Heisse Luft ins Trockene bringen

Worum geht es eigentlich bei den aktuellen Währungsturbulenzen? Und worum sollte es bei den Diskussionen über mögliche Lösungen gehen?

«Als ich noch zur Schule ging, rechneten wir mit fünf Franken für einen US Dollar.» Diese Aussage einer inzwischen pensionierten Person dürfte in etwa für den Zeitraum um 1955 gegolten haben.

Genauer überprüfen lässt sich das offensichtlich nur schwer, denn sämtliche online gefundenen Währungsrechner erlauben höchstens einen Rückblick von zehn Jahren. Damals, im 2001, kostete ein Dollar bereits nur noch um die 1,70 Franken.

Rat- und Hilflosigkeit

Inzwischen kostet ein Dollar sogar nochmals um mehr als die Hälfte weniger. Läppische 72 Rappen waren es gestern. Wer irgendwo eine Preisangabe in US Dollar erblickt, der sollte sich nun definitiv von der alten Umrechnungsgewohnheit lossagen, einfach zehn oder zwanzig Prozent zum gesichteten Betrag hinzuzufügen um so den ungefähren Preis in Schweizer Franken zu erhalten. Das Gegenteil ist stattdessen gefragt.

Einfacher ist es mit dem Euro. Hier könnte man inzwischen hinter jeden Euro-Betrag auch das Kürzel für den Schweizer Franken setzen, da im Moment so gut wie ein Eins-zu-eins-Verhältnis gilt. Dadurch wird erst recht deutlich, wo wir im Hochpreisland Schweiz zu viel bezahlen, denn theoretisch sollten nun die Preise in Schweizer Franken in etwa den gleichen Betrag aufweisen.

Grund zum Jubeln über diesen Nebeneffekt der Vergleichsmöglichkeit gibt es trotzdem nicht, denn je günstiger der Euro für die Schweizer ist, umso teurer ist der Franken für die Europäer. Das gilt in gleicher Weise natürlich auch in Bezug auf den US Dollar.

Darum schiessen zurzeit die Vorschläge und Forderung über mögliche Massnahmen zur Senkungen des hohen Schweizer Frankens nur so in den Himmel. Das kann man als Ausdruck eines hohen Grads an Kreativität sehen – oder auch nur einfach als einen hohen Grad an Rat- und Hilflosigkeit…

Zu Letzterem gehören wohl auch gewisse Forderungen, wonach auf gesetzgeberischer Ebene etwas verändert werden soll. Was vernünftig klingt, dürfte bei optimistischer Betrachtung aber mindestens zwei Jahre benötigen, bis es umgesetzt wäre. Zudem dürfte Ähnliches geschehen wie bei der UBS: Kaum ist ein Problem nicht mehr akut, fehlt es schnell am nötigen politischen Willen für griffige Massnahmen…

Weiter ist oftmals auch unklar, an wen sich die unzähligen Vorschläge und Forderungen eigentlich richten. Wahlweise entscheiden sich einige für den Wirtschaftsminister Schneider-Ammann, andere für die Schweizerische Nationalbank (SNB). Je nach Forderung sind teilweise beide nicht zuständig, weil ihnen eine gesetzliche Grundlage fehlt.

Von jenen, die bisher Vorschläge oder Forderungen äusserten, wendete sich aber noch niemand an die Anleger. Hingegen besteht von diesen Wortführern die Forderung, man müsse an die Anleger ein klares Signal senden.

Kennen Sie sie, diese Anleger, diese Masse an Verunsicherten, welche das Vertrauen in Euro und Dollar verloren zu haben scheint?

Virtuelle Werte

Es ist schon erstaunlich, ja geradezu erschreckend, welche Macht so ein Haufen Anleger hat. Ein «Haufen» deshalb, weil es wohl kaum ein Prozent der Bevölkerung ist, das hier «mitspielt». Dennosch sind diese Anleger gemeinsam so mächtig, dass Stabilisierungsmassnahmen durch unzählige Zentralbanken einfach im Nichts verpuffen.

Zugleich haben diese Anleger bisher bewiesen, keine Nerven zu haben. Und sie trauen den Entscheidungen und den Worten von Regierungsverantwortlichen nicht. Aber jenen von Rating-Agenturen – und offensichtlich nur diesen. Denn: Die Schuldenprobleme in den USA und in einigen europäischen Ländern sind nicht neu.

Es hätte darum schon längst Grund gegeben, von Dollar und Euro wegzukommen. Doch selbständiges und längerfristiges Denken scheint den Anlegern, zu denen wohl auch zahlreiche Pensionskassen gehören, nicht zu liegen.

Sie bestätigen damit, dass der Mensch ein Herdentier ist und als solches erst in eine Richtung rennt, wenn ein anderes vorausgerannt ist. Für diesen heute so (zu) wichtigen Markt ist dieses Verhalten fatal.

Gelegentlich rennt nämlich eine Herde auch umsonst in eine bestimmte Richtung. Jemand oder etwas hat sie aufgeschreckt und schon rennen alle los. Dazu könnte auch die Flucht vor dem Euro zählen.

Wie dem auch sei: Wovor fliehen eigentlich die Anleger?

Genau, vor dem Wertverlust. Sie fliehen davor, dass etwas, mit dem man zuvor beispielsweise zehn Villen am Genfersee kaufen konnte, neuerdings nur noch deren fünf kaufen kann.

Dieses Beispiel mit Immobilien wurde bewusst gewählt, denn es erlaubt, den virtuellen Wert einer Sache physisch darzustellen, denn genau darum geht es: Virtuelle Werte.

Man jongliert mit einer Sache, welche morgen weniger und übermorgen schon wieder mehr Wert haben kann, je nachdem wie stark der Glaube und das Vertrauen in eine Sache sind. Faites vos jeux, s‘il vous plaît!

Diese Jongliererei verunsicherter Anleger mit virtuellen Werten führt dazu, dass einfache Büezer wegen dem starken Franken länger arbeiten müssen. Diese «Spielerei» führt unter anderem auch dazu, dass durch den (zu) teuren Schweizer Franken Geld andernorts fehlt.

Statt über kurzfristige Massnahmen nachzudenken, wie man den Schweizer Franken schwächer machen könnte, wäre es wohl sinnvoller, sich einmal grundsätzlich Gedanken darüber zu machen, ob, wie und womit (ehrlich) erwirtschaftetes Geld durch physische Werte (wieder) gedeckt sein sollten.

Oder wie lange wollen wir unseren Alltag von diesem Spiel einiger Wenigen mit virtuellen Werten noch beeinflussen lassen?

11 Antworten auf „Heisse Luft ins Trockene bringen“

  1. Stellen wir doch endlich Forderungen an die Politik. Die sollten endlich etwas tun: Gegen die Ratingagenturen, die Zuhälter der Spekulanten, gegen getriebene Volkswirtschaften, für die Zukunft der Schweiz und unserere demokratischen Werte. Denn hier herrschen die Ackermännern, die sie zuschandenreiten…

    Die „Macht der Märkte“, wie der globale Gierkrieg umschrieben wird, dient nur noch sich selbst. Und die Medien sind zu deren Instrument verkommen. Hier wird manipuliert was das Zeugs hält. Die Macht der Märkte dient weder dem kapitalistischen System, noch der sozialen Marktwirtschaft. Werte wie Wohlstand und Innovation, Freiheit und Demokratie gehen alle den Bach ab, dank dem ungehinderten Spekulatentum.

    Der regierenden Politik in der Schweiz, in den USA und in Europa fehlen Mut und Ideen gegen die regierende Finanzwirtschaft. Fähig zur Tat – nämlich zur Entmachtung der ausser Kontrolle geratenen Finanzbranche.

    Empfehlung hier weiterlesen: bei Cicero
    Quelle: Cicero

  2. Danke, daniel!

    Warum können Spekulanten, die nie einen € besassen, gegen € spekulieren, mit Oel, obwohl sie keins brauchen, mit Schweinebäuchen, obwohl sie kein Schwein essen …

    Warum sind Leerverkäufe, Optione und andere Finanzkriegsmaterialien seit der letzten Finanzkrise immer noch erlaubt?

    Weil die Rechte immer noch schön Geld damit verdient, auf Kosten des arbeitenden Mannes, der am Existenzminimum kratzt.

    Es wird Zeit, die Abzocker öffentlich zu hängen.

  3. @Daniel:
    Die Regierungen und Politiker haben meist auch gar keine Ahnung, wie unser Finanz- und Wirtschaftssystem als zins- und schuldenbasiertes Schneeballsystem zur Vermögensumverteilung funktioniert. Die, die versuch(t)en, die Finanzbranche zu entmachten, werden diffamiert, korrumpiert, mundtot gemacht oder auch schon mal umgebracht. Letzteres war sehr wahrscheinlich auch der Grund für die Ermordung John F. Kennedys, der kurz vor seinem Tod sich daran gemacht hatte, die FED zu entmachten. Gleiches fordert schon länger der US-Präsidentschaftskandidat Ron Paul und die Finanzaristokraten werden es wohl kaum zulassen, dass er Präsident wird.

    Die wachsende Divergenz zwischen Real- und Finanzwirtschaft führt zwangsläufig zum Kollaps, dessen Entwicklung wir gerade live miterleben dürfen: Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Schuldenkrise.

    @Raffnix:
    Emotional verstehe ich Deine Forderungen, aber rational gesehen würde genügen, „einfach“ das System grundlegend zu ändern. Doch welcher der heugiten Profiteure will das schon?

  4. Genau das ist es ja.
    Die Profiteure profitieren eben auch, wenn sie scheisse bauen.
    Und genau hier gilt, ein paar Zeichen zu setzen. Wenn die Wirtschaft beweist, dass sie es schlechter kann als der Staat (und das hat sie dann bald mal genug, dann sollte ihr mal die Kohle, die sie anderen abknöpft, aus der Tasche gezogen werden.

  5. Blöd nur, dass der Staat bzw. viele seiner Vertreter mit den für den Schlamassel Verantwortlichen der (Finanz-) Wirtschaft unter einer Decke stecken. Da „der Staat“ das Spiel mitspielt, ist er auch nicht besser als die Finanzmafiosi. Doch Halt! Wer ist denn dieser Staat? Sind nicht „wir“ das? In einer echten Demokratie wäre dies so. Doch in unserer manipulierten Demokratie ist Demokratie lediglich die Diktatur der unwissenden, manipulierten Mehrheit.

    Wichtig ist auch, den Unterschied zwischen Real- und Finanzwirtschaft zu verstehen. Wenn die Finanzwirtschaft das Komplement zur Realwirtschaft ist, dann ist sie logischerweise die Irrealwirtschaft. Man könnte sie durchaus auch Surrealwirtschaft nennen. Doch obwohl sie vor allem der Mehrung virtueller also fiktiver/irrealer Werte dient, hat sie einen enormen, pathologischen Einfluss auf die Realwirtschaft.

  6. @ LD
    Nimm uns bitte nicht den Glauben, dass „wir“ es nicht im Griff hätten. Sonst lancieren wir gleich eine Volksinitiative… 😆

    Und nimm uns auch nicht die Illusion, dass es „die“ Wirtschaft gibt… 😉

  7. Au, ja. Volksinitiative – das tönt nach aktiver Zukunftsgestaltung. Da mache ich natürlich mit!

    Na, klar gibt es die Wirtschaft! Sie funktioniert prima und befindet sich nur ein paar Strassen weiter gleich um die Ecke. Da kann man sich nach Lust und Laune Illusionen bestellen und die Welt schön saufen wie in der Finanzwirtschaft.

  8. @LD
    >Blöd nur, dass der Staat bzw. viele seiner Vertreter mit den für den Schlamassel Verantwortlichen der (Finanz-) Wirtschaft unter einer Decke stecken.

    Falsch: viele Vertreter des Staates sind (direkt oder indirekt) die Verantwortlichen der (Finanz-) Wirtschaft. Und nicht wir wählen diese Vetreter, sondern ihr, diejenigen, die meinen, der Staat mache alles schlechter, und überlassen es dann der Wirtschaft.
    Und nur weil diese Vetreter in der eigenen Scheisse sitzen, wenn die Wirtschaft scheisse baut, sorgen sie dann und wann wieder mal dafür, dass etwas besser reguliert wird, oder auch, dass dijenigen unterstützt werden, die scheisse gebaut haben (Banken, Firmen wie swissair usw.)

  9. @Raffnix: Ja, das ist dann eben die unheiligste aller Varianten von „unter einer Decke stecken“, die gar nicht mal so selten ist. Schliesslich haben gerade Wirtschafts- und Finanz-Lobbys ein grosses Interesse, die Politik nach ihrem Gusto zu beeinflussen. Wieso stellst Du Dich eigentlich nicht zur Wahl? Dann hätten wir immerhin schon ein Gegengewicht mehr. Das brächte wesentlich mehr als hier alles nur mit Scheisse zu betiteln. Oder ist Dein Weltbild wirklich so negativ?

  10. @LD
    >Wieso stellst Du Dich eigentlich nicht zur Wahl?

    Weil jene, die kritisieren, noch lange keine guten Politiker, und schon gar nicht in der Exekutive, sind. (Beispiel: Blocher, Maurer ….)

    >als hier alles nur mit Scheisse zu betiteln

    alles war das gar nicht, aber den Teil, den die Wirtschaft uns eingebrockt hat, und wir auszulöffeln haben.

    >Oder ist Dein Weltbild wirklich so negativ?

    von meinen Beiträgen hier auf mein Weltbild zu schliessen, ist etwas zu gewagt.

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