Neue Statistik über Strafanzeigen gegen Politiker

Eine neue Statistik über die Anzahl eingereichter Strafanzeigen gegen Poltiker soll der Bevölkerung mehr Transparenz über die Unbescholtenheit der Schweizer Politiker liefern. Damit erfüllt sich ein altes, aber hochaktuelles Anliegen.

Am vergangenen Montag wurden die neusten Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik des Bundesamts für Statistik (BFS) fürs Jahr 2011 bekannt. Sie zeigen unter anderem, dass beispielsweise die Anzeigen wegen Diebstahls um 16 Prozent zugenommen haben, währenddem 7 Prozent weniger «Widerhandlungen gegen Leib und Leben» verzeichnet wurden.

Gradmesser der Unbescholtenheit

Am Rande der Präsentation dieser Zahlen informierte das BFS aber auch noch über eine neue Statistik, welche erstmals in einem Jahr für das aktuell laufende Jahr publik gemacht werden soll: Die Anzahl Verzeigungen gegen Politikerinnen und Politiker.

Auslöser dafür ist die Neuregelung der parlamentarischen Immunität der Mitglieder des National- und Ständerats, welche anfangs Dezember 2011 in Kraft trat. Man wolle beobachten, wie sich diese Neuregelung auswirke, liess das BFS verlauten.

Zugleich soll mehr Transparenz geschaffen werden und zwar einerseits über die Gründe und die Herkunft der Klagenden, andererseits aber auch über jene Politiker, welche immer wieder Anlass zu Anzeigen geben würden. Erst wenn darüber Klarheit herrsche, könne die Politik einen Schritt weiter gehen und die Immunität von Parlamentariern ganz aufheben, so wie das eine grosse Kommissionsminderheit bereits im Rahmen der jüngsten Gesetzesrevision forderte.

Dass es immer wieder Anzeigen und damit das nötige «Futter» für eine solche Statistik gäbe, zeigt der jüngste Fall von Christoph Blocher: Gegen ihn wurde bekanntlich Anzeige wegen Verletzung des Bankgeheimnisses erhoben. Solche prominenten Fälle würden aber darüber hinwegtäuschen, dass Verzeigungen viel häufiger stattfänden, denn viele blieben der Weltwoche der Öffentlichkeit unbekannt.

Bedenken darüber, dass diese Statistik trotz Unschuldsvermutung zu Vorverurteilungen der Parlamentarier führe, weil sie nur die Anzahl verzeigter Vergehen und nicht die Anzahl tatsächlicher Vergehen erfasst, hat man beim BFS nicht. Die eingangs erwähnte Kriminalstatistik würde ja schliesslich nach dem gleichen Prinzip erstellt. Demnach werden auch da nur die Anzahl Verzeigungen und nicht etwa die Anzahl tatsächlich begangener und nachgewiesener Straftaten erfasst.

Erhoben werden soll diese Statistik nach Parlamentarier, nach dessen Parteizugehörigkeit, nach Geschlecht, nach Herkunft (Region/Kanton) sowie nach Anzahl ausserparlamentarischer Mandate (aufgesplittet nach Funktion wie etwa Verwaltungsrat). Zudem soll sichtbar sein, wegen welchem Straftatbestand Anzeige erhoben wurde (gemäss Strafgesetzbuch, Betäubungsmittelgesetz, Strassenverkehrsgesetz usw.).

Ebenfalls erfasst werden soll, ob pro verzeigtes Vergehen ein Gesuch um Aufhebung der parlamentarischen Immunität gestellt worden sei und ob dieses gutgeheissen oder abgelehnt wurde. Ob eine Anzeige schliesslich in einer Verurteilung ende, werde hingegen nicht mehr erfasst. Hier stelle sich aber die Frage, ob dafür nicht in einer weiteren Phase eine separate Statistik erstellt werden soll.

Ausbau bereits geplant

Die Umsetzung dieser Statistik erfolge ohnehin in mehrere, teilweise schon festgelegten Phasen. So sollen zuerst die Fälle der nationalen Parlamentarierinnen und Parlamentarier erfasst werden, gegen welche Anzeige wegen eines Verstosses gegen ein Bundesgesetz erstattet wurde.

In einem zweiten, erst für 2014 geplanten Schritt würden auch die Anzeigen gegen kantonale Volksvertreter erfasst. Dies sei zudem der Moment, ab welchem angezeigte Vergehen auch gegen kantonale Gesetze erhoben würden und dies sowohl bei den kantonalen als auch bei den eidgenössischen Politikerinnen und Politiker.

Im Moment noch offen sei hingegen, ob es je eine Statistik für die kommunalen Fälle geben werde. Hier stünde das BFS vor der Herausforderung, dass es auf kommunaler Ebene nur in grösseren Orten ein Parlament gäbe und diese häufig gar keine politische Immunität besitzen würden, wodurch die Aussagekraft und die Vergleichbarkeit zwischen den politischen Stufen nicht gegeben sei.

Zudem habe eine Voranalyse ergeben, dass Klagen über kommunale Parlamentarier «unbürokratisch» gelöst würden, sodass es erst gar nicht zu einer Anzeige käme. Es zeichne sich deshalb jetzt schon eine relativ hohe Dunkelziffer ab.

Schliesslich stelle sich die Frage, inwiefern ein öffentliches Interesse an einer derartigen Kommunal-Statistik bestünde. Man wolle deshalb erst einmal Erfahrungen mit der nationalen Statistik sammeln, welche erstmals am 1. April 2013 zur Verfügung stünde.

Mehr zum Thema der angesprochenen Kriminalstatistik folgt im nächsten Beitrag nach dem 1. April – dann wieder im ernsthaften Sinne.