Wenn eine der grossen Schweizer Parteien davon spricht, dass die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Gefahr sei, dann muss etwas Wahres daran sein. Wenn es sich dabei noch um die Grösste der grossen Parteien handelt, dann muss die Lage wohl sehr ernst sein. Die Lage ist ernst und das schon seit einiger Zeit – aber nicht wegen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit…
Im Nachgang zur Volksabstimmung von vergangenem Wochenende kam es zu einem ungewöhnlichen Vorfall: Das Generalsekretariat der SVP Schweiz in Bern wurde Ziel einer Attacke. Scheiben gingen in die Brüche, Rollläden wurden heruntergerissen, Fassaden wurden verschmiert. Auch andernorts kam es nach den spontanen Demonstrationen am Sonntag Abend zu verschiedenen Sachbeschädigungen mit eindeutiger «Anti-SVP»-Handschrift, wie diese Bilder hier zeigen:
Persona non grata
Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art gegen die SVP, gegen private Häuser von SVP-Exponenten oder gegen SVP-Liegenschaften. Just ein Jahr zuvor, nach der Abstimmung zum Bauverbot von Minaretten, wurde das Zürcher SVP-Sekretariat von Vandalen heimgesucht. Damals ging allerdings «nur» die Scheibe einer Eingangstüre in die Brüche.
Doch nicht nur damit gibt man der SVP ein Missfallen über ihre Art des «Politisierens» zu verstehen. Angeblich wegen Drohungen durch «linke Chaoten» und wegen Sicherheitsbedenken könne die ausserordentliche Delegiertenversammlung der SVP nicht wie geplant in Lausanne stattfinden. Dazu dieser Beitrag der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens vom 1. Dezember 2010:
Wie dem Beitrag oben entnommen werden kann, finde diese Delegiertenversammlung nun unter freiem Himmel statt, da man keinen alternativen Versammlungsort gefunden haben will beziehungsweise sich offensichtlich alle verweigern würden, der SVP einen Versammlungsort einzuräumen. In der Folge sieht die Partei die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Gefahr, beides zwei wichtige Grundrechte in unserem Staat.
Schlechte Verlierer
Versuchen wir das Ganze etwas auszutarieren, dies nicht zuletzt auch deswegen, weil die (unkritische) Medienberichterstattung in der Deutschschweiz einen falschen Eindruck erwecken könnte. Die Medienkonferenz der SVP, siehe Tagesschau-Beitrag oben, hat dazu auch das Ihrige beigetragen.
Vorab zu den Sachbeschädigungen: Es mag vielleicht vordergründig mutig sein, eine Scheibe einzuschlagen, Wände zu verschmieren oder andere Objekte zu beschädigen. Aber eine reife Leistung im wortwörtlichen Sinne ist das wahrlich nicht.
Es ist bei näherer Betrachtung auch nicht besonders mutig, höchstwahrscheinlich vermummt, sicher aber anonym, eine solche Tat zu begehen. Mutig wäre es, das Gleiche zu machen und dann auch zu seinen Handlungen offen und ehrlich zu stehen.
Doch selbst wenn das der Fall gewesen wäre, ist auch das nicht zielführend. Es ändert nichts am Volksentscheid. Es ändert auch nichts weder an der Politik einer SVP noch am Verhalten des Stimmvolkes. Eher das Gegenteil dürfte der Fall sein, weil teilweise eine Art Solidarisierung mit den «Opfern» dieser Attacken, also der SVP, eintreten könnte.
Soviel zu diesen Vorkommnissen für den Moment.
Sicherheit ging vor
Kommen wir zur ausserordentlichen Delegiertenversammlung der SVP. Diese hätte ursprünglich im Beaulieu in Lausanne stattfinden sollen. Zur gleichen Zeit soll dort aber auch eine Versammlung der UNIA stattfinden, also quasi des politischen Gegners.
Dass die UNIA nach Bekanntwerden des Versammlungsortes der Delegiertenversammlung der SVP am praktisch gleichen Ort sich wegen möglichen Reibereien als Nachspiel zur Abstimmung von vergangenem Wochenende wehrte, ist verständlich und weise. Einen Hund und eine Katze steckt man schliesslich auch nicht in den gleichen Käfig.
Nicht zu vergessen: Im Beaulieu kam es vor wenigen Jahren an der Comptoir Suisse zu Ausschreitungen, als sich dort der damalige Bundesrat Christoph Blocher zeigte. Insofern muss man sich schon auch fragen, wieso die Leitung des Beaulieu nicht selber schon im Vornherein, also im Juni dieses Jahres, der SVP eine Absage erteilte – und nicht erst Monate später, nachdem man bereits zugesagt hatte…
Diese Absage erfolgte seitens Lokalitätenbetreiber aus Gründen der Sicherheit und nicht etwa weil es sich um eine bestimmte politische Partei gehandelt hatte. Aus demselben Grund sagte auch die Uni Lausanne als alternativer Austragungsort nachträglich wieder ab, da anonym mehrere Drohungen eingingen.
Gelungene Inszenierung
Ist deswegen nun die Meinungs- und Versammlungsfreiheit bedroht?
Natürlich nicht! Es geht hier um eine Inszenierung, mit welcher die SVP einmal mehr vielen Leuten ziemlich den Kopf mittels versteckter Wahlkampfrhetorik verdrehen will – erneut auf Kosten der Grundrechte. Dafür sprechen mehrere Punkte:
1. Unglaubwürdige Grundrechte-Verteidigerin
Vorerst ist es einmal erstaunlich, ja geradezu ein Hohn, dass ausgerechnet eine SVP, welche ansonsten andauern die Grundrechte ritzt, sich nun darüber beklagt, dass die Grundrecht nicht mehr eingehalten würden.
Meinungs- und Versammlungsfreiheit gehören nicht zum zwingenden Völkerrecht. Wenn diese Rechte auch einer SVP wichtig sind und wenn sie es ernst meint mit ihrer Sorge um diese beiden Grundrechte, dann sollte sie auch akzeptieren, dass Volksinitiativen in Zukunft ebenfalls auf ihre Verträglichkeit gegenüber dem nicht zwingenden Völkerrecht geprüft werden. Andernfalls muss sie, die ständig auszugrenzen versucht, halt eben damit rechnen, plötzlich selber ausgegrenzt zu werden…
2. Verboten vs. unerwünscht
Es gibt einen Unterschied zwischen dem Verbieten einer Versammlung zwecks Meinungsaustausch und dem Unerwünscht-sein. Niemand hat der SVP verboten, ihre Delegiertenversammlung abzuhalten. Aber sie ist nicht überall willkommen. Warum wohl? Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass man ganz allgemein nicht zu differenzieren weiss, so wie in diesem konkreten Fall eben auch nicht zwischen verbieten und unerwünscht-sein differenziert wird…
3. Keine Verweigerung
Wie dem «Le Matin» am 30. November zu entnehmen ist, haben die kantonalen wie auch die kommunalen Behörden die notwendigen Bewilligungen erteilt, damit die Delegiertenversammlung unter freiem Himmel in Waadtländer Coinsins nahe Gland stattfinden kann. Die Gemeinde begründete ihren Entscheid damit, «um die Grundrechte der Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu respektieren».
Darum ist es schlichtweg gelogen, wenn die SVP am Tag darauf den Medien mitteilt, die «Behörden und öffentlichen Institutionen» hätten die Durchführung dieses Parteitages verweigert, wodurch die Versammlungs- und Meinungsfreiheit gefährdet sei. Da wären wir wieder beim Nicht-differenzieren-können…
4. Waadt um jeden Preis – weil Wählerpotential
Der «wählerstärksten Partei der Schweiz» sollte es leicht fallen, in ihren Stammlanden auch noch kurzfristig einen geeigneten Ort zu finden. Doch das wollte sie nicht, weil es zu ihrer Strategie gehört, vor allem in der Romandie noch mehr Wähler zu gewinnen. Darum hielt man auf-Teufel-komm-raus am Standort Waadtland fest.
5. Opferrolle
Der Kanton Waadt zählt über 300 Gemeinden. Sie alle sind stolz über den Erweiterungs- oder Neubau ihrer Schulhäuser, Gemeindehäuser, Turn- und Mehrzweckhallen, denn schliesslich ist das Gemeindepolitik pur. Und dann soll sich auch kurzfristig keine Halle für 1000 Personen zwischen Nyon und Aigle, Morges und Yverdon oder Vevey und Payerne finden lassen?
Oder wollte man keine Halle finden, um sich für einmal in der Opferrolle als Verschmähte zu suhlen?
6. Traditionelle Versammlungsform
Kommuniziert wird gegenüber den Delegierten, dass der Parteitag «auf offenem Feld in Form einer Landsgemeinde» durchgeführt werde. Irgendwie kann man sich da des Eindrucks nicht erwehren, dass man diese traditionelle Versammlungsform geradezu gesucht hatte und auch deswegen nicht weiter nach einem geschlossenen Raum suchte. Man bedenke schliesslich: Auch der Rütlischwur fand unter widrigen Umständen und unter freiem Himmel statt…
7. Keinen Rechtsanspruch auf einen Versammlungsort
Das Grundrecht um Versammlungsfreiheit schliesst die freie Benützung irgendeiner Mehrzweckhalle mit Restaurationsbetrieb, sanitären Anlagen, Tribüne, Leinwand, Beamer und Stehpult für polternde Reden-Halter nicht ein. Genauso wenig gehört ein Sicherheitsdispositiv der Polizei dazu, auch wenn die SVP nun so tut, als ob das alles dazu gehören müsste.
Wenn insbesondere Letzteres erforderlich sein sollte, liesse sich das bestimmt einrichten. Als gesetzliche Grundlage könnten die Massnahmen zur Bekämpfung gegen Gewalt an Sportveranstaltungen dienen (anstelle der Hooligans treten dann einfach die «linke Chaoten»). Und wie inzwischen üblich, trägt der Veranstalter die Sicherheitskosten. Wir wollen ja schliesslich nicht die Steuergelder potentieller SVP-Wähler verschleudern, nicht wahr? 😉
8. Mediale Inszenierung
Vorstösse von einzelnen Parlamentariern, Fraktionen oder Kommissionen werden fortwährend eingereicht, ohne dass dafür je eine Medienkonferenz abgehalten wird.
Anders bei der SVP: Mit Posaunen und Trompeten kündigt man vor versammelter Medienschar eine einzelne Interpellation an: «Wiederherstellung der Garantie der freien Meinung und Versammlung in der Schweiz».
Der im Namen der SVP-Fraktion handelnde Interpellant, gemäss Medienmitteilung der SVP handelt es sich um André Bugnon, ist aber an der fraglichen Medienkonferenz nicht einmal dabei. Auch der Fraktionspräsident, Caspar Baader, glänzt bei dieser Interpellation seitens SVP-Fraktion mit seiner Abwesenheit. So wichtig scheint es die SVP offensichtlich selber nicht zu nehmen…
9. Zeitlich gut orchestriert
Das Problem mit einem Versammlungsort in der Waadt ist nicht erst in den letzten Tagen aufgetreten. Schon seit dem 10. November ist bekannt, dass auch die Uni Lausanne die SVP wieder ausgeladen hatte. Die SVP beklagt sich darüber aber erst nach der Abstimmung zur Volksinitiative über die Ausschaffung krimineller Ausländer und dies auch erst, nachdem die Medienberichte über die Abstimmung selbst vorbei sind.
Jeder, der sich in seinen Grundrechten eingeschränkt sieht, klagt darüber sofort und wartet sicher nicht noch drei Wochen ab – ausser man sieht nicht wirklich eine grosse Dringlichkeit in der Sache und hat gute Gründe fürs Zuwarten. Das Ganze sieht darum nach einer zeitlich gezielt orchestrierten Aktion aus.
10. Mitreden bezüglich Grundrechten
Diskussionen über die Grundrechte und deren allfällige Verletzung war bisher den Mitte-/Links-Parteien vorenthalten. Die SVP hielt sich bisher dazu zurück, was man auch als «wir verletzten die Grundrechte nicht» interpretieren konnte. Indem sie sich nun jedoch einmischt, redet sie bei der Frage mit, wann die allgemein verfassten Grundrechte verletzt werden.
Selber schuld
Verschiedentlich bekommt man zu hören, dass die SVP jene Partei sei, welche dem Volk zuhöre und deren Sorgen und Nöte kenne. Es mag erstaunen, aber zu diesem Volk gehören auch die so genannten «linken Chaoten».
Man kann, mag, soll oder muss deren Handlungen verurteilen. Sie zu ignorieren wäre aber genauso falsch. Dabei geht es nicht einmal um den Aspekt der Sicherheit. Vielmehr sind sie auch eine Form von Gradmesser. Zeichnet sich nämlich in irgendeiner Form ein politischer Rechtsrutsch ab, schlägt der Gradmesser aus. Das Gleiche gilt natürlich auch im politisch umgekehrten Sinne.
Dass der Gradmesser ausgeschlagen hat, daran trägt die SVP die Hauptschuld. Ein altes Sprichwort besagt: Wie man in den Wald ruft, so ruft es zurück. Und ein anderes meint: Man erntet, was man sät.
Die SVP sät eine wenig konstruktive Politik und tut dies noch dazu auf eine Art, die polarisiert. Dazu gehört typischerweise auch, dass man den Umstand, unerwünscht zu sein, umdreht und stattdessen von einer Gefährdung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit spricht.
Jede andere Partei oder jede Privatperson würde sich bei einer Rückweisung vielmehr fragen, was sie denn falsch gemacht hat, dass sie zurückgewiesen wurde. Das ist zumindest dann der Fall, wenn man sich nicht für unfehlbar hält. Bei der SVP betrachtet man sich aber offenbar für unfehlbar. Fehler zu zeigen ist schliesslich ein Zeichen von Schwäche – und ein Zeichen von Menschlichkeit…
Politischer Umgangston
Die Debatte um die angebliche Gefährdung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit kann man getrost ignorieren. Es wird nämlich einmal mehr eine Stellvertreter-Debatte sein. Vor allem die düpierten SVP-Vertreter werden mit schmollenden Mündern lange Vorträge über die Meinungs- und Versammlungsfreiheit halten.
Nötig wäre indes eine Debatte über die Art des Politisierens und über den Umgang zwischen den verschiedenen politischen Lagern. Aber das gehört eben nicht zu den Grundrechten, ergo gibt es nichts einzufordern und keine Grundlage für die Klagen bezüglich Verrohung des politischen Diskurses seitens der anderen Teilnehmer…
Update (03.12.2010, 10.56 h): Oben wurde Punkt 10 hinzugefügt.
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«Die Zeichensetzer marschieren durch»
Das ist eine sachliche und ausgewogene Analyse. Mich beunruhigt vor allem, dass die Medien diese Pressekonferenz der SVP tel quel in ihr Programm aufnehmen. Wenn die SVP sich bei eisiger Kälte auf einem Feld bei Gland versammeln will, kann sie das gerne tun. Aber darüber muss man nichts in die Zeitung schreiben. Und wenn schon, könnte man mal eine SVP-Parteiversammlung mit einer Landsgemeinde vergleichen – da gibt es schon gravierende Unterschiede.
Ich habe soeben noch einen 10. Punkt hinzugefügt.
@ Philippe Wampfler
Dank Veranstaltung auf freiem Feld wird der SVP noch mehr Aufmerksamkeit zuteil… und der Inhalt rückt eher in den Hintergrund. Gut möglich, dass dahinter auch Kalkül steckt, denn wer will schon bei eisiger Kälte lange debattieren?
Natürlich gibt es Unterschiede zu einer Landsgemeinde (sagt einer, der im Landsgemeindekanton Glarus aufgewachsen ist und auch schon daran aktiv teilgenommen hat).
Was für ein Theater! Mich würde es ja nicht wundern, wenn die ihren nächsten Parteitag im Nationalstadion, pardon, Wankdorf durchführen würden. Konzept AIDA, einfach mit Wagner.
@ Ugugu
Wankdorf – das würde passen zum „Hooligan-Gesetz“ 😉
Leider merken nur wenige, was da abläuft. So fragt sich im Moment auch niemand, wann denn die Rücktrittsforderung an Micheline Calmy-Rey nach dem heutige GPK-Bericht folgen wird. Morgen an der DV? Oder nächste Woche? Oder nächste Woche vor dem Wahlgang des Bundespräsidenten bzw. der Bundespräsidentin?
Ich tippe darauf, dass die SVP Calmy-Rey nicht zur Bundespräsidentin wählen wird. Das würde genau deren Rotzlöffel-Image entsprechen. Wäre das Parlament eine Schulklasse, wäre die SVP die erste, die Schüler, die sich so verhalten wie die eigenen Exponenten, vor die Tür stellen würde.
Deinen Beitrag finde ich super gut geschrieben, nur verwässerst Du die Tatsachen nach der Lokalsuche. Oder hat mich da der Tages-Anzeiger angelogen?
Wünscht man sich denn so sehr, etwas das zwar gegenwärtig ist, ausradieren oder zumindest ins Lächerliche ziehen zu wollen?
Will man, dass nur seine eigene Meinung die einzig richtige zu sein hat, Andersdenkende von vorne weg ausgeschlossen werden? Ja? Dann gute Nacht liebe Schweiz.
@ Mia
Calmy-Rey würde auch ohne den GPK-Bericht keine Stimme der SVP erhalten. Bei den Erneuerungswahlen stimmen nämlich immer mindestens so viele nicht für die SP-Bundesräte, wie es SVP-Mitglieder in der Bundesversammlung hat. Warum sollte das also bei Bundespräsidentschaftswahlen anders laufen?
@ Ate
Die SVP wie auch alle anderen Parteien haben alle ihre Seinsberechtigung. Darum geht es hier nicht.
Es geht vor allem um den Ton und die Art und Weise, wie man politische Themen thematisiert – sofern sie überhaupt ein Thema sind. Dass die heutige Delegiertenversammlung stattfand, ist der beste Beweis dafür, dass die Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht gefährdet ist. Niemand wurde gehindert, daran teilzunehmen und niemand wurde daran gehindert, seine Rede zu halten. Wäre das der Fall gewesen, dann hätten wir wirklich ein echtes Problem.
Die SVP hat eine Rückweisung erfahren und führt sich nun auf wie eine beleidigte Leberwurst. Ich würde ein quengelndes, herumpolterndes Kind auch nicht bei mir aufnehmen wollen, wenn ich die Wahl hätte. Nur: Es geht hier nicht um ein Kind, sondern eine so genannt „staatstragende“ Partei, von welcher man einen staatsmännischeren Umgang mit den anliegenden Problemen erwarten könnte.
„Mitten im kalten Advent habe die Partei keine Herberge gefunden, klagte SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli“, stand in der NZZ unter dem Titel „Wie Maria und Joseph?“. Eigentlich wollte ich das ja auch verbloggen, aber der Vergleich mit Josef, Maria und dem Heiland ist derart dreist, dass mir die Worte fehlten.
vgl. http://tinyurl.com/39526n3
Doch Titus, genau und gerade darum geht es. Die SVP wie auch alle Parteien haben ihre Daseinsberechtigung. Sollte man meinen. Aber wie war das mit der UNI Lausanne, wo sich die SVP einbuchen wollte, gleichzeitig aber die UNIA dort tagte und deshalb die SVP ausgeladen wurde, wegen Angst seitens der UNIA (lächerlich) wegen Randalen. Das zeigt schon dass man den geringsten Widerstand nimmt, um, verzeih den Ausdruck, den Schwanz einzuziehen. Besser ausgedrückt, sich unter der Kappe der Ängstlichkeit verstecken zu dürfen, ohne das politische Mäntelchen lüpfen zu müssen.
Du weisst in der Zwischenzeit, dass ich keine Sympatisantin der SVP bin, aber dennoch stelle ich mich auf ihre Seite, wenn man ihnen über den Karren fahren will. Und eben da frage ich mich wegen dem Warum. Irgenwie kommen mir doch Zweifel auf, obs etwa an der Angst liegen könnte weil so ein Spürchen durchdriftet, dass das Volk Richtung Rechts-konservativ zu laufen beginnt.
Und Du, auch ich hörte vom Parteiprogramm der SP, ein Programm, dass ich nicht goutieren kann, aber denkst Du ich verbetoniere ihnen deswegen ihr Sekretariat oder schmeisse Farbkübel auf öffentliche Gebäude. Ja, ich weiss, es sind und waren die Chaoten-Idioten (wie sie neuerdings genannt werden) von denen sich die SP distanziert, sich der eine oder andere sicher ins Fäustchen lacht. Ich lach mir auch ins Fäustchen und zwar bei dem Gedanken darüber, wenn solche Goldküsten-Chaoten mal an die politische Macht kämen. Dann gäbs dann zuerst mal die Legalisierung für Cannabis, für die ich übrigens auch wäre, sofern man sich nicht schon von morgens weg den Kopf zunudelt.
Und sieh, Tage zuvor vermeldete die Polizei, dass es in Zürich bei einem JA eine Demonstration geben würde. Eine Demonstration an einem Sonntag werde sowieso nicht bewilligt, hiess es, aber man liess sie dann doch ungehindert gewähren. An vorderster Front wie üblich Frau Stauffacher (sah man in jedem TV-Ausschnitt), aber nein aber auch, als es eskalierte, nahm man „eine einzige“ Person fest. Fühl mich als Zürcher Bürger verarscht. Du hingegen wirst eine Berechtigung in dieser Demonstration finden.
Das Titus sind Dinge die mich beschäftigen, da wird in meinen Augen die Realität unterdrückt und man unterstützt etwas, dass so nicht sein darf.
Und ja, Du schreibst es richtig: Niemand wurde heute gehindert, seis am teilnehmen oder am reden, aber diese Ausweichmöglichkeit wurde verschuldet durch die Linken und/oder den Weicheiern, die ihre Säle wegen Angst vor Vandalismus nicht zur Verfügung stellten. Und schon wieder, verzeih mir meinen Lacher, haben sich die Linken ein sehr sattes Ei gelegt. Du magst den Anschein haben, dass die SVP eine Rückweisung erhalten hat, aber einen besseren Dienst konnte man ihr nicht erweisen. Aber das kapiert die Linke nicht. Und mich erheitert es, je mehr ich davon höre. Ja, Politik kann auch lustig sein, aber nur, wenn man die Politiker nicht mehr ernst nimmt.
Eine staatstragende Partei? Mal angenommen, Du meinst jetzt nicht diesen 30%-Anteil, der auf 27 geschrumpft ist. Sollten nicht alle Parteien staatstragend sein? Von uns gewählt, in unserem Sinne handelnd?
@ Ate
Vielleicht hatte ich mich oben etwas unglücklich ausgedrückt. Ich versuch’s nochmals präzisieren mit:
Die SVP wie auch alle anderen Parteien haben alle ihre Seinsberechtigung. Es geht nicht darum, dass die SVP nicht sein darf.
Zu den Demos: Bitte die friedlich Demonstrierenden nicht mit den gewaltbereiten vermischen.
Zum SP-Parteiprogramme äussere ich mich im Gegensatz zu vielen anderen nicht, weil ich es nicht gelesen habe. Bisher lag bei mir erst der Entwurf drin und dazu hatte ich mich bereits hier geäussert.
Hab die Seinsberechtigung von Deiner Seite her schon richtig verstanden, obwohl ich, so schien es mir, zwischen Deinen Zeilen eine Spur sich lächerlich über die SVP machen, sah. Und siehste, da wurmts, eben bei der Seinsberechtigung. Da gibts ein kleines Grüppchen das meint, wir schreiten nun zurück in den Kommunismus und da stemme ich mich dagegen. Genau gleich wie ich mich gegen die EU sperre.
Aber das ist jedermanns Sache und jede Meinung sollte es wert sein angehört zu werden, anstatt sie pauschalisierend als braune Sülze abzutun (ja, auch das durfte ich schon lesen).
Ich vermische die friedlich und die gewaltbereiten Demonstranten nicht. Tatsache ist aber, dass diese Demonstration unbewilligt war, die Polizei friedlich zusah und erst als es zur Eskalation ging, einschritt. Und das bei einer „unbewilligten“ Demonstration. Denkst Du nicht, dass ich da als Steuerzahler keinen Anspruch auf Hassigkeit haben darf? Ich mich verarscht fühle?
Du hast ja keine Chance das SP-Parteiprogramm zu lesen, denn laut Wermuth, aufs Programm angesprochen und auch gelesen, gibt er zur Antwort, dass es noch gar nicht öffentlich ist.
Siehste, Partei, Politik, Lügen Lügen und nochmals Lügen.
Nichts mehr mit Politik zu tun haben wollte ich, hab mich anders entschieden. Abstimmen gehe ich weiterhin, wählen hingegen nie mehr.
Aber all das wollte ich Dir eigentlich gar nicht schreiben, einzig und nur, dass ich Dich sehr gerne mag und ich unsere Freundschaft, sofern sie eine ist, mir sicherlich nich wegen Parteien, Muslimen und was weiss ich, und was sonst noch kommen könnte, kaputt machen lasse. Wenns denn wirklich so weit kommen sollte, so höre ich doch lieber auf, auf Deinem Blog zu lesen, denn so bringe ich mich nicht in Versuchung.
@ Ate
Ginge es in der Politik nur ums Vertreten der eigenen Position, käme es nie zu einer Lösung, da die Positionen ja zum Teil diametral zueinander verlaufen. Erst die Sympathie oder Antipathie zwischen Kontrahenten lassen den jeweils anderen zuhören und ermöglichen eine Diskussion, hier wie in der Politik.
Heute in einem Leserbrief in meiner Lokalzeitung:
Roland Rino Büchel, SVP Nationalrat: „Der eine oder andere „Intellektuelle“ oder linke Chaot sieht die Sache anders.“ … „Denn mit der SVP haben die linken Stadtbubis (gemeint sind die Lausanner), die untätige Stadtregierung … blablablablabla.“
Gestern am TV: Der Club zum Thema Anstand und Respekt. Wenn Herr Nationalrat Büchel den Respekt auf diese Art und Weise öffentlich vorlebt, dann kann das ja nur zappenduster enden.
PS: Er ist der Nachfolger von Jasmin Hutter … *grosser Seufzer aus dem Kanton SG*
@ Alice
Hab ich was verpasst? Muss ich mir das noch angucken? Kann ich dabei noch was lernen? (sie steht offensichtlich „aus rechtlichen Gründen“ nicht im Videoportal zur Verfügung).
Was den Herrn Büchel betrifft: Ein neuer Fisch im Haifisch-Becken, der in einem Jahr wiedergewählt werden will. Da muss man doch etwas poltern um Wellen zu werfen, oder etwa nicht…?
Ich habe nicht alles geschaut. War so was wie Friede, Freude, Eierkuchen – alle forderten die Rückkehr zu Werten wie Respekt und Anstand und sprachen von Vorbildfunktion. Mit alle meine ich alle, auch die SVP, weshalb ich heute Nachmittag Herrn Büchel eine persönliche Nachricht geschrieben habe …