Erfolgreiche Volkserziehung

Kann man eine grosse Menschenmasse zu einem bestimmten Verhalten hin «erziehen»? Man kann. Nur sollte man den Schwung des Erfolgs nicht durch eine gewisse Inkonsequenz der Erzieher abbremsen.

Wer sich im öffentlichen Raum aufhält, hat sich an gewisse Regeln zu halten um ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen. Nimmt sich jedoch jemand Sonderrechte heraus, sind Konflikte meistens vorprogrammiert.

Bitte statt Strafe

Doch nicht immer muss es sich gleich um Verbote oder absolut einzuhaltende Verhaltensanweisungen handeln um eine gewisse öffentliche Ordnung erreichen zu können. In vielen Fällen setzt man auf die Vernunft des Einzelnen und äussert direkt oder indirekt lediglich eine Bitte an ihn, etwas auf die eine oder andere Weise zu machen. Man versucht damit gewissermassen, die Verursacher zu erziehen.

In diese Kategorie gehört auch der Umgang mit Abfällen jeglicher Art, welche während des Aufenthalts im öffentlichen Raum anfallen. So steht beispielsweise das Ausspucken eines gebrauchten Kaugummis auf den Boden nicht explizit unter Strafe. Vielmehr ist dessen kauender Besitzer gebeten, doch einen der öffentlichen Abfalleimer für eine «fachgerechte» Entsorgung zu benutzen.

Im ständigen Kampf gegen zu Boden geworfene Abfälle ist es in den letzten Jahren auch üblich geworden, Aschenbecher an zentralen, öffentlichen Punkten aufzustellen. Insbesondere die SBB haben mit der Einführung des Rauchverbots in sämtlichen Zügen auf unzähligen Perrons Aschenbecher aufgestellt.

Dadurch brauchen Reisende, welche noch eiligst eine Zigarette vor dem Einsteigen rauchen, diese nicht auf dem Perronboden auszudrücken oder auf die Schienen zu werfen. Inzwischen machen es viele Gemeinden und lokale Transportunternehmen den SBB nach und stellen entsprechende Behältnisse auch bei Bus- und Tramstationen auf.

Zu gut «erzogen»?

Ob diese «erzieherische» Massnahme etwas bringt, ist dann erkennbar, wenn Raucher auch dort ihre Zigarettenstummel «fachgerecht» entsorgen wollen, wo kein Aschenbecher ist. Zeugen dafür sind die nachfolgenden Bilder:

Ein einsam und verloren wirkender Zigarettenstummel… Beim Einwurf deutlich erkennbar sind auch Spuren des Ausdrückens einer anderen Zigarette. Die «Überreste» landeten höchstwahrscheinlich im Eimer – hoffentlich gut ausgedrückt…

Dieser Typus von Abfalleimer gibt es ebenso mit einem oben eingebauten Aschenbecher – sogar in zwei Ausführungen. Deswegen dürfte dort, wo kein Aschenbecher ist (siehe oben) auch ein Zigarettenstummel herumliegen.

Wo einmal ein Anfang gemacht ist, ziehen andere nach… («es liegt ja schon ein Stummel da,
da kommt es auf einem mehr oder weniger auch nicht draufan»)

Na wenn das keine erfolgreiche «Volkserziehung» ist!

Jetzt fragt sich nur noch: Wer bringt denen bei, die solche Abfalleimer bestellen, doch gleich das Modell «mit Aschenbecher» zu bestellen? Es wäre doch schade, wenn dieser antrainierte Reflex des Aschenbecheraufsuchens wieder verloren ginge…

😉

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Update (29.04.2011)
Ein aufmerksamer Leser (vielen Dank) hat den «rauchenden Fall» der eiligen Reisenden zufällig beobachtet und fotografisch festgehalten:

5 Antworten auf „Erfolgreiche Volkserziehung“

  1. Erfolgreiche Volkserziehung?

    Ich muss jedes Mal, wenn ich den ÖV benutze, neben Rauchern auf Zug, Tram oder Bus warten. Und wenn Zug, Tram oder Bus eintreffen, werfen fast alle Raucher ihre Zigaretten auf die Geleise oder drücken sie direkt auf dem Perron aus … die übliche Rücksichtslosigkeit, mangels Konsequenzen – ist zufällig ein Abfalleimer mit Aschenbecher vorhanden, wird dieser genutzt. Ansonsten aber ist fast jede Möglichkeit willkommen um Zigaretten zu entsorgen.

  2. @ Martin
    Ich würde das schon als Erfolg betrachten. Es wäre hingegen ein Misserfolg, wenn Raucher ihre Ziggis auf den Boden werfen, obschon ein Aschenbecher vorhanden ist. Und: Wohin denn sonst mit der Kippe, wenn kein Aschenbecher vorhanden ist wenn nicht auf die Gleise?

    Übrigens gilt das Gleiche mit Kaugummis oder anderen, vor allem kleineren Abfällen.

  3. @Titus:

    Und: Wohin denn sonst mit der Kippe, wenn kein Aschenbecher vorhanden ist wenn nicht auf die Gleise?

    Ich hoffe, diese Frage ist nicht ernst gemeint. Ich werfe meinen Müll auch nicht einfach weg, bloss weil mir niemand im Umkreis von ein paar Metern eine Entsorgungsmöglichkeit anbietet …

    Übrigens gilt das Gleiche mit Kaugummis oder anderen, vor allem kleineren Abfällen.

    Richtig.

  4. @ Martin
    Eigentlich sollte das ein Steilpass sein für die kleinen, metallenen und schliessbaren Aschenbecher (Alu-Büchsli), welche in Lausanne kürzlich gratis verteilt wurden. Kennt man die anderswo nicht?

  5. Ich kenne sie nicht – aber ich habe auch keine Zigaretten zu entsorgen … 😉

    Kaugummis kann man übrigens problemlos schlucken. Das haben sie Zigaretten voraus, unter anderem! 🙂

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