Spenden, aber richtig!

Humanitäre Hilfe ist ein Milliardengeschäft. Das wissen auch jene, denen die Milliarden näher liegen als humanitäre Hilfe. Wer Geld spenden will, braucht darum immer häufiger genau hinzuschauen – vor allem im Ausland.

Heute ist der nationale Sammeltag der «Glückskette» für die Opfer der Überschwemmungen in Pakistan. Das ist gut so, denn dieses Ereignis übertrifft wohl alle bisherigen Katastrophen.

Verständlicherweise ist es schwierig, das ganze Ausmass in Zahlen zu fassen. Es sind daher nur Schätzungen möglich, welche von 20 Millionen Betroffenen und einer überschwemmten Fläche sprechen, die so gross ist wie die Schweiz, Österreich und Belgien zusammen.

Verworrene Lage

Das sind Dimensionen, die nur schwer vorstellbar sind und dies in einem Land, welches seit Jahrzehnten um wirtschaftliche und vor allem politische Stabilität ringt.

Da überrascht es nicht, dass in Zeiten der Not – wie eben in diesen Tagen – allerlei Organisationen sich angeblich um das Leid der Menschen vor Ort kümmern.

Die meisten von ihnen meinen es durchaus auch ernst und handeln selbstlos. Doch es gibt im Dschungel der unzähligen Hilfsorganisationen auch immer wieder solche, welche aus dem Leid anderer in irgendeiner Form Profit schlagen wollen.

Da sind einerseits jene, welche einen ideologischen, religiösen Hintergrund mit sich bringen und vor allem deshalb helfen, um sich und ihre Mission in ein gutes Licht zu stellen. So funktioniert das Missionieren heutzutage…

Und da sind andererseits jene, welche vorgeben eine Hilfsorganisation zu sein, es aber nicht wirklich sind. Zu diesen könnte auch «Human Relief France» gehören.

Von dieser «Organisation» traf gestern ein Spendenaufruf via E-Mail in der Augenreiberei mit Betreff «Urgence Pakistan» ein. Die E-Mail wie auch die Website an sich kommen allerdings dermassen amateurhaft daher, dass Zweifel ob der Seriosität dieser Organisation angebracht sind:

Eine visuell «schaurige»E-Mail, welche da in der Augenreiberei eintraf…

…und auf eine ebensolche Website führt (Ausschnitt). Diese hat wohl noch jemand html-mässig «handgestrickt» erstellt.

Zweifelhafte «Hilfsorganisation»

Tatsächlich gibt es eine «Human Relief Foundation» mit Sitz in London. Diese kennt auch Niederlassungen in anderen Ländern – nur nicht in Frankreich.

Dass es sich aber um den angeblich französischen Ableger der in Grossbritannien domizilierten «Human Relief»-Stiftung handeln soll, wird anhand des gleichen Logos deutlich – oder soll zumindest anhand des gleichen Logos suggeriert werden.

So sieht das (professionelle) britische Original der Website der «Human Relief Foundation» aus (Ausschnitt). Man beachte das Logo, welches bei der französischen Version oben ziemlich «gebastelt» daher kommt.

Wer einen Domain-Namen registriert, kann dabei unterschiedliche Organisationen für den Halter/Besitzer, den Rechnungsempfänger oder den technischen Kontakt angegeben.

Der Besitzer des Domain-Namens «secourshumanitaire.org», unter welchem der angeblich französische Ableger agiert, ist jedoch nicht etwa eine Organisation namens «Human Relief», sondern eine Firma namens «Avenir Techno Informatique» im französischen Vaulx-en-Velin im Departement Rhône.

Und wer auf dieser angeblich französischen Website-Version ganz unten auf «contactez-nous» klickt, gelangt auf ein Kontaktformular unter dem Domain-Namen avenirtechno.net, also auf der Firmen-Website der oben genannten Firma.

Diese soll nach eigenen Angaben 12 Mitarbeiter beschäftigen und bietet auf der ebenso amateurhaft erstellten Firmen-Website die Entwicklung von Software, den Verkauf von Computern, Computerkursen usw. an.

Weit und breit sucht man allerdings vergeblich nach irgendeinem Namen, der nach einer «echten» Niederlassung der britischen «Human Relief»-Stiftung klingt… Darum: Hände weg vom Spendenaufruf auf dieser ominösen Website.

Klarere Situation in der Schweiz

In der Schweiz sind Organisationen mit fragwürdigem Auftritt und zweifelhaften Absichten auch nicht ausgeschlossen. Trotzdem gibt es mit der ZEWO-Stiftung eine Organsation, welche gemeinnützige Organisationen mit dem gleichnamigen Gütesiegel zertifizieren und ihnen quasi auf die Finger schauen.

Und es gibt die Stiftung Glückskette der SRG SSR idée suisse. Diese sammelt lediglich Geld, vergibt Spenden aber nicht direkt, sondern nur über bereits bestehende Organisationen, welche sich vor Ort bereits auskennen und wissen, worauf zu achten ist.

Doch auch die Vergabe von Spendengeldern seitens Glückskette an die insgesamt 31 Organisationen geschieht nicht zufällig. So wurden von den inzwischen 65 Millionen Franken, welche für die Opfer des Erdbebens in Haiti zusammengekommen sind, «erst» zehn Millionen für 14 Projekte ausgegeben.

Begründet wird die langsam anmutende Vergabe von Spendengeldern mit der hohen Komplexität der Projekte und den sorgfältigen und zeitraubenden Vorabklärungen. Dies unterstreicht aber auch die Seriosität der Arbeit, denn es werden Gelder nicht nach Belieben oder nach dem Giesskannenprinzip gesprochen. Und es unterstreicht auch die Absicht, die Spendengelder hauptsächlich für die nachhaltigere Instandstellung und den Wiederaufbau auszugeben und weniger für die Sofort- und Nothilfe.

Wer über die Glückskette spendet, erhält somit eine doppelte Sicherheit, dass seine Spende ankommt: Erstens durch die sorgfältige Auswahl der jeweiligen Organisationen seitens Glückskette und zweitens durch die ZEWO-Zertifizierung dieser Organisationen. Letztere agieren selbständig. Das heisst, dass die eingesetzten Gelder nicht einfach in einer staatlichen Organisation versickern, was in Pakistan durchaus möglich wäre…

Die Glückskette-Stiftung selbst finanziert sich übrigens über die Zinsen, sodass ein gespendeter Betrag schliesslich vollständig eingesetzt werden kann.

Ein genaues Hinschauen, bei wem man spendet, ist deshalb angebracht, insbesondere bei ausländischen Organisationen. Im Falle der Glückskette bestehen jedoch einige Sicherheitsmechanismen, welche einen Missbrauch verhindern.

Darum geht’s hier auch gleich zur Online-Spendemöglichkeit der Glückskette.

4 Antworten auf „Spenden, aber richtig!“

  1. Es ist schwierig, auf eigene Faust die Spreu vom Weizen zu trennen.

    Zum Beispiel WorldVision. Die finde ich eine etwas lusche Hilfsorganisation, bei der statt dem Wohl der Patenkinder, wohl eher der Geschäftssinn im Vordergrund steht, und viele Spendengelder wohl eher in teure Werbekampagnen fliessen.

    Deshalb habe ich heute der Glückskette einen „Giacometti“ überwiesen. Ich hoffe, Roland Jeanneret wird ihn an die richtigen Leute weiterleiten. (Berücksichtigte Hilfsorganisationen dürfen hier nur max. 10% der Spenden für Aufwendungen geltend machen.)

  2. Zu Deinem Link:

    «Alle Organisationen lehnen es nach wie vor ab, den Verzicht auf diese Gewalt in ihren Förderkriterien zu verankern und zur Bedingung für Hilfsmaßnahmen zu machen und vor allem auch den Schutz vor Verstümmelung von den Empfängergemeinden einzufordern.»

    Sollen denn genitalverstümmelte Mädchen gar nicht unterstützt werden?

    Allerdings: Ich stimme Dir zu, es ist nicht einfach zu unterscheiden. WorldVision finde ich beispielsweise nicht unter den ZEWO-zertifizierten Organisationen – oder aber ich habe mich verguckt (?).

  3. Autsch, das wäre natürlich fatal. Natürlich sollen auch diese leidgeprüften Kinder unterstützung erhalten.
    Aber eben, wenn ich nun den Werbeaussagen

    „… sorgt dafür, dass Mädchen wie Zaria aus Togo gesund
    aufwachsen können“

    oder

    „Ihre regelmäßige Unterstützung sichert den Kindern …
    Schutz vor Gewalt, Ausbeutung und Diskriminierung“

    folgen und eine Patenschaft übernehmen würde, dann steht die Duldung der Genitalverstümmelung wohl ziemich diametral zu den oben genannten Aussagen.
    Da unterstütze ich schon lieber die entsprechenden Bestrebungen von UNICEF.

    Hach, ich weiss, auch das ist eine zieeeemlich grosse Organistaion und UNICEF Schweiz besitzt zwar kein ZEWO Label,
    „veröffentlicht aber den Jahresbericht seit 2007 nach Rechnungslegungsstandard Swiss GAAP FER. Das ist der Standard, den die ZEWO von ihren Mitgliedern verlangt.“ (Quelle: http://www.unicef.ch/de/information/haeufigefragen/)

    Der Rest ist halt Bauchgefühl und eine gewisse Hoffnung auf das Gute im Menschen.

  4. Ja, die Werbebotschaften sind mehr als gewagt, werden dabei doch Dinge versprochen, welche kaum kontrolliert werden können. Wenn schon in unseren Breitengraden häusliche Gewalt nicht unterbunden werden kann, wie will man da in ärmeren Regionen mit kaum existierenden staatlichen Strukturen «Schutz vor Gewalt» garantieren?

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