Wer öffentlich exponiert ist, von dem erwartet man, dass mit gutem Beispiel vorangegangen wird. Die Wettbewerbskommission glänzt dabei nicht besonders als gutes Beispiel…
Die Aufgabe der Wettbewerbskommission (WEKO) besteht darin, Fälle zu prüfen, bei denen der Verdacht besteht, dass der Wettbewerb verzerrt wird oder gar nicht erst stattfindet.
Unkomplizierte schwere Lektüre…
Dazu zeigt sich die WEKO relativ unkompliziert. So schrieb sie anfangs dieses Monats:
Wer als KonsumentIn oder Unternehmen den Eindruck hat, einem möglichen Kartellgesetz-Verstoss begegnet zu sein, soll sich bei der WEKO melden (falls gewünscht auch anonym). Die WEKO prüft dann, ob die Voraussetzungen für ein Eingreifen gegeben sind.
Sie schrieb dies im Zuge der Wechselkurs-Thematik Euro/Franken, wobei Sie die Öffentlichkeit dazu einlud, ihr Meldung zu machen, wenn jemand den oben erwähnten Eindruck hat:
Teilen Sie uns Ihre Beobachtungen am besten per E-Mail (weko @ weko.admin.ch) oder Post mit dem beiliegenden Formular mit!
So gut diese «Aktion» auch gemeint ist, wird man den Eindruck nicht los: Juristen am Werk! 99 Prozent der Bevölkerung haben wohl noch nie das Kartellgesetz gelesen und geschätzte 80 Prozent wissen nicht einmal, dass es ein Kartellgesetz gibt.
Es dürfte darum wohl nur wenige Menschen geben, die «den Eindruck haben, einem möglichen Kartellgesetz-Verstoss begegnet zu sein», weil viele gar nicht wissen, wovon die Rede ist. Und einen Link aufs fragliche Gesetz sucht man vergeblich.
Spätestens beim erwähnten Formular ist es vorbei mit der Unkompliziertheit: «Haben Sie Hinweise auf Preisabreden?» oder «Haben Sie Hinweise auf Marktabschottung» ist keine einfache Lektüre.
Was Preisabreden und Marktabschottung ist, dürften viele kaum wissen – und wann Preisabreden oder eine Marktabschottung vorliegt, wird selbst unter Juristen unterschiedlich ausgelegt. Genau darum gibt es ja die WEKO…
Doch zuvor gilt es noch die Fragen «Gibt es alternative Anbieter?» und «Gibt es alternative Produkte» zu beantworten. Das sind zwar keine Pflichtfelder, abschrecken tut das aber trotzdem. Oder sehen Sie sich bei diesen Fragen nicht etwa auch genötigt, zuerst noch Nachforschungen über Alternativen anstellen zu müssen, bevor Sie dieses Formular abzuschicken wagen?
Nebst einigen formellen Fehlern fehlt auch die Möglichkeit für ein Datum und eine Unterschrift – wenigstens für diejenigen, welche nicht anonym bleiben möchten und das Ganze per Post zurückschicken wollen.
Ohnehin ist nicht klar, wie denn dieses Formular nun auszufüllen ist: Von Hand geschrieben, am Computer oder eine Mischung von beidem. Diese Frage taucht deshalb auf, weil die ja-/nein-Checkbox-Felder am Computer gar nicht anwählbar sind.
Kostenpflichtiges Format
Alles in allem, Gestaltung eingeschlossen, hinterlässt das Ganze den Eindruck eines in-fünf-Minuten-durch-einen-wenig-begabten-Benutzer erstellten Dokuments. Für eine Behörde, die ansonsten jedes Komma zweimal umdreht, ist das wahrlich keine Meisterleistung.
Das Störendste daran aber ist das Format: Microsoft Word.
Danke, liebe WEKO, dass Ihr damit von jedem potentiellen Nutzer dieses Formulars verlangt, zwecks korrekter Darstellung eine kostenpflichtige Microsoft Office-Lizenz haben zu müssen und dass Ihr damit das heutige Microsoft-Monopol noch untermauert. Dabei gäbe es Alternativen, die teilweise sogar kostenlos sind…
Und sollte in absehbarer Zeit bei der WEKO ein Virenbefall auftreten, dürfte auch das ob dem offenen Format nicht überraschen. Ganz so gut gesinnt sind dieser Behörde gegenüber nämlich nicht alle…
P.S. Hoffentlich ist die WEKO noch nicht virenbefallen, denn «manche Dateien können eventuell auf dem Computer Schaden anrichten» (meint der ebenfalls von Microsoft herausgegebene Internet Explorer beim Öffnen dieser Word-Datei…).
Guter Beitrag, der zum einen zeigt, dass hier beim Staat in diesem Falle eigentlich auch nur theoretisch die Möglichkeit besteht, solche Dinge dem WEKO zu melden. Würde mich verwundern, wenn das Formular überhaupt schon oft genutzt wurde. Und auch das Microsoft .DOC-Format stört definitiv!
ich finde die Kritik gerechtfertigt. Das .doc-Formular ist für mich nicht die Unterstützung eines Monopols, sondern die Verwendung eines Standards: Jedes Textverarbeitungsprogramm und jeder Browser kann es öffnen und darstellen – das ist bei keiner Alternative der Fall.
Eindeutig eine Alibi-Kommission.
@PW: .doc Formulare lassen sich nicht immer öffnen.
@ mmemichi
Ich fürchte eben auch, dass das Ganze zu steif daherkommt, um überhaupt „Freunde“ zu finden.
@ Philippe Wampfler
Nur weil ein Format häufig gebraucht wird, ist es nicht automatisch Standard. Von einem Standard erwarte ich, dass sich an dessen Erarbeitung mehrere Interessierte oder Betroffene beteiligen um ihre Sicht bezüglich Anforderungen einbringen zu können. Davon kann bei MS Word wohl kaum die Rede sein.
Deine Antwort bestätigt hingegen das Monopol. Soweit hat Dich Microsoft schon getrieben, um Word als Standard zu betrachten… 🙂
Es gibt ja nicht wirklich einen Standard in diesem Bereich. Aber es gäbe Formate, die sich nicht nur bloss ohne kostenpflichtiges Produkt öffnen liessen, sondern auch eine Editor-unabhängige Darstellung garantieren. Dazu gehört vor allem PDF, und in diesem Bereich gäbe es auch die (heute noch viel zu wenig genutzte) Möglichkeit von PDF-Formularen. Das wäre auch sicherer, weil sich damit einiges steuern lässt.
Schliesslich könnte man ja auch ein Formular online aufschalten und die ganze Editor-Frage erübrigt sich…
Ich denke nicht, dass sich Standards in einem bestimmten Prozess ergeben müssen. Nehmen wir die Kühlschrankbreite: Die muss einfach festgelegt werden und praktikabel sein. Ich tausche oft mit anderen Leuten Dokumente aus und ich benutze Word eher selten – .doc ist einfach das einzige Format, das jeder Text-Editor lesen und schreiben kann. Man braucht dafür in keiner Art und Weise Kunde von Microsoft zu sein.
@ Philippe
Und wer soll die Kühlschrankbreite „einfach festlegen“?
Das spielt m.E. gar keine Rolle – so lange es keine Normopfer gibt, d.h. Firmen oder Kühlschrankhersteller, die dadurch geschädigt würden.
Alle Textverarbeitungsprogramme haben exklusive Formate (wie z.B. .docx oder .odt etc.) – und können via .doc »kommunizieren«. Das macht es doch zu einem praktikablen Format. Gäbe es eine Alternative, könnte man sich darüber streiten.
D.h. ich sehe schon, dass es dabei ein Problem geben könnte. Aber in diesem Fall gibt es genau so wenig ein Problem wie bei Adobes .pdf-Format.
.doc war offenbar ursprünglich keine Erfindung von Microsoft, sie nutzen das Format dann aber in einer eigenen Art und Weise. Es kann von Open Source-Produkten und von Apple offenbar nur eingeschränkt verwendet werden – deshalb auch Darstellungsprobleme. Gleichwohl sehe ich darin kein Problem, ich würde weiterhin bearbeitbare Files als .doc verschicken, da ich keine vernünftige Alternative kenne.
@ Philippe
Wenn Du einmal Gelegenheit hast, an der Ausarbeitung und späteren Verbreitung/Promotion eines internationalen Standards mitarbeiten, dann nutze diese Gelegenheit. Es dürfte höchstwahrscheinlich Deine heutige Sichtweise verändern…
Es geht nicht ums Editieren, sondern ums korrekte Wiedergeben eines Formulars. Das beginnt schon damit, dass es heute zig unterschiedliche Anbieter einer Schrift wie beispielsweise Times New Roman gibt, wobei trotz gleicher Bezeichnung noch lange nicht jede gleich aussieht. Schon alleine das kann zu einer (Sinn-)Entstellung führen.
Hier geht es nicht um die Anmeldung für den nächsten Chlausabend beim Turnverein, sondern um eine Meldung an eine Behörde, die daraufhin erste Abklärungen vornimmt (vornehmen muss) und Jahr für Jahr mehr Fälle vor sich her schiebt als sie löst. Missverständnisse oder Leerläufe wegen eines so plump erstellten Word-Formulars wären da ärgerlich. Das liesse sich teilweise vermeiden, wenn man entweder auch Word verwendet oder es liesse sich vollständig vermeiden, indem man sich einmal über die oftmals unbekannten Möglichkeiten von PDF-Formularen erkundigt…
Wie, denkst du, würde die Ausarbeitung eines Standards meine Sicht verändern? Ich arbeite oft daran mit, eine Norm zu erstellen – und meine Aussagen basieren auf dieser Erfahrung. Kurz:
a) welche Norm man wählt, ist so lange egal, wie es
b) keine Opfer dieser Norm gibt.
Klar wäre ein .pdf-Formular eine Alternative. Ich bezweifle aber, dass die Darstellung der Felder in den verschiedenen pdf-Lesern wirklich unproblematisch ist. Zumindest brauche ich immer Adobe Acrobat Professional, um Formulare sauber darstellen zu können – also wiederum ein kostenpflichtiges Programm einer Firma.
Letztlich sind doch schlecht formatierte Formulare das Problem der WeKo, nicht aber des Users.
@ Philippe
Ziel eines Standards sollte eine Vereinfachung für alle Beteiligten sein. Nur sind bei der Ausarbeitung eines internationalen, technischen Standards unglaublich vielen Zwänge oder Gegebenheiten zu berücksichtigen.
Wenn wir beim Kühlschrankbreiten-Beispiel bleiben, dann kommen zuerst die Kunden, die ihre Wünsche anbringen, dann die Architekten und Küchenbauer und schliesslich auch die Hersteller selbst. Vermutlich gibt es auch Aspekte, welche den Elektriker betreffen und vielleicht melden auch noch die Sanitärinstallateure irgendwelche Vorbehalte oder Einflüsse an, obschon sie nicht direkt betroffen sind. Dann gibt es technische Vorschriften pro Land, die meistens aus Sicherheitsgründen einzuhalten sind und einen Einfluss haben können (Abstände zum nächsten Gerät, Abluft usw.). Schliesslich kommt noch die Nahrungsmittel und Verpackungsindustrie, welche eine Rindszunge oder ein Stück Lachs so zu verpacken haben, dass sie überhaupt in den Kühlschrank passen.
„Die (Kühlschrankbreite) muss einfach festgelegt werden“ ist eben nicht so einfach, wie Du das schreibst. Ich bin überzeugt, dass schon unzählige Standards definiert oder angestrebt wurden und aus denen dann schliesslich nichts wurde oder die sich nicht durchzusetzen vermochten (und weshalb wir auch nie etwas von ihnen erfahren haben). Die Gründe fürs Scheitern können mannigfaltig sein.
Das pdf-Format wurde genau dafür geschaffen, dass die Darstellung eben überall identisch ist. Indem z. B. Schriften eingebunden werden, sieht dann auch jeder die gleiche „Times New Roman“ und ein Reader-Programm greift dann nicht auf jene „Times New Roman“, die er lokal auf einem Computer oder tragbaren Gerät findet (und anders aussieht) und schliesslich nur ein schlechtes Imitat von Microsoft ist.
Natürlich ist das Erstellen eines pdf-Formulars mit Kosten verbunden. Aber der Unterschied ist der, dass es den Ersteller etwas kostet, nicht den Anwender. Bei einem Word-Dokument bin ich aber gezwungen, auch Word zu haben um keinen Darstellungsverlust in Kauf nehmen zu müssen. Bei der brachialen Art, wie Microsoft mit (typo)grafischen Elementen umspringt, sind Darstellungsverluste schnell der Fall.
Mir als Anwender ist das nicht egal, denn wenn ich schon eingeladen bin, Meldung zu machen, möchte ich mich nicht mit einem Schrott-Dokument herumschlagen müssen… Im gegenteiligen Fall gibt es allerdings eine kostenlose Alternative. Sie wird auf einem Mac charmanterweise mit „In den Papierkorb legen“ bezeichnet… 😉
@Philippe Wampfler:
Welcher Browser kann Word-Dokumente darstellen?
Viele Textverarbeitungsprogramme können Word-Dokumente, zumindest .docs, tatsächlich öffnen – aber selbstverständlich nicht alle. Und öffnen/darstellen bedeutet noch nicht, dass man Word-Dokumente mit solchen Programmen sinnvoll bearbeiten kann. Die Kompatibilität ist häufig nur auf den ersten Blick gegeben.
Welcher Browser kann das nicht? Und welches Textverarbeitungsprogramm?
Wie Martin bereits erwähnt hat, kann das (unter Mac OS zum Beispiel) kein Browser darstellen. Das kann ein Browser sowieso nicht von sich aus, höchstens mit einem entsprechenden Plugin oder mit einem installierten Microsoft Office, das dies anbietet.
Ausser Word von Microsoft kann zudem kein einziges Textverarbeitungsprogramm .doch zu 100% korrekt anzeigen (und das neue Format .docx erst recht nicht, das kann sogar nur Word schreiben).
Der Vorteil von PDF ist, ist dass es auf allen Betriebsystemen funktioniert und man dort nicht unbedingt den Adobe Reader benötigt. Andere Dinge, wie z.B. die gleiche korrekte Darstellung überall wurden ja schon erwähnt.
@Philippe Wampfler:
Ich kenne keinen einzigen Browser, der Word-Dokumente darstellen kann. Man benötigt dafür – genauso wie für PDF-Dateien – zusätzliche Software, die ein Darstellen integriert im Browser ermöglicht.
Bei den Textverarbeitungen kann ich Deine Frage nicht beantworten – und nein, ich beginne nun nicht zu recherchieren. Für Text-Dokumente verwende ich nach Möglichkeit jeweils die native Anwendung, das heisst für Word-Dokumente beispielsweise Microsoft Word.