte hinter diesem Besuch mitten in der politischen Sommerpause gar Kalkül?

Immerhin scheinen damit einige Medien ein Sommerloch-Thema gefunden zu haben: Die Europa-Frage. Sie jetzt zu lancieren ist vielleicht nicht einmal so schlecht, denn dadurch bleiben ferienbedingt die üblichen parteipolitischen und polemischen Parolen mehr oder weniger aus, sodass auch einmal eher auf sachlicher Ebene darüber berichtet wird.

Ungeachtet dessen wird die Europa-Frage aber so oder so zu dem Thema der Wahlen im kommenden Jahr. Es ist jenes Thema, bei dem die SVP punkten kann. Das weiss sie auch und darum wird sie es bei sich zuoberst auf die Agenda setzen (beziehungsweise dort belassen).

Und die anderen Parteien haben dem kaum ein Thema entgegen zu halten, das genauso Emotionen weckt und die Wähler mobilisiert. Darum werden sie thematisch wohl mitziehen müssen…

Chancenloser EU-Beitritt

Der so genannte Bilaterale Weg, welcher bisher im Verkehr mit der EU eingeschlagen wurde, soll zunehmend eine Sackgasse sein. Die EU scheint nämlich ähnlich wie auf dem Bild oben vor dem bisher eingeschlagenen Weg ein Gitter einsetzen zu wollen, womit dann dieser Weg eben zu einer Sackgasse wird.

Unabhängigkeit und Souveränität sind die zwei zentralen Stichworte, welche bei der Europa-Frage immerzu aufkommen. Die beiden Begriffe scheinen den Schweizerinnen und Schweizer wichtig zu sein, denn gemäss einer ISOPUBLIC-Umfrage von letzter Woche lehnen schweizweit 63 Prozent einen EU-Beitritt ab.

Dabei verläuft wie in früheren Jahren ein Röstigraben zwischen der Deutsch- und der Westschweiz: Die Romands sind eher dafür als die Deutschschweizer. Unterschiedlich ist die Meinung auch je nach Bildungsgrad. So befürworten die Befragten mit höherer Ausbildung eher einen Beitritt, solche mit schlechter Ausbildung lehnen ihn hingegen eher ab.

Interessant sind bezüglich Unabhängigkeit und Souveränität auch die Zahlen der Europarechtler der Universität Bern um Thomas Cottier. Diese hatten nämlich alle Gesetzesrevisionen zwischen 2004 und 2007 unter die Lupe genommen und dabei festgestellt, dass 15 Prozent vollständig und weitere 15 Prozent teilweise von EU-Normen betroffen waren.

Die Schweiz übernahm dabei die Vorgaben meistens ohne Änderungen. Ebenso übernimmt die Schweiz auch häufig EU-Normen, obschon dies gar nicht erforderlich ist. Man lehnt sich also an EU-Recht an, dies wohl nicht zuletzt auch um die eigene Wirtschaft nicht zu benachteiligen.

Mit dem kürzlich übernommenen «Cassis-de-Dijon-Prinzip», wonach in der Schweiz automatisch auch Produkte zugelassen sind, welche in einem anderen EU-Land bereits schon zugelassen sind, fällt quasi auch die «technische Souveränität».

Relative Unabhängigkeit

Doch auch ohne alle diese Angaben wissen wir insgeheim schon längst, dass das mit der Unabhängigkeit eine relative Sache ist.

Politisch, wirtschaftlich oder kulturell sind wir bei weitem nicht unabhängig. Auch ist kein politischer Wille auszumachen, welcher in Richtung mehr Unabhängigkeit geht.

Gewiss, es wird zwar viel von Unabhängigkeit geredet. Doch davon zu reden und es dann auch tatsächlich zu sein, das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

Absolute Unabhängigkeit, wie es die EU-Gegner immer wieder suggerieren, gibt es nicht. Wir kommen nicht darum herum, wenigstens gewisse Rohstoffe aus dem Ausland zu importieren. Uhren wachsen nicht auf Bäumen, Schokolade auch nicht. Und Ölfelder, welche den Grundstoff für die meisten der hiesigen Heizungen liefern, gibt es in der Schweiz auch keine.

Umgekehrt hängen viele Arbeitsplätze davon ab, dass Schweizer Produkte im Ausland abgesetzt werden können. Andernfalls müssten wir diese wohl alle selber kaufen oder konsumieren. Damit würden wir dann alle wohl wie der kürzlich verstorbene Nicolas G. Hayek auch mehrere Uhren pro Handgelenk tragen…

Widersprüchliches Verhalten

Die Schweiz ist nicht unabhängig und sie will auch gar nicht unabhängig sein, denn die Folgen einer absoluten Unabhängigkeit würden einen radikalen Wandel der heutigen Lebensweise erfordern.

Am meisten davon betroffen wären jene, die heute am ehesten einen EU-Beitritt ablehnen, also die weniger Gebildeten. Das hat mit dem Konsumverhalten und der Kaufkraft zu tun:

Etwas plakativ gesprochen werden die teuren Schweizer Produkte nämlich meistens auch von den besser Gebildeten und damit auch den besser Verdienenden gekauft.

Derweil kann es für die weniger Gebildeten nicht billig genug sein. Sie können (oder wollen) sich die Schweizer Produkte nicht leisten. Herkunft wie auch Qualität spielt für sie eher eine zweitrangige Rolle.

Es hat darum schon etwas Heuchlerisches, einerseits zwar Unabhängigkeit zu fordern, andererseits aber vor allem aus preislichen Gründen ausländische statt Schweizer Produkte zu kaufen. Beim eigenen Portemonnaie scheint die Forderung nach Unabhängigkeit aufzuhören…

Undemokratisch

Wer sich am «Diktat» aus Brüssel stört, der stört sich letzten Endes ob jener EU-Abhängigkeit, welche wir selber verschuldet haben. Es geht dabei um Sachzwänge, welche mehrheitlich unsere Wirtschaft tangieren und weniger um die politische Frage, ob wir überhaupt EU-Recht übernehmen wollen.

Heute haben wir keinerlei Möglichkeit, auf diese Sachzwänge vor deren Entstehung einzuwirken. Wir stehen abseits und können unsere Argumente nicht einbringen, müssen Vorlagen dann durchwinken, um die eigenen Wirtschaft nicht zu benachteiligen und bezeichnen uns schliesslich als unabhängig…

Eine grössere Abhängigkeit und eine undemokratischere Situation als heute ist aus Schweizer Sicht kaum mehr möglich. Hält man sich dann noch vor Augen, dass die heutige EU ohnehin kein Musterschüler in Sache Demokratie ist, wird die Sache noch undemokratischer.

Der Druck innerhalb der heutigen EU, demokratischer zu werden, scheint nicht sehr gross zu sein. Das würde sich sicher ziemlich schnell ändern, wäre die Schweiz mit ihrer Direkten Demokratie ein EU-Mitglied. Ihr wäre die Unterstützung der Bevölkerung («der Mann/die Frau von der Strasse») aus einigen EU-Ländern sicher gewisser.

Wenn die EU «schweizerischer» werden soll, damit es uns als Liebhaber der Direkten Demokratie, der Unabhängigkeit und der Souveränität wohler ist, dann geschieht das sicher nicht, indem wir nur die Rolle eines Zaungasts einnehmen. Wir müssen Teil der EU sein, um so etwas bewirken zu können.

Die Europa-Frage verlangt somit insgesamt, dass wir darüber nachdenken, wie abhängig und souverän wir heute tatsächlich sind und ob wir letzten Endes nicht mehr bewirken und verändern könnten, wenn wir mitreden statt nur zuschauen können…

So schwer wir uns auch mit der Europa-Frage auch tun: Sicher ist, dass wir einen anderen Weg einschlagen müssen, wenn der bisherige Weg zu einer Sackgasse wird und wir nicht stehen bleiben wollen.

18 Antworten auf „Eine Sackgasse?“

  1. Dazu würde erst einmal ehrliche, sachliche Information nötig sein. Ich würde gerne wissen, worauf ich mich da ganz konkret einlasse. Was die Folgen eines Beitritts wären, die negativen und die positiven. Leider habe ich den Verdacht, dass beide Seiten (pro und contra) auf ihre Mühle argumentieren und die Wahrheit nicht in der Mitte, sondern irgendwo weit weg von allem liegt. Weil die Befürworter glauben, wegen der Gegner alles schönreden zu müssen. Und umgekehrt.

    Im Moment gehöre ich zu den 63 Prozent, es zu überzeugen gilt. Dazu brauche ich Argumente. Keine schwabbrigen, geschönten Worte und schon gar kein „nicht mitmachen führt in die Sackgasse“, sondern Fakten. Was – ganz konkret – würde der Beitritt bedeuten? Das mit dem Mitreden klingt ja schön, aber wäre es auch wirklich so? Ich denke da zum Beispiel an die Österreicher mit ihrer Brennerautobahn. Was haben die schon zu berichten, wenn ein ganzer Verein so einfach, billig und schwertönnig wie möglich von Norden nach Süden und umgekehr karren will? „Mitsprache“ ist ein trügerisches Wort. Es klingt zwar gut, aber wie viel Gewicht hat es wirklich für ein kleines Land wie die Schweiz?

  2. Die Schweiz baut die «rollende Autobahn» namens NEAT auch nicht für den eigenen Güterverkehr. Alternativ hätten wir sie auch nicht bauen können und hätten stattdessen in ein paar Jahren eine LKW-Flut. Oder aber wir verbieten jegliches Durchqueren von LKWs in der Hoffnung, man würde die Schweiz umfahren. Doch das wäre nicht nur schwer zu kontrollieren, sondern führte wohl auch zu den gleichen Massnahmen seitens EU-Länder gegenüber Schweizer LKWs. Das wäre also auch keine Option. Wir haben die EU nicht gefragt, ob wir für sie eine NEAT bauen sollen. Wir haben sie einfach gebaut (bzw. sind noch daran) und können dadurch morgen eine Alternative anbieten und den Transitverkehr untersagen.

    Was der Beitritt genau bedeutet, kann wohl niemand ganz genau sagen. Genauso kann aber auch niemand wirklich sagen, was ein noch längeres Abseitsstehen bedeutet. Bei Letzterem befürchte ich, dass man uns so weit wie möglich einfach zunehmend umgehen wird und es den hiesigen Unternehmen im EU-Raum weiterhin gleich schwer macht wie umgekehrt. Alternativ bietet sich an, den Handel mit dem Nicht-EU-Raum (USA, Japan, China, Indien usw) zu verstärken, um vom EU-Raum unabhängiger zu werden. Das scheint mir allerdings kein realistisches Szenario zu sein. Die geografische Nähe spielt eben schon noch eine Rolle. Und die längeren Wege führen zu einem Wettbewerbsnachteil (höhere Kosten).

    Die EU ist ein Fakt und es macht nicht der Anschein, dass sie in Kürze wieder von der Bildfläche verschwinden würde. Ich kann die Position der EU auch verstehen, dass sie wegen diesem kautzigen Bergvolk nicht ständig ein Sonderzügchen fahren will. Wir würden dadurch weiterhin gleich behandelt wie irgendein anderes, nicht europäisches und wenig bedeutendes Land.

    Wie sehr wir anerkannt werden, zeigt sich ja auch daran, dass ein Land wie Italien (ausgerechnet!) zu den G8-Ländern gehört, wir aber darum bitten müssen, wenigstens zu den G20-Ländern gehören zu dürfen, um eben auch da mitreden zu dürfen.

    Mehr sachliche Informationen wären gut, doch von den politischen Parteien erhalten wir diese wohl kaum. Selbst wenn es Studien gäbe, welche die Vor- und Nachteile eines Beitritts oder eines weiteren Alleingangs aufzeigen würden, befänden sich wohl auch darin Variablen, welche je nach politischer Ausrichtung anders ausgelegt werden müssten. Wir hatten ja jüngst über die 2. Säule abgestimmt und auch da gingen die Experten-Meinungen darüber auseinander, wie denn die weitere Entwicklung sein werde – und hier war ja bloss ein einziges Thema tangiert…

    Wir werden in der EU wohl kaum mehr Gewicht haben wie Österreich, Belgien oder irgendein anderer Zwergstaat. Andererseits haben Abstimmungen in Dänemark, Irland oder den Niederlanden gezeigt, wie das Resultat eines einzigen Landes die ganze EU ins Straucheln bringen kann. Es wird noch ein langer Weg sein bis es solche «Hindernisse» nicht mehr gibt. Sie werden wohl erst dann weggeräumt, wenn die jeweiligen Länder stattdessen auf europäischer Ebene abstimmen können. Wir vergessen dabei manchmal, dass wir nicht die Einzigen sind, die mitreden wollen und sich in ihrer Souveränität angetastet fühlen. In den EU-Ländern gibt es nicht nur «Euro-Turbos», eher das Gegenteil ist der Fall – und das finde ich auch gut so.

  3. Die EU gibt es ohnehin nicht mehr lange, die Zersplitterung ist bereits eingeplant, jedenfalls was den Euro betrifft. Denn es werden bereits Ländercodes auf den Euronoten gedruckt, deren Sinn es ist Euronen bestimmter Länder ausser Kurs zu setzen, was das heisst ist ja klar oder?

    Es wird sogar gemunkelt, dass mit dem Euro auch der US-Dollar mitcrashen wird, anscheinend geht man auch schon davon aus, dass es dann Bürgerkriegsähnliche Zustände geben wird, es wurde jedenfalls 2009 bereits eine Spezialtruppe namens EUROGENDFOR gemacht die anscheinend auf das Ersticken von Aufständen spezialisiert ist.

    Man ist sich also schon länger bewusst, dass es passieren wird und aktuell wird nur noch versucht hinauszuzögern, denn verhindern wird man es nicht können, ist rein mathematisch nicht mehr möglich.

    Anscheinend ist das Problem folgendes, früher konnten die einzelnen Länder ihre Währung regulieren, doch jetzt wo alle Euronen haben geht das nicht mehr und so reissen Krisen wie in Griechenland alles mit sich, das wird noch zunehmen.

    Diesbezüglich auch interessant ist die Tatsache, dass es früher immer hiess es sei undenkbar und quasi unmöglich das einzelne Länder wegen solchen Krisen aus der EU geschmissen werden, und heute heisst es bereits es sei unumgänglich das genau dies geschieht.

    Was wohl passieren wird, wenn gewisse Euroländer einfach ausser Kurs gesetzt werden kann man sich ja denken oder?

    So gesehen, kann man die EU und vor allem die einheitliche Währung als gescheitert betrachten. Aber ist ja nicht das erste mal, dass dieses Experiment scheitert und es wird immer scheitern solange man nicht endlich einsieht, dass man den Zins abschaffen muss.

    Momentan sinkt der Eurokurs ja ständig, gleichzeitig wurde der Goldpreis nun unbeeinflussbar, wie es weitergeht kann man aus der Vergangenheit sehen…

  4. Ich musste mal nicht von einem EU-Beitritt überzeugt werden; ich war dafür

    Weshalb nicht mehr?
    In letzter Zeit gab es 2 bedenkliche Ereignisse:
    1.) Lissaboner-Vertrag. Für mich ist es unvorstellbar hinter einem aufgezwungen Vertrag/Verfassung zu stehen und sie als wertvoll zu betrachten. Natürliche gibt es auch bei uns Abstimmungsresultate, die ich für sehr bedenklich finde. Aber die Mehrheit hat so entschieden, also ist es OK.
    Die EU-Regierungen haben alles getan um den Vertrag nicht zur Genehmigung durch das Volk bringen müssen. Demokratie sieht nach meinem Verständnis (und wahrscheinlich nach dem Demokratieverständnis der allermeisten Schweizer) unkompatibel viel anders aus. Weshalb haben die Regierungen Angst vor dem Volk?
    Dein verlinkter Artikel lässt einem schon fragen, weshalb die Mehrheit der Nachbarländer der Schweiz beitreten will und sie unser Demokratiesystem auch wollen)
    In Irland liess sich eine Abstimmung nicht verhindern.
    Die Iren haben sich sogar erfrecht „falsch“ abzustimmen.
    Die Drohgebären aus Brüssel Richtung Irland zeigte mir eines ganz klar: Die EU hat kein Demokratiedefizit, die EU hat nicht einmal eine Ahnung, was Demokratie ist.
    Das war für mich der springende Punkt.

    2.) Da kann die EU nichts dafür.
    Bei der Kindersitzpflicht antwortete der Bundesrat, sie müssen sich informieren, ob sie Ausnahmen machen DÜRFEN.
    Aber Hallo, die Regierung deines souveränen Staates fragt bei der EU (wo denn sonst) nach, ob sie was machen darf.
    Autonomer Nachvollzug: ein Witz. Nachvollziehen und dann so tun, als ob man selbst so bestimmt hätte.
    Will uns der Bundesrat vorführen, wie alles von der EU bestimmt ist?
    Aber nicht sagen, dass sie sich Brüssel gegenüber hörig verhalten.

    Warum soll ich in die EU eintreten wollen, wenn die Mehrheit der befragten EU-Bürger in den grenznahen Gebieten aus der EU austreten wollen.

  5. @ Chris
    Meines Wissens war bloss die Rede, eventuell gewisse Länder vom Euro auszuschliessen und nicht gleich aus der EU.

    Die EUROGENDFOR ist «nur» ein relativ loser Verbund der Polizeikorps der sechs EU-Ländern Italien, Frankreich, Spanien, Portugal, die Niederlande und Polen, wurde im 2007 initiiert und dies um mögliche Krisen bewältigen zu können, welche eben Polizeikräfte und nicht die Armee benötigen (die Armee im eigenen Land einzusetzen ist wohl überall problematisch).

    @ Kikri
    Ich bin kein heissblütiger Befürworter. Mittel- bis langfristig erachte ich es einfach als «das kleinere Übel» gegenüber dem Alleingang. Es scheint mir sinnvoller zu sein, mitzureden und seine Argumente einzubringen, auch wenn diese dann vielleicht nicht überzeugen als eben einfach nur die «backofenfertigen» Vorlagen übernehmen zu müssen. Und ja, es ist oftmals eben ein Müssen.

    Dass ich kein heissblütiger Befürworter bin, hat eben auch mit den von Dir angesprochenen strukturellen Gegebenheiten bzw. dem Demokratieverständnis zu tun. Das scheint mir aber nicht ein EU-Problem, sondern generell ein europäisches Problem zu sein.

    Zu diesem gleichen Schluss wie Du komme ich, wenn ich beispielsweise lese, wie schwer sich einige in Deutschland mit dem Gedanken der direkten Demokratie tun, sodass dann hier die Dinge wieder zurecht gerückt werden müssen. Mir kommt das so vor, als ob erst jetzt einige langsam erwachen und dabei feststellen, dass sie eigentlich mehr Mitbestimmung haben sollten – und eben nicht bloss alle vier Jahre irgendwelche Abgeordnete wählen dürfen.

    Dieser Prozess finde ich als Schweizer natürlich sehr wichtig. Und die Schweiz könnte da in einer EU eben auch einiges einbringen, nicht zuletzt auch weil es wahrscheinlich in vielen EU-Köpfen so eine «das-geht-nicht»-Mauer gibt.

    Zu den EU-Bürgern in den grenznahen Gebieten: Ich würde die Unzufriedenheit nicht alleine der EU zuschreiben. Sie sind von der politischen Schaltzentrale auch am weitesten weg und gehören zu einem Nationalstaat, der nicht so föderalistisch aufgebaut ist wie die Schweiz. Wir sind zudem ständig darauf bedacht, möglichst alle Regionen zu berücksichtigen und Nachteile für benachteiligte Regionen wenn möglich auszugleichen. Man denke zum Beispiel nur schon daran, dass der Bundesrat sich aus Mitgliedern möglichst verschiedener (Sprach-)Regionen zusammenzusetzen hat.

    In den Nachbarländern herrscht da ein völlig anderes Verständnis. Auch das ist ein Punkt, der Föderalismus, den wir gut in eine EU einbringen könnten. Die EU-Staaten, welche weiter weg von Brüssel liegen und auch sonst wenig Gewicht haben, würden sich dem sicher nicht widersetzen.

  6. Naja, in die EU ohne Euro? Es geht ja nicht darum das neue eintreten die kein Euro wollen, sondern darum welche die bereits Euro haben dann ihr Euro ausser Kurs zu setzen, nur schon die Idee an sich lässt nichts gutes erahnen. Aber man wird sehen, das Ende erwarte ich in den nächsten 3 Jahren, momentan wird ja nur noch das unvermeidliche hinausgezögert, könnte aber jederzeit soweit sein. Andererseits es betrifft ja nicht nur den Euro, es ist ein Systemfehler auch anderer Währungen.

  7. Mir geht es wir kikri: Ich war für den Beitritt für den EWR (und wäre nach der Abstimmung beinahe ausgewandert) und auch für die EU. Der Hauptgrund: Eine Gemeinschaft aufbauen, teilen, in einem Europa leben, in dem das wirtschaftliche Gefälle nicht mehr so gross ist. Mittlerweile bin ich so weit, dass ich ein sehr grosses NEIN auf meinen Abstimmungszettel schreiben würde, wenn man mich fragte. Der Grund: die EU lässt keine Wahl. Sie drückt dem Schwächeren ihren Willen auf, verleibt ihn ein, bestimmt die Regeln.

    Irland war ein starkes Stück. Das Nein eines ganzen Volkes galt nichts. Also setzte man ihm das Messer an den Hals und liess nochmals abstimmen. Island hätte man vielleicht aufgenommen, aber hey, nicht nach dieser Abstimmung, in der ein bankrottes Volk sich weigerte, Gelder zurückzuzahlen, die es nicht hat – an ein paar ganz wenige EU-Länder, die sich selber in der Finanzkrise keinen Deut besser verhalten haben. Meistens aber wird gar nicht abgestimmt, sondern verfügt.

    Im Moment sammelt die EU Mitgliedstaaten wie Kafferahmdeckelisammler ihre Deckeli. Jeder ist da recht. Man biegt sich die Regeln zurecht, drückt Augen zu, nur um die Gemeinschaft zu vergrössern, die schon lange keine Gemeinschaft mehr ist. Es ist wie in der Wirtschaft, wo Firmen fusionieren und fusionieren und fusionieren bis am Ende ein riesiger Dinosaurier den Markt bestimmen kann. Und lassen wir uns nicht täuschen: Mitgeredet wird da nach Grösse. Was das für uns bedeutet, ist damit klar. Dazu ein Zitat aus der NZZ:
    „Die Schweiz könnte die direkte Demokratie zwar beibehalten, ihr Anwendungsbereich würde aber eingeschränkt, weil über bestimmte Fragen künftig die EU entscheiden würde. Anstatt wie heute nur Recht zu übernehmen, könnte die Schweiz in der EU mitentscheiden. Dort wäre das Gewicht der Schweiz auf parlamentarischer Ebene allerdings eher bescheiden. Das eben erweiterten EU-Parlament zählt 750 Sitze. Bulgarien, das bezüglich Einwohnerzahl mit der Schweiz vergleichbar ist, besetzt dort 18 Sitze. Im mächtigen Rat der EU, der zweiten Kammer der EU-Legislative, hält Bulgarien 10 von 345 Stimmen.“
    (http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/neuer_kurs_auf_europa_1.6859386.html)

    Die EU ist ein Fakt. Ja. Und leider hat dieser Dinosaurier die Macht, uns an die Wand zu drängen. Was er auch tun wird, bis wir Mitglied sind. Es ist kein freier Entscheid, den man uns lässt. Die ganzen Angriffe der letzten Monate auf unser Banksystem waren typisch. Man hätte auch den Finanzplatz England angreifen können, aber der gehört zur EU und geniesst deshalb Narrenfreiheit. Die Schweiz ist auch nicht einfach so nicht bei den G20 dabei. Es ist eine Strafaktion. Mittlerweile sind die Drohgebärden nicht mehr versteckt, sondern offen. Man signalisiert uns, dass wir keine Wahl haben. Wenn wir jemals der EU beitreten, dann nicht aus Überzeugung, sondern aus Resignation und Fatalismus. Das ist für mich keine Grundlage.

    Die – geänderten – Regelungen der EU besagen, dass wir Schweizer bei einem Beitritt den Euro übernehmen müssten (jene Länder, die ihn nicht übernommen haben, haben das VOR der Einführung des Euros durchgeboxt; seit der Einführung geht das nicht mehr). Wir würden damit an einer Währung hängen, die sehr instabil ist. Nicht zuletzt, weil die EU zwar ihre Regeln laut in die Gegend posaunt, bei der Einhaltung aber dann nicht hinschaut und oder nichts tut (man will ja niemandem auf die Füsse treten). Dass wir dabei die Mehrwertsteuer auf 15 Prozent erhöhen müssten (weil das der Mindestsatz in der EU ist), ist nur eines der Ärgernisse.

    Was mich aber am meisten nervt: Ich komme mir im Moment vor wie eine Firma vor einem „unfriendly takeover“. Will heissen: Entweder lasst ihr euch einverleiben oder wir machen euch kaputt. Auf Augenhöhe wird da schon lange nicht mehr verhandelt.

  8. @ Alice
    Der NZZ-Artikel ist zwar interessant, aber leider auch nicht ausgewogen, weil er nur die Nachteile erwähnt. Als Beispiel: Die Schweiz hätte jährlich 3,4 Milliarden in den EU-Topf zu zahlen. Das klingt zwar dramatisch. Unerwähnt bleibt aber, wie viel wir aus dem EU-Topf zurückbekämen. Das kommt mir so vor, wie wenn nur aufgezeigt würde, wie viel die Kanton der Eidgenossenschaft abliefern müssten, ohne gleichzeitig zu erwähnen, wie viel wieder zurückfliesst für den Bau von Turnhallen, regionalen Bahnprojekten, Strassen usw.

    Für Bauwerke wie die NEAT müssen wir uns heute selber nach einer Finanzierung umschauen. Als EU-Mitglied hätten wir dafür bestimmt auch EU-Gelder erhalten. Unter dem Strich bekämen wir aber wahrscheinlich weniger zurück. Der Kanton Zürich murrt auch, dass er mehr bezahlen muss als er zurückbekommt. Diese Mittel versickern jedoch nicht im Nirgendwo, sondern sie erlauben den wirtschaftlich benachteiligten Kantone ihr Gebiet zu unterhalten. Davon profitieren schliesslich auch die Geber-Kantone (ich kann das gerne auch aufzeigen, falls erwünscht).

    Um ein zu grosses Gefälle zwischen den Regionen zu verhindern, gehört es mit zum «Spiel», dass die Bessergestellten die anderen unterstützen. Ich verstehe das auch als Solidarität. Nur auf den eigenen Vorteil bedacht zu sein hat längerfristig noch nie funktioniert. Es käme über kurz oder lang zu einer Revolte.

    Die Sache rund ums Bankgeheimnis war so eine Revolte – einfach auf diplomatischer Ebene (wenn teilweise auch ziemlich undiplomatisch). Dass wir nicht länger Handlanger für Steuerhinterziehung sind, ist ja nicht falsch, oder? Im Übrigen kamen auch die EU-Länder Luxemburg und Österreich unter Druck, wir waren da nicht die Einzigen. Eine der Begründungen, bei den G20 dabei zu sein, war, dass wir der siebtwichtigste Finanzmarkt seien. Als G20-Mitglied könnten wir dann eben auch mit dem Finger auf die USA mit Delaware und Grossbritannien zeigen. Heute, so abseits wir überall stehen, brauchen wir den Finger gar nicht erst zu erheben… Es bleibt bei der Faust im Sack.

    Zum Stimmenverhältnis: Der Kanton Glarus hat wie einige andere Kantone im Nationalrat auch nur eine Stimme – und niemand stört sich daran. Das hat auch damit zu tun, dass die Interessen der Parteien und weniger der Regionen vertreten werden. Selbst im Ständerat spielt die parteipolitische Zusammensetzung eine stärkere Rolle als die Regionen.

    Aber: Bei uns herrscht häufig auch der Gedanke des so genannten Minderheitenschutzes vor, was ich im Falle der EU schon auch vermisse (oder nicht mitbekomme) und eben zu einem Überstimmen führen kann. Es gibt hin und wieder schon Entscheide, welche eine regionale Minderheit tangieren und wo dann eben dieser Gedanke tragend und damit wichtig ist.

    Wenn die Schweiz einem Beitritt ohne Euro zustimmte, glaube ich nicht, dass die EU uns deswegen nicht aufnehmen würde. Insgeheim wissen wir alle, dass eine Abstimmung mehr Chancen ohne statt mit Euro hätte, weshalb im Rahmen der Beitrittsverhandlungen dies bereits berücksichtigt würde. Das schliesst nicht aus, dass man in der Schweiz nicht trotzdem mit Euro zahlen könnte. Das ist ja zum Teil heute schon der Fall (und vieles ist auch heute schon in zwei Währungen angeschrieben).

    Zur MwSt: Auch das ist ein Element, welches nach meiner Auffassung durchaus verhandelbar ist. Selbst wenn das nicht der Fall wäre, so ist die MwSt nur eine von vielen Steuern. Oder andersrum: Man könnte im Gegenzug ja auch andere Steuern wie z. B. die Unternehmenssteuer senken, um so wieder einen Ausgleich zu erreichen. Über welchen Weg in den jeweiligen EU-Ländern sonst Steuern erhoben werden, erfahren wir ja aus diesem Artikel auch nicht. Du kannst es aber drehen und wenden wie Du willst: Letzten Endes zahlen immer wir Steuerzahler/Konsumenten in irgendeiner Form die Zeche. Sie wird nur einfach an unterschiedlichen Orten erhoben und hat unterschiedliche Namen.

    Zum «an die Wand drängen»: Ja, das stimmt. Eine EU drängt uns mehr oder weniger an die Wand. Gäbe es keine EU, könnte Deutschland oder Frankreich genau das Gleiche tun. Wir sind nun mal ein Zwergenstaat und sind als solcher immer in der unterlegenen Position. Aber man kann diesen Nachteil auch als Vorteil nutzen, weil kleiner in der Regel auch agiler bedeutet. Und wir wären in einer EU nicht der einzige «unterlegene» Zwergenstaat. Das sind Verbündete, welche wir – gäbe es keine EU – gegenüber den «Riesen» Deutschland oder Frankreich nicht haben.

    Zum Schluss (und ich wiederhole mich): Tun wir nicht so, als ob wir heute völlig unabhängig wären. Auch ohne Übernahme von EU-Recht – egal ob autonom oder nicht – sind wir wirtschaftlich stark mit den EU-Länder verbandelt. Es ist auch eine Chance, die Verbandelung gesamthaft regeln zu können statt mit jedem einzelnen Nationalstaat. Das, oder der Aufwand, der nötig wäre, um mittels bilateralen Abkommen mit jedem Einzelstaat zum gleichen Resultat zu gelangen, vergessen wir manchmal. Und dass wir heute bei diesen überstaatlichen Regelungen überhaupt nicht mitsprechen können, habe ich inzwischen ausreichend erwähnt.

  9. Lies mal die Kommentare in der Zeit zur SVP-Provokation. (welt.de, selber googeln, links gelten hier als spam
    Der Tagesanzeiger hat heute alles ein bisschen verwedelt (auch selber googeln)

    Die NEAT haben wir, verschrien als unsolidarisches Rosinenpickerland aus dem eigenen Sack bezahlt. Die EU profitiert davon.
    Inzwischen dürften dafür um die 25 Mia CHF ausgegeben worden sein, 3000 pro Bewohner. Für die ganze EU wäre das (proportional) 1,5 Billionen CHF/1.1 Billionen EUR.
    Einfach so überschlagen, bevor uns wieder einer als Profiteure bezeichnet.
    Das wir es bezahlt haben, hat einen grossen Vorteil: die NEAT gehört uns, wir können damit machen, was wir wollen.

    Jenen, die etwas von „Image das Schweiz“ schwafeln sei gesagt, dass unser Image bei der deutschen Bevölkerung (Welt-Artikel und eigene Erfahrung) bei der Bevölkerung intakt ist. Bei der Demokratiedisskusion und auf den Portalen, die direkte Demokratie fordern gilt die Schweiz als Vorbild.
    Unser Image ist bei den Politikern angekratzt, bei der Bevölkerung ist es intakt, eher überhöht.

    Die Bevölkerung kauft unsere Produkte, nicht die Politiker.
    Nur so, damit die wirtschaftlicher-Nachteil-Schreier beruhigt sind.

    Ich bleibe dabei: ich will nicht einem Club beitreten, dem die bisherigen Mitglieder davonlaufen wollen (und nicht dürfen).

    Sag mal, geht da auch etc?

  10. @titus:

    Zu den Finanzen: Wenn es mir beim EU-Beitritt um etwas nicht geht, dann um das Geld. Eigentlich wäre es mir in einer einigermassen gerechten EU egal, wie viel die Schweiz bezahlen müsste. Jetzt kommt die Bedingung: Wenn wirklich die Bessergestellten die anderen unterstützen. Unter „andere“ gehören aber leider auch der Berlusconi-Staat oder Griechenland, wo wir einem griechischen Beamten, der sein Leben lang nur das Büro gehütet hat, seine Frühpension zu finanzieren würden, und der in der Privatwirtschaft angestellte Grieche dann trotzdem in die Röhre schauen würde. Die Dummen sind in diesem Fall wieder einmal die Iren, die den Gürtel so eng geschnallt haben, dass ich nicht einmal weiss, wie man so überleben kann. Bevor das Gegenargument kommt: Ja, ich weiss, dass Irland lange von EU-Geldern profitiert hat und ja, ich weiss, wir haben mit unseren Stützkäufen ebenfalls dem griechischen Frührentner seine Pension bezahlt (überspitzt formuliert).

    Zur NEAT: Die NEAT haben wir selbst finanziert, was uns auch den Spielraum gibt, bis zu einem gewissen Grad zu bestimmen, was eine Durchfahrt kosten soll und darf. Bei uns in der Ostschweiz plant man in vorauseilendem Gehorsam sogar bessere Bahninfrastruktur nach München – während wir Rheintaler mit beschissenem Rollmaterial und ebenso beschissenen Verbindungen im Schneckentempo nach St. Gallen tuckern und wohl bis zum St. Nimmerleinstag auf das zweite Gleis warten, das eine anständige Verbindung zuliesse.

    Zu den Handlangern der Steuerhinterzieher: Ich warte auf den Tag, wo Schweizer Steuerfahnder in eine süddeutsche Filialie irgendeiner Bank einmarschieren und sich dort die Konten von Schweizer Bürgern offenlegen lassen. Versteh mich nicht falsch: Ich fand das mit dem Geld in der Schweiz verstecken immer zum Brüllen, aber tun wir doch nicht so, als ob auf deutschen oder österreichischen Banken kein Schweizer Geld liegt – oder auf zu GB gehörenden Offshore-Plätzen. Das ist Scheinheiligkeit hoch zwei. Und ganz ehrlich: Ich mag die Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug. Schussel wie ich können bei der Steuererklärung nämlich schon mal was übersehen. Dafür will ich dann nicht unbedingt in den Knast wandern (bevor ICH jetzt den Steuerfahnder im Haus habe: Ich fülle die Steuererklärung nicht aus, sondern mein sehr gewissenhafter, absolut nicht schusseliger Mann – ist also alles in Ordnung).

    Zu den Beitrittskriterien: Da könnte ich dich jetzt glatt der Rosinenpickerei bezichtigen. Ich bin nicht sicher, wie weit wir da noch Forderungen stellen können, jetzt wo wir an der Wand kleben wie die überlisteten Fliegen.

    Ich bin mir durchaus bewusst, dass wir absolut NICHT unabhängig sind. Aber das auch noch vertraglich zu besiegeln? Da müsste ich SEHR gute Argumente hören. Im Moment scheint es mir eher so, als befinden wir uns in einem Wirtschaftskrieg. Den können wir nur verlieren. So oder so. Etwas bitter ausgedrückt: Irgendwie spielt es da keine Rolle, ob wir das als EU- oder Nicht-EU-Mitglied tun.

  11. @ Kikri & Alice

    Zur NEAT: Sie ist Teil des 1992 mit der EU beschlossenen Transitabkommens. Trotzdem ist es ein offenes Geheimnis, dass die EU damals lieber eine zwanzigspurige Autobahn (ich übertreibe) statt ein neues Bahntrassee gehabt hätte. Doch da waren wir nun mal am längeren Hebel. Inzwischen hat auch im EU-Raum ein Umdenken stattgefunden (zumindest im Norden).

    Finanziert wird die NEAT aus der Mineralölsteuer, einem Promille der MwSt sowie der Schwerverkehrsabgabe (LSVA). Das heisst, jeder LKW der hierzulande tankt – und das werden aufgrund der tieferen Preise wohl einige tun – bezahlt mit. Vor allem aber bezahlen ausländische LKWs auch LSVA. Die Aussage, wir würden die NEAT alleine berappen, stimmt somit nicht ganz. Der Gesamtkredit beider Achsen beträgt übrigens 19,1 Mia. mit Preisstand 1998 (Teuerung usw. fehlen darin also noch).

    Zu den Finanzen: Ich würde die ausserordentliche Situation, welche in Griechenland oder anderen Staaten nun eingetreten ist, nicht als Massstab nehmen. Hier wurde wohl vielseitig geschlampt und die Finanzmärkte spielten auch noch eine Rolle…

    Ohne es genau zu wissen gehe ich davon aus, dass die Beteiligung der EU an gewissen Projekten ebenfalls in Prozenten zu den Gesamtkosten festgehalten ist. Das heisst, es ist nicht so, dass, weil mehr Mittel für die Frühpensionierung der Staatsangestellten abfliessen, dafür stattdessen einfach die anderen EU-Mitgliedsländer stärker für das Bauvorhaben aufzukommen haben.

    Im Übrigen: Wie viel bekommt eigentlich ein frühpensionierter griechischer Staatsangestellter im Gegensatz zu einem aus der Privatwirtschaft und im Gegensatz zu uns?

    Zu den Schweizer Steuerhinterziehern: Deutschland kennt meines Wissens die so genannte Kapitalertragssteuer, welche eine Quellensteuer ist. Das heisst, es wird direkt an der Quelle, also beim und durchs Geldinstitut die Steuer erhoben. Ich nehme mal an, dass das für Schweizer Staatsbürger genauso gilt…

    Zu den Beitragskriterien: Da es auch andere EU-Länder ohne Euro gibt, wäre die Forderung der Schweiz für einen Beitritt ohne Übernahme des Euros sicher keine neue Ausnahme. Die Ungewissheit diesbezüglich kommt nur auf, weil die bisherigen Ausnahmen vor der Einführung des Euros festgelegt wurden. Ich schätze mal, dass die neu hinzugekommenen Länder aus dem Osten ihren alten Währungen bestimmt nicht lange nachtrauerten. Und was die MwSt anbelangt, habe ich ja eine Alternative aufgezeigt, um nicht aus der Reihe zu tanzen. Man könnte ja auch innerhalb der EU den Mindestansatz auf 7,6 Prozent senken.

    Ich hätte aber noch eine weitere Idee, eine sechste Variante, von welcher nichts im NZZ-Artikel stand: Wie wäre es, wenn wir einfach die anderen EU-Staaten in die Schweiz einverleiben? 😉

    @ Kikri
    Links sind hier durchaus zugelassen. Allenfalls fällt dann ein Kommentar einfach in die Spam-Moderationsschlaufe.

  12. Zu den Finanzen: Es gibt klare Regeln zur (Über)Schuldung von EU-Ländern und man weiss seit Jahren, dass diese Regeln sehr weit gebogen werden. Schon vor der Wirtschaftskrise war das allen bewusst. Aber man schloss die Augen – weil Eingreifen so furchtbar unbequem ist. Das mit dem Frühpensionär ist ein überzogenes Beispiel, aber wenn ich heute lese, wie sehr viele EU-Gelder in Griechenland seit Jahren eingesetzt werden, dann frage ich mich schon, was Sinn und Zweck der ganzen Geldumverteilung ist. Jetzt, wo die Eiterblase geplatzt ist, und sogar die Griechen sagen, man habe einen völlig irrsinnigen Staatsapparat aufgebläht, die Steuermoral in den Keller sinken lassen ect., wundert man sich als kleines Würstchen, warum das alles – obwohl man es gewusst haben MUSS – zugelassen werden konnte. Vielleicht wird das nach der Finanzkrise nun anders sein, aber ein gutes Licht auf die EU wirft das nicht.

    Aber wie gesagt: Das Geld ist für mich kein wirklich entscheidenes Argument. Wir bezahlen so oder so.

    Bei mir ist das so: Ich kann mich mit diesem monströsen, aufgeblasenen, nicht wirklich kompakten und überzeugenden EU-Gebilde nicht anfreunden. Wenn man es mir in einer Abstimmung „schmackhaft“ machen möchte oder – eine Stufe tiefer – mich davon überzeugen möchte, ein JA in die Urne zu legen, dann brauche ich a) eine sachliche Aufklärung und b) überzeugende Argumente. Beides ist mir bis jetzt noch nicht begegnet. (Vielleicht gucke ich am falschen Ort).

  13. Das mit dem Mangel an sachklichen Informationen ist auch meine Feststellung bzw. Schlussfolgerung aus der Diskussion (wie bereits oben erwähnt).

    Gibt es spezielle Sachthemen, über welche Du mehr wissen möchtest?

  14. Ja.

    – Was bedeutet „Übernehmen des EU-Rechts?“ konkret und was für Auswirkungen wird das haben?

    – Worüber werden wir noch abstimmen können und was wird uns aufgedrückt werden? Obwohl ich mich heute Morgen durch das EU-Dossier auf der NZZ gelesen habe, ist mir das nicht klar. Wie muss ich dieses Zitat interpretieren: „Obwohl regelmässig das Gegenteil behauptet werde, könnte die Schweiz die direkte Demokratie bei einem Beitritt weitgehend beibehalten, sagt Cottier. Der Beitritt erfolge bei allen Staaten auf der Grundlage der bestehenden Verfassungsordnung. Die Schweiz würde also über die Umsetzungen von Richtlinien abstimmen können, verlöre diese Möglichkeit aber dort, wo die Entscheidungen ganz der EU übertragen werden. Das ist vor allem bei sogenannten Verordnungen der EU, die unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelten, sowie teilweise im Wettbewerbsrecht und ganz im Aussenhandelsrecht der Fall.“
    (Quelle: http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/das_a-la-carte-angebot_in_bruessel_ist_beschraenkt_1.6908006.html

    – Was bedeutet ein EU-Beitritt für die Landwirtschaft? Erneut ein Zitat aus obigem Artikel: „Bei der Landwirtschaft schätzt Cottier, dass die EU der Schweiz eine Übergangsfrist von bis zu 20 Jahren einräumen würde. Die Unterschiede, allein schon bei der Grösse der Höfe, seien schlicht zu gross für einen abrupten Systemwechsel.“ => Heisst das, dass wir in Zukunft nur noch Grossbauernbetriebe haben werden? Was bedeutet das für die Qualität unserer Lebensmittel? (Ich mag unsere kleinen Biolandwirtschaftsbetriebe!)

    – Im Moment haben wir noch Instrumente, das Lohndumping durch Firmen aus dem EU-Raum im Zaun zu halten. Als Frau an der Grenze würde es mich interessieren, ob bei uns in Zukunft die ausländischen Handwerksbetriebe ohne Folgen Angestellten weniger als 10 Franken pro Stunde bezahlen dürfen.

    – Was für Folgen hat ein EU-Beitrit auf den Dienstleistungssektor? Bis jetzt habe ich nur gelesen, dass es dort noch Differenzen gibt, aber ich kenne weder den Ist-Zustand noch den Wird-sein-Zustand. Was ich zwischen den Zeilen lese, lässt mich ahnen, dass der Wird-sein-Zustand schlechter sein könnte.

    Ich habe noch mehr Fragen, aber ich denke, das reicht für den Moment.

  15. Zur Zeit habe ich weniger Probleme mit den EU-Bürokraten.
    Vielmehr finde ich die Hörigkeit „unserer“ Behörden zum Ko….

    Wer hat sie gezwungen, das völlig idiotische Glühbirnenverbot zu übernehmen?
    Wer hat bestimmt, dass auch bei uns „Mutter“ diskriminierend ist (oder kam das nicht von der EU?)
    Kindersitzpflicht bis 12 Jahre und der Bundesrat muss sich informieren, ob er Ausnahmen machen darf.

    Solang wir solche Hosenscheisser in der Regierung (und im Parlament) haben, die bei jeden Gegenwindchen einknicken, wird es nicht besser.

    Dieser Regierung soll ich zutrauen, unsere Interessen in Brüssel zu vertreten?
    Ich bin zum Teil schon naiv………….

  16. @ Kikri
    Die «Hörigkeit» besteht wohl weniger bezüglich Behörden als vielmehr gegenüber der Wirtschaft: Man will Nachteile für die eigenen Unternehmen verhindern. So lange diese Wirtschaft so stark unser Leben prägt und so lange wir Importe und Exporte betreiben, führt eben kein Weg daran vorbei, gewisse Dinge zu übernehmen.

    Zum Glühbirnenverbot: Wenn 27 EU-Länder keine Glühbirnen mehr erlauben, dann werden die Hersteller über kurz oder lang auch in der Schweiz keine solche mehr anbieten, weil es einfach zu aufwändig wäre oder aber der Preis steigen würde. Abgesehen davon stecken dahinter ökologische Gründe.

    Woher Du den Kindersitz-Fall bzw. das sich-erkundigen-müssen hast, weiss ich nicht. Aber es ist ja durchaus möglich, dass niemand daran gedacht hatte – auch nicht auf EU-Ebene – dass z. B. körperlich oder auch geistig Behinderte nicht einfach so in einen Kindersitz «gequetscht» werden können/dürfen. Ein solches Vergessen würde auch aufzeigen, dass dahinter auch nur Menschen stecken.

    Und was Regierung und Parlament betrifft: WIR wählen das Parlament und das Parlament die Regierung. Wir müssten also unsere Zeitgenossen aufwecken, damit sie eben keine «Hosenscheisser» wählen…

    @ Alle
    Gestern wurde das Thema auch im «Club» diskutiert. Es war eine eher laue Debatte ohne schlagkräftigen Argumente von beiden Seiten, da der einzige EU-Gegner, Lukas Reimann, etwas auf verlorenem Posten war und den Tritt in die Debatte offensichtlich nicht richtig finden konnte.

    Ich hätte mir gewünscht, dass auch einige sachliche Argumente gegen einen Beitritt eingeworfen bzw. diskutiert worden wären. Interessant war auf jeden Fall die Feststellung, dass in Brüssel nichts so heiss gegessen wird, wie man es hier in der Schweiz von gewissen Politikern kocht…

  17. @titus: Ich habe mir die Debatte angeschaut. Da war zu viel Weichspüler drin, zu viel Friede, Freude, Eierkuchen, alles halb so schlimm, warum sind wir nicht schon dabei, wenn es so einfach ist.

    Mir hat der Wirtschaftsmann gefallen. Er war der Einzige, der konkret wurde. Leider liess man ihm keine Zeit, die allfälligen Probleme im Dienstleistungssektor zu erklären. So weiss ich nun weiterhin, dass das ein „heikler Bereich“ ist, dass es da Schwierigkeiten geben könnte, habe aber keinen Schimmer, welche und warum – und es ist ja nicht so, dass wir einen vernachlässigbar kleinen Dienstleistungssektor haben.

    Ebenfalls unklar blieb die Übernahme von EU-Recht. Während Markwalder sagte, das habe praktisch keinen Einfluss, redete Reimann von irgendwelchen 85 Prozent Fremdbestimmung. Geklärt wurde das nicht. Weder durch die Moderatorin, von der ich das Gefühl hatte, die weiss nicht mehr als ich, noch vom EU-Botschafter, noch von der guten Frau von Avenir Suisse.

    Man hat zwar über den Euro geredet, aber auch hier war der Wirtschaftsmann der Einzige, der erwähnte, dass gemäss Lissabon-Vertrag neue Beitrittsländer den Euro übernehmen müssen. Auch das Problem mit der Mehrwertsteuer mit einem Mindestsatz von 15 Prozent wurde nur kurz und oberflächlich angesprochen. Vor allem Markwalder hat alles schön und problemlos geredet.

    Reimann hat sich SEHR zurückgehalten. Als in der EU-Botschafter auf die Grösse der EU zu sprechen kam und von neuen Beitrittsländern redete, fragte er (oder die Moderatorin) Reimann, weshalb er denke, dass all diese Länder unbedingt in die EU wollen. Reimann war für einmal zu anständig zu sagen: „Weil die sich nichts als Vorteile erhoffen – während es in unserem konkreten Fall auch einige Nachteile gibt.“

    Das mit dem „nicht so heiss gegessen“, glaube ich nicht so ganz. Der EU-Botschafter war mir zu sehr auf Goodwill aus. Er ist nett, er ist witzig, er kann reden. Aber wirklich viel hat er nicht gesagt.

    Sprich: Ich bin nach fast 90 Minuten Club so gescheit wie zuvor.

  18. Unabhängig, ob ich normale Glühbirnen noch kaufen kann, verboten oder keiner bietet sie an ist ein grosser unterschied.
    Umweltschutz? Stromsparlampen enthalten Quecksilber.
    Eigentlich sind sie gefaltete Neonröhren.
    Sie müssten separat entsorgt werden. Bei Neonröhren funktioniert das auf: sie passen, im Gegensatz zu Stromsparlampen, nicht in den normalen Mülleimer.
    Schön, und umweltfreundlich, wenn Quecksilber in der Kehrichtverbrennungsanlage landet.

    Der mit „wir müssen uns informieren, ob wir Ausnahmen machen dürfen…“ stand dieses Jahr in der NZZ oder im Tagi.
    Wenn mein Kind ein gesundheitliches Problem hat konnte ich bisher das Taxi rufen und in den Notfall fahren.
    Das ging schnell und kostete 20 Franken aus meinem Portemonnaie.
    Heute muss ich die Sanität rufen, geht langsamer und kostet ca. 400 Franken.
    Die Krankenkasse sagt sicher „Danke“ dazu.

    Die EWG, EG, EU war als Friedens- und Wirtschaftsprojekt eine tolle Sache.
    Heute meinen die Bürokraten, sie müssten sich überall in unser Leben einmischen und jede eingebildete Gefahr durch ein Verbot von uns abwenden.
    Das Kinder-Überraschungseier-Verbot haben sie zurückgezogen. (Kinder könnten sich an den Figuren verschlucken, was nie passiert ist).

    Die ganze Gefährlich- uns Verbotsmanie nimmt uns die Cahnce, selber zu entscheiden, was gut und was schlecht ist.
    Gut und schlecht (im moralischen Sinn) wird mehr und mehr durch legal-illegal abgelöst.
    Es werden Böse gesucht, benannt und gesellschaftlich fertig gemacht.
    Raucher sind schon erledigt und werden von einigen als Abschaum hingestellt (lese entsprechende blogs), die Kampagne gegen Übergewichtige wurde gestoppt, zuerst sind die Alkoholtrinker (nicht Alkoholiker) dran.

    Leute gesellschaftlich fertig machen, als Abschaum, Volksschädlinge etc. hinstellen und dann noch erwarten, dass sie Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen ist ein bisschen zu viel verlangt.

    Die Folgen sehen wir z. Bsp am Littering (gibt es da kein vernünftiges deutsches Wort dafür): viel interessiert es nicht mehr, ob sie Abfall auf den Boden schmeissen und damit die Gesellschaft schädigen; sie wollen mit der Gesellschaft nichts mehr zu tun haben (wie es umgekehrt auch ist).

    Wir gleiten in eine verantwortungslose Gesellschaft ab. gesellschaft ist schon zu viel gesagt, sie wird mit der ganzen „du-bist-schuld“-Hysterie zerstört.

    Ich will nicht in so einer Umgebung leben.
    Wenn wir nicht kehrtum machen, wir es in spätestens 5 Jahren soweit sein.

    Was hat das mit der EU zu tun?
    Wir übernehmen viele dieser Regeln, vor allem Verbote, ohne über die Konsequenzen nachzudenken.
    Bsp. 16-jährige Prostituierte (das Thema hatten wir schon) verbieten tönt sinnvoll (Prostitution ist kein Job für 16-Jährige). Über die Folgen dieses gut gemeinten Verbotes hat anscheinend niemand nachgedacht.

    Beispiel Bier ab 18. D.h. Bier wird zum Symbol für Erwachsen sein (bei Zigaretten wirds gleich sein): es will sicher kein 15-Jähriger Erwachsen tun 😉

    uswusf

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.