Zick-Zack

Gradlinig ist sie, die SVP. Falsch! Gradlinig war sie: Die wählerstärkste Partei schlägt immer häufiger einen Zick-Zack-Kurs ein. Beginnt der Stern am Himmel zu sinken?

Anlässlich der letzten Session zeigte die SVP, dass auch sie beherrscht, was bisher eher den Mitte-Parteien vorbehalten war: Einen Zick-Zack-Kurs einschlagen.

Es ging damals bekanntlich ums UBS-Abkommen mit den USA. Die SVP wechselte mehrfach die Meinung zu diesem Abkommen, um ihm dann schliesslich doch noch zuzustimmen.

Immer häufiger

Doch nicht nur da wechselte sie in relativ kurzer Zeit die Meinung. Es gibt auch andere Beispiele. So war im Zusammenhang mit der Wahl eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin von Moritz Leuenberger lange Zeit zu hören, dass die SVP der SP ihren zweiten Sitz streitig machen wolle.

Kurz darauf waren andere Stimmen zu hören, die davon sprachen, dass man die Strategie ändern und den FDP-Sitz ins Visier nehmen solle – um dann kurze Zeit später doch wieder vom SP-Sitz zu reden. Und schliesslich – es scheint schon fast wie eine salomonische Lösung – beschloss die SVP-Fraktion diese Woche, dass sie für beide Sitze antreten wolle. Da zick-zackt es gewaltig…

Auch die Argumentation dieser Strategie hat es in sich: Man stehe zur Konkordanz und verstünde darunter, dass die wählerstärksten Parteien mit je zwei Sitzen im Bundesrat vertreten sein sollen, womit die SVP als wählerstärkste Partei Anspruch auf zwei Sitze hätte, liess Caspar Baader als Fraktionspräsident am Dienstag verlauten.

Gegen diesen Anspruch ist nichts einzuwenden. Nur: Die SP ist die zweitstärkste Partei und hat nach Baaders Argumentation genauso Anspruch auf zwei Sitzen. Damit besteht eigentlich kein Grund, den SP-Sitz anzugreifen. Als viertstärkste politische Kraft im Land müsste eher die FDP Federn lassen. Aber eben, das mit den «wählerstärksten Parteien» lässt sich je nach politischer Gesinnung auch zick-zack-mässig interpretieren…

Auch dass sie jetzt ebenfalls den FDP-Sitz anzugreifen versucht, ist ein Zick-Zack wert, denn: Vor einem Jahr, als es um die Nachfolge von Pascal Couchepin ging, war nicht ansatzweise die Rede davon, den FDP-Sitz anzugreifen. In Angriffsposition war stattdessen vielmehr die CVP mit Urs Schwaller – und dieser Angriff wäre auch beinahe gelungen, hätte die politische Linke geschlossen für ihn gestimmt.

Frappant ist übrigens auch, dass Caspar Baader von Konkordanz spricht. Der gleiche Mann drohte der Vereinigten Bundesversammlung mit der Opposition, als sich vor knapp drei Jahren abzeichnete, dass Christoph Blocher abgewählt wird. Und Opposition ist eben nicht Konkordanz. Zick-Zack.

Absehbare Zick-Zacks

Weitere Zick-Zack-Aktionen zeichnen sich bereits ab. So will man wie bereits erwähnt auch der FDP ihren Sitz abringen. Das bringt kurzfristig viel mediales Scheinwerferlicht. Mittelfristig dürfte diese Aktion der SVP aber eher schaden, denn:

Die Chancen, am 22. September einen Sitz für die SVP gewinnen zu können, sind äusserst gering. Um das absolute Mehr von um die 120 Stimmen zu erreichen braucht ein Kandidat immer die Stimmen von mindestens drei Fraktionen. Sämtliche Stimmen von nur zwei Fraktionen – selbst wenn es sich beispielsweise um die beiden grössten Fraktionen handelt (SVP: 66, SP: 51) – reichen nie aus. Egal wie man es durchrechnet: Das Vorhaben der SVP in rund einem Monat erscheint ziemlich aussichtslos.

Realistischer erscheint hingegen, dass Eveline Widmer-Schlumpf im Rahmen der Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats im Dezember 2011 abgewählt und durch ein SVP-Mitglied ersetzt würde.

Hierfür bräuchte die SVP aber auch die Stimmen von zwei anderen Fraktionen. Am wahrscheinlichsten erscheint es da, die nötige Unterstützung bei der FDP und der CVP zu suchen.

Indem die SVP aber in diesem Herbst zum ersten Mal offen gegen die FDP antritt, macht sie sich bei dieser Fraktion sicher keine Freunde. Weshalb sollte die FDP die SVP im Dezember 2011 bei der «Rückeroberung» des SVP-Sitzes unterstützen, währenddem sie selber in den nächsten Wochen nicht (mehr) auf die Unterstützung der SVP zählen kann?

Darum wäre es durchaus denkbar, dass die SVP in den nächsten Tagen oder Wochen von ihrem Ansinnen, auch den FDP-Sitz anzugreifen, wieder abkommt. Zick-Zack.

Wenn’s der eigenen Sache dient

Oder aber sie droht im Dezember 2011 erneut wieder mit der Opposition, um Druck für die Abwahl von Evelyn Widmer-Schlumpf aufzusetzen und dies obschon sie sich wie erwähnt wieder zur Konkordanz bekennt. Zick-Zack.

Apropos Evelyn Widmer-Schlumpf: Frustriert ist die SVP über ihre Wahl vor allem deshalb, weil nicht der offizielle Kandidat, also Christoph Blocher, wiedergewählt wurde. Inoffizielle Kandidaten könne die Partei nicht akzeptieren.

Mit dieser Haltung bevormundet die SVP das Wahlgremium, also die Vereinigte Bundesversammlung. Das ist diktatorisch, sicher aber nicht demokratisch. Und Widmer-Schlumpf wurde im Rahmen eines demokratischen Prozesses gewählt. Versteht sich die SVP sonst nicht immer als Hüterin der Demokratie? Warum bekundet sie dann immer Mühe, sich selber demokratischen Entscheiden unterzuordnen?

Na dann: Noch’n Zick-Zack.

5 Antworten auf „Zick-Zack“

  1. Nun … es gibt da noch ein anderes Problem: Die SVP hat Schwierigkeiten bei der Kandidatensuche …

    Zur Opposition: Wer etwas zu häufig damit droht, wird irgendwann nicht mehr ernst genommen. Ähnliches gilt übrigens auch für den Begriff „Erpressung“, der von der SVP sehr gerne in den Mund genommen wird.

  2. Yep, die inflationäre Verwendung der immer gleichen Bedrohungsbilder nutzt sich langsam ab und das dürften bestimmt auch zunehmend die Wählerinnen und Wähler merken.

    Man kann nicht über Jahre den Ton mit den immer gleichen Bedrohungsbildern angeben wollen. Irgendwann kommen auch andere Themen auf und dann kommt es auch bei der grössten Partei zu Flügelkämpfen wie bei jeder anderen Partei.

    Und wenn der «Hirte» wie jeder andere älter wird, fällt es ihm bestimmt auch nicht leichter, abtrünigen «Schafen» ständig nachrennen zu müssen… 😉

    Zur Kandidaten-Frage: Auch hier kannst Du sagen, dass wer zu häufig Kandidaten verheizt und aussichtslose Wahlkämpfe betreibt, wird irgendwann nicht mehr ernst genommen. In der Bieler SVP wurde schon der erste Versuch in diese Richtung zu einem Rohrkrepierer – zumindest nach aktuellem Stand…

  3. Grauenhaft werden von diesen Kreisen auch die Diskussionen rumd um die EU geführt, diese wird permanent als Diktatur diffamiert, die Schweiz scheint das Höchste auf der Welt zu sein. Aber genau diese Kreise diffamieren auch alles ausserhalb der SVP als selbstsüchtige Classe politique, im Inland. Ziemliches Begriffschaos, was die ablassen.

    LG,
    Ursula

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