Bald mehr Transparenz im Bundeshaus

Lobbying im Bundeshaus gehört inzwischen genauso zum Parlamentsbetrieb wie das Amen in der Kirche. Wer jedoch für wen lobbyiert, ist trotz Öffentlichkeitsprinzip nur beschränkt bekannt. Das soll sich in Kürze ändern.

«Jedes Ratsmitglied kann für je zwei Personen, die für eine bestimmte Dauer Zutritt zu den nichtöffentlichen Teilen des Parlamentsgebäudes wünschen, eine Zutrittskarte ausstellen lassen», heisst es in Art. 69, Abs. 2 des Parlamentsgesetz aus dem Jahre 2002.

Ein alter Zopf – aus Papier

Was darin nicht steht, ist, um wen es sich bei diesen zwei Personen handeln kann oder darf. Dass damit auch persönliche Mitarbeiter oder Familienmitglieder der National- und Ständeräte Zugang bis vor die Ratssäle erhalten, so wie das wohl ursprünglich gedacht war, klingt natürlich.

Dass es damit allerdings auch Interessenvertretern, häufiger «Lobbyisten» genannt, möglich ist, die vom Volk gewählten Vertreter in der Wandelhalle und den anderen nicht öffentlich zugänglichen Bereichen zu «bearbeiten», ist ein «Nebeneffekt» dieser relativ offenen Zutrittsformulierung.

Lobbying innerhalb der Mauern des Bundeshauses abschaffen zu wollen dürfte wenig bringen, denn schliesslich findet dieses genauso auch ausserhalb der besagten Mauern statt (da eine Führung, dort eine Präsentation, hier eine Einladung für eine Veranstaltung usw.).

Aber man könnte Transparenz schaffen, damit wenigstens alle wissen, wer sich aus welchen Gründen oder mit welchen Absichten in den nicht öffentlichen Bereichen aufhält. Diese Transparenz ist von Gesetzes wegen heute schon gegeben, denn der eingangs erwähnte Absatz enthält noch einen Zusatz: «Diese Personen und ihre Funktionen sind in ein öffentlich einsehbares Register einzutragen.»

Das «Problem» bei der Sache liegt gegenwärtig aber darin, dass dieses Register nur vor Ort in Papierform einsehbar ist…

Das überrascht, denn: Währenddem inzwischen die Ratssitzungen live via Internet verfolgt werden können, währenddem die Interessenbindungen der Ratsmitglieder online abgerufen werden können, währenddem jedes gesprochene Wort in den Räten online nachgelesen werden kann, ist die Liste der zugangsberechtigten Personen noch immer nicht via Internet zugänglich. Ein Schelm wer denkt, dass dahinter Absicht steckt…

Mehr Transparenz gefordert…

Daran störte sich offensichtlich auch die Thurgauer SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher und reichte darum in der Herbstsession 2009 eine parlamentarische Initiative ein, welche im Wesentlichen Transparenz mittels den folgenden Massnahmen verlangte:

  • Schaffung einer Akkreditierung für Lobbyisten (ähnlich wie für Bundeshausjournalisten), gekoppelt an ein öffentliches Register (inklusive Foto).
  • Definition von Kriterien für die Akkreditierung sowie Offenlegung der Arbeitgeber der Lobbyisten.

Der weitere Verlauf dieses Vorstosses zeigt (diplomatisch ausgedrückt) eine gewisse «Zerrissenheit» bei den Parlamentariern. So hatte die Staatspolitische Kommission des Ständerats ihre Zustimmung zu dieser Initiative mit 6 zu 3 Stimmen verweigert – bei 3 Enthaltungen. Die gleiche Kommission des Nationalrats hatte zuvor hingegen zugestimmt – mit 11 zu 11 Stimmen und Stichentscheid durch den Kommissionspräsidenten.

Dem Bericht der nationalrätlichen Kommission ist weiter zu entnehmen, dass beide Kommissionen «ein allgemeines Unbehagen über die massive Vermehrung des Lobbyings in den letzten Jahren» haben.

Eine Minderheit der nationalrätlichen Kommission befürchtet zudem, dass durch eine separate Akkreditierung von Lobbyisten – zusätzlich zu den bestehenden Zutrittsberechtigten – einerseits eine Aufwertung des Lobbyismus stattfinden würde und dass andererseits die Vorzimmer der Räte noch stärker durch Drittpersonen frequentiert würden.

…und mehr Transparenz versprochen

Darum suchte man nach einer Lösung für mehr Transparenz im Rahmen der geltenden gesetzlichen Regelung und zwar ohne dass zusätzliche Personen Zutritt zu den nicht öffentlichen Bereichen erhalten. Diese wurde nach einer Anfrage bei der Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung auch gefunden:

Die Verwaltungsdelegation hat sich mit Schreiben vom 12. November 2010 bereiterklärt, das bisher nur bei den Parlamentsdiensten an Ort und Stelle einsehbare Register der Gäste der Ratsmitglieder ab Beginn der nächsten Legislaturperiode im Internet aufzuschalten. Zudem soll auf den Zutrittskarten dieser Gäste von Ratsmitgliedern künftig ihre Funktion eingetragen werden.

Aufgrund dieser Entwicklung hat Edith Graf-Litscher ihre Initiative in der Frühlingssession vor knapp einem Monat zurückgezogen. Man darf gespannt sein, ob Wort gehalten wird und am 5. Dezember 2011, am ersten Tag der Wintersession und damit am ersten Tag der neuen Legislaturperiode, sich diese Liste tatsächlich auch unter www.parlament.ch finden lässt.

Falls dem nicht so ist: Eine fast identische Motion des SVP-Nationalrats Lukas Reimann, welche er ebenfalls in der Herbstsession 2009 einreichte, wurde im Nationalrat noch nicht behandelt…

2 Antworten auf „Bald mehr Transparenz im Bundeshaus“

  1. @ Mia
    Vielen Dank für den Link.

    Es gab ja schon des Öfteren Diskussionen um diese Liste und vor allem um diejenigen, die eingelassen werden sollen. Im Zusammenhang mit dem Vorstoss oben wäre es auch darum gegangen, klare Bezeichnungen zu schaffen. „Berater“ würde nicht viel sagen, hiess es dazu. Und ich schiebe nach, dass auch „persönlicher Mitarbeiter“ nicht viel sagen muss (bzw. auch ein Lobbyist sein kann).

    Soweit soll es nun aber nicht kommen, dafür werden diese Bezeichnungen („Berater“ usw.) auch auf den Ausweisen stehen. Damit ist es den Parlamentariern überlassen, sich ihren Reim über diese „Funktionen“ machen…

    Etwas stutzig macht mich die folgende Erwähnung des Beobachters: „(darf) gemäss Ratsbeschluss nicht elektronisch publiziert“. Von einem solchen Ratsbeschluss war im Kommissionsbericht nicht die Rede. Aber wenn ich mich richtig erinnere, hatte einmal die Verwaltungsdelegation dies so beschlossen (womit sich der Beobachter lediglich im Gremium irrte?).

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