Preis und Fleiss

Schweizer Detailhandelsangestellten sollen fleissiger und effizienter sein als solche im Ausland. Darum stimme es nicht, dass die Personalkosten Grund für die höheren Preise in der Schweiz seien. Beginnt nun endlich eine Diskussion über die Gesamtrechnung in Sachen Arbeitsleistung?

Wenn in den zur Schweiz benachbarten Staaten wieder einmal die Arbeitnehmer auf die Strasse gehen, weil diese gegen eine Erhöhung des Rentenalters oder der wöchentlichen Arbeitszeit protestieren, dann nicken in der Schweiz zuerst einmal viele zustimmend.

Mehr und effizienter

Doch das Nicken wandelt sich schnell in ein Kopfschütteln, wenn zu hören ist, wie hoch das Rentenalter oder die wöchentliche Arbeitszeit bisher waren. So liegt beispielsweise das gesetzliche Rentenalter in Frankreich bei 60, in der Schweiz bei 65 Jahren – Tendenz steigend. Wenn also in Frankreich von einer Erhöhung des Rentenalters die Rede ist, weckt das bei den Schweizern – auf den zweiten Blick – wenig Verständnis für allfällige Protestaktionen.

Mit der wöchentlichen Arbeitszeit ist das nicht viel anders: Von einer 35-Stunden-Woche, wie sie etwa häufig in der deutschen Industrie anzutreffen ist, kann man in der Schweiz nur träumen. Unter 40 Stunden pro Woche geht in der Schweiz ohnehin nichts. Gängig sind eher 41 oder 42 Stunden. Wegen der so genannten Frankenstärke kommen da für einige exportorientierte Unternehmen neuerdings noch um die zwei Stunden hinzu…

Das heisst, wenn von höheren Löhnen in der Schweiz die Rede ist – und diese angeblich die Preise in die Höhe treiben – dann sollte eben auch die wöchentliche Arbeitszeit berücksichtigt werden. Die Löhne sind also nicht «einfach so» höher, sondern auch weil mehr gearbeitet wird oder – um es korrekt auszudrücken – weil die Präsenzzeit höher ist…

Der «Kassensturz» des Schweizer Fernsehens hat vorgestern den Finger noch auf einen anderen interessanten Punkt gelegt: Die Schweizer leisten auch mehr beziehungsweise sind effizienter als andere – zumindest in der Gesamtrechnung.

«Mehr leisten» heisst in diesem Fall nicht, dass der Einzelne schneller oder flinker etwas erledigt, sondern dass manche Arbeitsprozesse (vor allem durch technische Hilfsmittel) so organisiert sind, dass die Arbeitsleistung pro Mitarbeitenden höher ausfällt:

Kassensturz vom 30.08.2011

Warum die Augenwischerei

Ist das etwas Neues? Nein, und nochmals nein.

Zum ersten Nein: Die fragliche BAK-Studie, auf welche sich der «Kassensturz» abstützt, stammt vom Oktober 2010. Aufgegriffen hat dieses Thema aber bisher kein Massmedium und dies obschon die immer wieder höheren Preise in der Schweiz ein altbekanntes «Problem» sind.

Zum zweiten Nein: Die fragliche Studie wurde zwar im Auftrag von Migros, Coop, Denner, Manor, Valora und Charles Vögele erstellt. Doch alle sechs Auftraggeber sind spätestens seit einigen Jahren mit zunehmend ausländischer Konkurrenz konfrontiert.

Es ist darum wenig wahrscheinlich, dass im Zuge der Eintritte neuer Teilnehmer auf dem Schweizer Markt nicht auch die Frage der Kosten bei sich wie auch bei der Konkurrenz – einschliesslich der Personalkosten – abgeklärt worden wäre. Die BAK-Studie dürfte vielmehr das bestätigen, was deren Auftraggeber durch interne Berechnungen ohnehin schon wussten.

Dafür spricht auch, dass man die Öffentlichkeit immer noch in die Irre führen will, denn: Jene Herren, welche ganz zu Beginn des oben gezeigten Beitrags zu Wort kommen (ab Sekunde 53) und von hohen Personalkosten als Ursache für die höheren Preise sprechen, gehören zu jenen Unternehmen, welche die BAK-Studie in Auftrag gegeben haben.

Sie wüssten also, wie es sich mit den angeblich hohen Personalkosten verhält – und dass in der Schweiz die Preise sogar tiefer als in Deutschland sein müssten (das verdient ein Ausrufezeichen)! Man streut den Konsumtenten (weiterhin) Sand in die Augen.

Da bleibt die Frage: Warum?

Eine Antwort auf „Preis und Fleiss“

  1. da liegt wohl ein Missverständnis vor: gemeint sind nicht die Löhne der Mitarbeiter, sondern des oberen Kaders ……

    Ohne Witz, die Läden sehen in der Schweiz meist besser aus, die Landpreise sind höher usw .. (die Energie billiger…)

    Zudem sind die Abnahmemengen kleiner, also die Einkaufspreise höher.
    Das macht dann den unterschied, dass die Turnschuhe z.B. bei unds 3x mehr kosten …

    Und eben: Die mIgros verkauft in der Schweiz produzierte Artikel in Deutschland billiger…

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